Kein Wort zu Nürnberg: Kutschke verabschiedet sich

10.6.2017, 09:48 Uhr
Stefan Kutschke hat sich in Dresden pudelwohl gefühlt - nun verlässt er seinen Herzensverein mit unbekanntem Ziel.

© dpa Stefan Kutschke hat sich in Dresden pudelwohl gefühlt - nun verlässt er seinen Herzensverein mit unbekanntem Ziel.

Dresden liebt Kutschke - und Kutschke liebt Dresden. Nach dem Rosenkrieg mit Nürnberg schien eine Fortsetzung der Traumbeziehung durchaus wahrscheinlich. In der Sport-Bild  hatte der Sturmtank seine Zeit beim Club als die schlimmste seiner Karriere bezeichnet und gegen seinen Arbeitgeber - am Valznerweiher hat er noch bis ins nächste Jahr bindende Papiere - auch ansonsten ordentlich ausgekeilt.

Das Interesse der SGD an einer Weiterbeschäftigung ihres Leihstürmers war da schon längst notiert. Andreas Bornemann, Nürnbergs Sportvorstand, ließ dies in Ermangelung eines attraktiven Angebots jedoch ebenso kalt wie Kutschkes Versuche, sich freizupressen.

Tore, Tore, Tore

Verständlich war das Dresdner Interesse an Kutschke allemal: In der abgelaufenen Spielzeit war der wuchtige Angreifer der beste Schütze der Schwarz-Gelben. Stolze 18 Mal ließ es der großgewachsene Sachse in der vergangenen Saison für Dynamo scheppern, sieben weitere Tore bereitete der Stürmer vor. Im DFB-Pokal kegelte Kutschke als Doppelpacker klassenhöhere Leipziger aus dem Wettbewerb und brachte sich damit auch bei seinem Ex-Verein in Erinnerung.

Gegen den damaligen Tabellenführer aus Braunschweig wandelte die Club-Leihgabe ein 0:2 noch in einen 3:2-Heimsieg um - mit drei Toren binnen zwölf Minuten! In der Rückrunde in Stuttgart glückte Kutscher, wie ihn Freunde und Spielkameraden nennen, ebenfalls ein Hattrick. Diesmal brauchte Dresdens Gute-Laune-Knipser dafür etwas länger - 22 Minuten, um genau zu sein.

Zu seiner Zeit in Nürnberg waren diese Arbeitsproben ein enormer Kontrast. "Der Wille und die Leidenschaft ersetzten manchmal das Talent", hatte Kutschke den Nürnberger Nachrichten im Sommer 2015 in den Block diktiert. Die Zeit am Neuen Zabo sollte für den 1,94-Meter-Schrank - so der Plan - zum erfolgreichen Neubeginn werden.

Dass der Sturmbulle nicht talentfrei ist, zeigte dieser in der Vorbereitung, als er gegen Regensburg aus elf Metern netzte. Beim Hornberger Pokalschießen in Aalen war der gebürtige Dresdner anschließend einer von zwei Nürnbergern, die den Club aus gleicher Entfernung in die nächste Runde hievten. Im Anschluss ging's für die Angriffskante jedoch stetig bergab. Vier Mini-Einsätze, der längste über acht Minuten, waren für Kutschke festzuhalten, als ihn René Weiler kurz vor dem Frankenderby aus dem Trainingsbetrieb verbannte.

Ein Anwaltsschreiben und eine außergerichtliche Einigung später durfte der erklärte Dynamo-Ultra wieder mit den Club-Profis trainieren, einige Zeit später auch in Duisburg spielen. Als sich die Dresdner im Winter 2015 jedoch für Kutschke interessierten, kam man mit Blick auf ein Leihgeschäft schnell überein, Andreas Bornemann nannte dies damals eine für beide Seiten "sinnvolle Lösung". In der kommenden Saison wird Kutschke allerdings nicht mehr für die Sachsen stürmen!

"Stefan hat Dynamo Dresden in den letzten anderthalb Jahren mit jeder Faser gelebt und sowohl sportlich als auch menschlich unheimlich viel eingezahlt", ließ sich Ralf Minge unlängst in einer Vereinsmitteilung zitieren. Im Fortlauf musste der Geschäftsführer der SGD jedoch erklären, dass man Kutschke nicht an Dynamo hatte binden können. "Wir haben Stefan eine längerfristige Perspektive auch über seine aktive Laufbahn hinaus aufgezeigt. Aber es war auch klar, dass eine Verpflichtung nach seinen überragenden Leistungen im vergangenen Jahr kein einfaches Unterfangen wird. Stefan hat sich uns gegenüber zu jeder Zeit offen und ehrlich verhalten und glaubhaft signalisiert, dass er sich eine Zukunft in Dresden vorstellen könnte", erläuterte Minge - mit dem entscheidenden Zusatz: "Wir müssen respektieren, dass es für ihn vielleicht um seinen letzten großen Vertrag als Profi geht."

"Viele einzigartige Momente"

Kutschke selbst verabschiedete sich aus seiner Heimatstadt mit viel Pathos. "Ich habe in Dresden eine Zeit erleben dürfen, die sich mit Worten schwer beschreiben lässt. Für mich ist ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen, für Dynamo zu spielen. Zu Beginn und dann auch mit der Rückkehr in die 2. Liga war der Druck für mich persönlich sehr hoch, ich habe mich enorm in der Pflicht gesehen. Umso glücklicher bin ich, dass ich mit dieser geilen Mannschaft so viele einzigartige Momente erleben durfte“, bedankte sich der Glücksbringer des achtmaligen DDR-Meisters auf der vereinseigenen Website.

"Ich bin Dresdner und werde Dynamo auch als Fan immer verbunden bleiben", stand da. Die Realität stand gleichberechtigt daneben. "Meine Familie und viele Freunde sind in Dresden zuhause, hier liegen meine Wurzeln. Aber schlussendlich galt es, alle Interessen unter einen Hut zu bekommen, was trotz offener und fairer Gespräche leider nicht gelungen ist."

Schanzer-Schecks oder England-Kohle?

Wo er in der kommenden Saison spielen wird, verriet der Noch-Nürnberger auf der Dynamo-Seite nicht. Club-Vorstand Bornemann kann die Entwicklung jedoch entspannt verfolgen. Der Angreifer hat sich in der vergangenen Saison erfolgreich ins Schaufenster gestellt. An den Valznerweiher will Kutschke keinesfalls zurückkehren.

So müssen er oder besser gesagt sein Berater einen Abnehmer liefern, der den 28-Jährigen verpflichtet und gute Vertragsmodalitäten offeriert. Liest man bei Minge und Kutschke zwischen den Zeilen, hat man diesen wahrscheinlich schon gefunden. Positiv für den FCN ist, dass es laut Bild-Zeitung sogar zwei Bieter für den drittbesten Zweitliga-Schützen der zurückliegenden Spielzeit geben soll.

Sowohl Premier-League-Aufsteiger Huddersfield, für den der Ex-Fürther Michael Hefele verteidigt, als auch Erstliga-Absteiger Ingolstadt, der Kutschke mit einem Fünf-Jahres-Vertrag lockt, wollen sich demnach die Dienste des Sturmbrocken sichern.

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