Kleeblatt-Coach Ruthenbeck: "Wir haben Probleme"
25.1.2016, 17:20 UhrFürther Nachrichten: An der Hotelbar machten Sie sich nach Feierabend rar, Herr Ruthenbeck. Geben Sie's zu, Sie wollten immer rechtzeitig zum Dschungelcamp auf dem Zimmer sein.
Ruthenbeck: Schön wär's. Wir haben jeden Abend Gespräche mit den Spielern geführt. Danach habe ich mit unserem Direktor Profifußball Ramazan Yildirim bis in die Nacht zusammengesessen und gearbeitet.
FN: Sie suchen noch einen Stürmer, wann wird er kommen?
Ruthenbeck: Ich weiß es nicht. Wir sind auf der Suche, wir sind am kämpfen. Aber der Wintertransfermarkt ist nicht einfach. Wir hatten einige Kandidaten, aber es hat nicht geklappt.
FN: Drei Neue sind in diesem Winter bereits gekommen: Sebastian Heidinger, Maurice Hirsch und Ronny Marcos. Haben Sie den Eindruck, dass mit ihnen ein neuer Zug im Training entstanden ist?
Ruthenbeck: Das würde ja heißen, dass vorher kein Zug da war. Aber die Mannschaft hat bisher gut gearbeitet. Es gibt ein paar andere Dinge, die nicht gepasst haben. Wir hatten einen größeren Teil an unzufriedenen Spielern, den haben wir gerade nicht so.
FN: War die Unzufriedenheit bei Ihrer vorherigen Trainerstation in Aalen ebenso ein Thema oder ist das ein fürthspezifisches Problem?
Ruthenbeck: In Aalen war es relativ deutlich, wer spielen muss. In Fürth hast du viel mehr Spieler, die schon erste Liga gespielt haben. Das ist schon ein Problem in Fürth, dass man nicht jedem Spieler gerecht werden kann. Nur Kleinigkeiten entscheiden, warum sie spielen, auf der Bank oder der Tribüne sitzen. Da gab es schon manche grenzwertige Entscheidungen, die mir wehgetan haben.
FN: Konkurrenz belebt das Geschäft, doch dieses Konkurrenzverhältnis schien kontraproduktiv.
Ruthenbeck: Man hat ja gesehen, dass uns am Anfang in den Englischen Wochen, als wir viel rotiert haben, die Breite im Kader super geholfen hat. Aber wenn im Sieben-Tage-Rhythmus immer nur noch elf anfangen können, man den Spielern diese Wechsel nicht mehr so erklären kann und sich die Stammspieler festgespielt haben, dann war's schwierig. So haben wir den einen oder anderen Spieler leider nicht mehr so mitnehmen können und dadurch auch verloren.
FN: Welchen Eindruck vermittelte die Mannschaft im Trainingslager?
Ruthenbeck: Sie ist sehr leidensfähig. Gerade wie sie den harten Mittwoch angenommen hat mit fast zwei Stunden Training und am Ende noch Berg-Sprints, das war sehr eindrucksvoll und hat mir gut gefallen.
FN: Worum ging es in den täglichen Gesprächen mit den Spielern?
Ruthenbeck: Wir haben Zielvereinbarungen dokumentiert und mit vielen bereits ein Fazit der Hinserie gezogen. Das waren nicht immer angenehme Gespräche. Man muss versuchen, ihnen den Spiegel vorzuhalten und die Schwachstellen anzusprechen. Wichtig ist, dass die Spieler das Gefühl haben: Da ist jemand, der spricht mit mir. Ich habe als Spieler das Gegenteil erlebt, das hat mir gestunken.
FN: Sie sitzen den Spielern mit Ihren beiden Co-Trainern gegenüber – bekommt man da immer ehrliche Antworten?
Ruthenbeck: Ich glaube, nicht von jedem. Die Jungs haben auf dem Niveau Probleme, sich zu öffnen. Denn sie haben mit jeder Schwäche, die sie zeigen, das Gefühl, dass sie sich angreifbar machen können. Das ist in ihnen drin: Wenn ich Schwäche zeige, werde ich aussortiert. Deshalb müssen die Gespräche schlau geführt werden, damit man etwas erfährt. Wenn sich jemand nicht drauf einlassen möchte, habe ich das auch zu akzeptieren. Dann kann man nur übers rein Sportliche reden, und dann sagen wir, was uns gefällt und was nicht.
FN: Wer kam da am besten weg?
Ruthenbeck: Man erkennt jetzt, um nur ein Beispiel zu nennen, bei Zlatko Tripic, dass es bei ihm jetzt noch einmal weitergeht. Er war sehr agil in den vergangenen zwei Spielen. Wohin das führt, weiß ich nicht, aber da erkenne ich gerade eine Entwicklung.
FN: Dass von drei Neuzugängen zwei nur für ein halbes Jahr unterschrieben haben, ist untypisch für Fürth, da mit ihnen kein Geld zu machen ist. Ist dieser Paradigmenwechsel auf Ihren Wunsch geschehen?
Ruthenbeck: Vor allem bei Heidinger kann es eine Win-Win-Situation sein. Ob nach einem halben Jahr wirklich Schluss ist, wird man sehen. Das nimmt uns doch keiner ab, wenn wir einem Spieler einen Dreijahresvertrag geben, der in Heidenheim auf der Bank sitzt. Hinzu kommt, dass es nicht immer so einfach ist, im Winter Transfers zu machen, von denen nur Fürth profitiert. Der Markt hat auf der Position nicht viel hergegeben. Hannover wollte Maurice Hirsch auch nur ausleihen.
FN: In zwei von drei Testspielen hat Ihre Mannschaft kein Tor erzielt, das konnte Ihnen nicht gefallen haben.
Ruthenbeck: Ohne Wenn und Aber wissen wir, dass wir da zulegen müssen. Aber es ging auch darum, in der Fitness weiterzukommen, am Willen zu arbeiten, trotz schwerer Beine ins Spiel zu gehen, Spielzüge einzuüben. Letztes Jahr hat Fürth mehr Testspiele gewonnen und keinen guten Start hingelegt. Aber wir haben schon Probleme: Johannes Wurtz hat erst das letzte Testspiel mitmachen können, den probieren wir jetzt an vorderster Front. Ihn sehe ich ganz vorne zentral, auf der Bahn nicht unbedingt. Veton Berisha hat noch gar kein Testspiel gemacht, Sebastian Freis müssen wir erst heranbringen, weil er wochenlang ausgefallen ist. Da gibt es nichts schönzureden.
FN: Wie ist der Stand bei Tom Weilandt? 1860 München ist an ihm interessiert.
Ruthenbeck: Von dem war ja zu lesen, dass er schon in München unterschrieben hat. Stand heute ist der bei uns. Für unsere Vorbereitung ist das nicht gut. Er kann ja gar nicht konzentriert sein. Was da von außen gerade passiert, gefällt mir nicht. Und wenn er nicht geht, dann wird das auch nicht so einfach.
FN: Weilandt kam einst aus Rostock und ist ein Beispiel dafür, dass die Spielvereinigung sich vom Aus- zum Weiterbildungsverein entwickelt. Kaum ein Talent schafft es aus der eigenen Jugend zu den Profis.
Ruthenbeck: Das ist gerade in ganz Deutschland ein Problem, weil es eine Zeit gab, in der viele junge Spieler nach oben gekommen sind. Aber das kann ja nicht ständig so weitergehen. Das gerät gerade ins Stocken. Beispiel ist die U 21-Nationalmannschaft, die früher bestückt war mit Spielern, die in der ersten und zweiten Liga auf der Bank gesessen haben. Jetzt sind das Leistungsträger in ihren Mannschaften wie Davie Selke aus Leipzig oder Max Meyer und Leroy Sané aus Schalke. So eine Leistungsdichte ist enorm.
FN: Und wie reagiert die Spielvereinigung darauf?
Ruthenbeck: Wir haben vor, zusammen mit den Jugendtrainern von der U17 bis zur U23 eine Idee zu entwickeln. Das kommt nicht von mir von oben herab, das machen wir gemeinsam. Wir versuchen, Bausteine umzusetzen, dass junge Spieler merken, dass es einen roten Faden gibt bis obenhin. Eine Spielphilosophie im Verein zu haben, das können auch kleinere Klubs, nicht nur die großen.
FN: Hat denn eine durchgängige Philosophie bisher gefehlt?
Ruthenbeck: Es sind ja bis auf U19-Trainer Janos Radoki neue Trainer dabei, mit meiner Person, mit Thomas Kleine in seinem ersten Jahr, Heinz Krapf hat die U17 erst von Mirko Reichel übernommen. Da etwas zu entwickeln, etwas eigenes, finde ich spannend. Auch die Jugendtrainer bringen da neue Ideen ein.
FN: Während des Trainingslagers sorgte Ilir Azemis Comeback eineinhalb Jahre nach seinem schweren Autounfall in einem Testspiel der zweiten Mannschaft für Euphorie. Gegen den Bezirksligisten TSV Burgfarrnbach schoss er beim 17:0 fünf Tore.
Ruthenbeck: Ich wünsche mir einfach, dass er gesund wird. Vielleicht war das jetzt ein wichtiger Schritt für ihn, dann schauen wir einfach mal. Er ist ein Stürmer, der, wenn er denn gesund wird, uns guttun würde.
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