Kleeblatt-Coach Ruthenbeck: "Wir haben Probleme"

25.1.2016, 17:20 Uhr
"Der Wintertransfermarkt ist nicht einfach": Stefan Ruthenbeck über weitere mögliche Verstärkungen.

© Sportfoto Zink / WoZi "Der Wintertransfermarkt ist nicht einfach": Stefan Ruthenbeck über weitere mögliche Verstärkungen.

Fürther Nachrichten: An der Hotelbar machten Sie sich nach Feierabend rar, Herr Ruthen­beck. Geben Sie's zu, Sie wollten im­mer rechtzeitig zum Dschungelcamp auf dem Zimmer sein.

Ruthenbeck: Schön wär's. Wir ha­ben jeden Abend Gespräche mit den Spielern geführt. Danach habe ich mit unserem Direktor Profifußball Ramazan Yildirim bis in die Nacht zusam­mengesessen und gearbeitet.

FN: Sie suchen noch einen Stürmer, wann wird er kommen?

Ruthenbeck: Ich weiß es nicht. Wir sind auf der Suche, wir sind am kämp­fen. Aber der Wintertransfermarkt ist nicht einfach. Wir hatten einige Kan­didaten, aber es hat nicht geklappt.

FN: Drei Neue sind in diesem Winter bereits gekommen: Sebastian Heidin­ger, Maurice Hirsch und Ronny Mar­cos. Haben Sie den Eindruck, dass mit ihnen ein neuer Zug im Training ent­standen ist?

Ruthenbeck: Das würde ja heißen, dass vorher kein Zug da war. Aber die Mannschaft hat bisher gut gearbeitet. Es gibt ein paar andere Dinge, die nicht gepasst haben. Wir hatten einen größeren Teil an unzufriedenen Spie­lern, den haben wir gerade nicht so.

FN: War die Unzufriedenheit bei Ihrer vorherigen Trainerstation in Aalen ebenso ein Thema oder ist das ein fürthspezifisches Problem?

Ruthenbeck: In Aalen war es relativ deutlich, wer spielen muss. In Fürth hast du viel mehr Spieler, die schon erste Liga gespielt haben. Das ist schon ein Problem in Fürth, dass man nicht jedem Spieler gerecht werden kann. Nur Kleinigkeiten entscheiden, warum sie spielen, auf der Bank oder der Tribüne sitzen. Da gab es schon manche grenzwertige Entscheidun­gen, die mir wehgetan haben.

FN: Konkurrenz belebt das Geschäft, doch dieses Konkurrenzverhältnis schien kontraproduktiv.

Ruthenbeck: Man hat ja gesehen, dass uns am Anfang in den Englischen Wochen, als wir viel rotiert haben, die Breite im Kader super geholfen hat. Aber wenn im Sieben-Tage-Rhyth­mus immer nur noch elf anfangen kön­nen, man den Spielern diese Wechsel nicht mehr so erklären kann und sich die Stammspieler festgespielt haben, dann war's schwierig. So haben wir den einen oder anderen Spieler leider nicht mehr so mitnehmen können und dadurch auch verloren.

FN: Welchen Eindruck vermittelte die Mannschaft im Trainingslager?

Ruthenbeck: Sie ist sehr leidensfä­hig. Gerade wie sie den harten Mitt­woch angenommen hat mit fast zwei Stunden Training und am Ende noch Berg-Sprints, das war sehr eindrucks­voll und hat mir gut gefallen.

FN: Worum ging es in den täglichen Gesprächen mit den Spielern?

Ruthenbeck: Wir haben Zielverein­barungen dokumentiert und mit vie­len bereits ein Fazit der Hinserie gezo­gen. Das waren nicht immer angeneh­me Gespräche. Man muss versuchen, ihnen den Spiegel vorzuhalten und die Schwachstellen anzusprechen. Wichtig ist, dass die Spieler das Ge­fühl haben: Da ist jemand, der spricht mit mir. Ich habe als Spieler das Ge­genteil erlebt, das hat mir gestunken.

FN: Sie sitzen den Spielern mit Ihren bei­den Co-Trainern gegen­über – bekommt man da immer ehrli­che Antworten?

Ruthenbeck: Ich glaube, nicht von jedem. Die Jungs haben auf dem Ni­veau Probleme, sich zu öffnen. Denn sie haben mit jeder Schwäche, die sie zeigen, das Gefühl, dass sie sich an­greifbar machen können. Das ist in ih­nen drin: Wenn ich Schwäche zeige, werde ich aussortiert. Deshalb müs­sen die Gespräche schlau geführt wer­den, damit man etwas erfährt. Wenn sich jemand nicht drauf einlassen möchte, habe ich das auch zu akzep­tieren. Dann kann man nur übers rein Sportliche reden, und dann sagen wir, was uns gefällt und was nicht.

FN: Wer kam da am besten weg?

Ruthenbeck: Man erkennt jetzt, um nur ein Beispiel zu nennen, bei Zlatko Tripic, dass es bei ihm jetzt noch ein­mal weitergeht. Er war sehr agil in den vergangenen zwei Spielen. Wohin das führt, weiß ich nicht, aber da er­kenne ich gerade eine Entwicklung.

FN: Dass von drei Neuzugängen zwei nur für ein halbes Jahr unterschrie­ben haben, ist untypisch für Fürth, da mit ihnen kein Geld zu machen ist. Ist dieser Paradigmenwechsel auf Ihren Wunsch geschehen?

Ruthenbeck: Vor allem bei Heidin­ger kann es eine Win-Win-Situation sein. Ob nach einem halben Jahr wirk­lich Schluss ist, wird man sehen. Das nimmt uns doch keiner ab, wenn wir einem Spieler einen Dreijahresvertrag geben, der in Heidenheim auf der Bank sitzt. Hinzu kommt, dass es nicht immer so einfach ist, im Winter Transfers zu machen, von denen nur Fürth profitiert. Der Markt hat auf der Position nicht viel hergegeben. Hannover wollte Maurice Hirsch auch nur ausleihen.

FN: In zwei von drei Testspielen hat Ihre Mannschaft kein Tor erzielt, das konn­te Ihnen nicht gefallen haben.

Ruthenbeck: Ohne Wenn und Aber wissen wir, dass wir da zulegen müs­sen. Aber es ging auch darum, in der Fitness weiterzukommen, am Willen zu arbeiten, trotz schwerer Beine ins Spiel zu gehen, Spielzüge einzuüben. Letztes Jahr hat Fürth mehr Testspie­le gewonnen und keinen guten Start hingelegt. Aber wir haben schon Pro­bleme: Johannes Wurtz hat erst das letzte Testspiel mitmachen können, den probieren wir jetzt an vorderster Front. Ihn sehe ich ganz vorne zentral, auf der Bahn nicht unbedingt. Veton Berisha hat noch gar kein Testspiel gemacht, Sebastian Freis müssen wir erst heranbringen, weil er wochen­lang ausgefallen ist. Da gibt es nichts schönzureden.

FN: Wie ist der Stand bei Tom Wei­landt? 1860 München ist an ihm inter­essiert.

Ruthenbeck: Von dem war ja zu lesen, dass er schon in München unterschrieben hat. Stand heute ist der bei uns. Für unsere Vorbereitung ist das nicht gut. Er kann ja gar nicht konzen­triert sein. Was da von außen gerade passiert, gefällt mir nicht. Und wenn er nicht geht, dann wird das auch nicht so einfach.

FN: Weilandt kam einst aus Rostock und ist ein Beispiel dafür, dass die Spielvereinigung sich vom Aus- zum Weiterbildungsverein entwickelt. Kaum ein Talent schafft es aus der eigenen Jugend zu den Profis.

Ruthenbeck: Das ist gerade in ganz Deutschland ein Problem, weil es eine Zeit gab, in der viele junge Spieler nach oben gekommen sind. Aber das kann ja nicht ständig so weitergehen. Das gerät gerade ins Stocken. Beispiel ist die U 21-Nationalmannschaft, die früher bestückt war mit Spielern, die in der ersten und zweiten Liga auf der Bank gesessen haben. Jetzt sind das Leistungsträger in ihren Mannschaf­ten wie Davie Selke aus Leipzig oder Max Meyer und Leroy Sané aus Schal­ke. So eine Leistungsdichte ist enorm.

FN: Und wie reagiert die Spielvereini­gung darauf?

Ruthenbeck: Wir haben vor, zusam­men mit den Jugendtrainern von der U17 bis zur U23 eine Idee zu entwi­ckeln. Das kommt nicht von mir von oben herab, das machen wir gemein­sam. Wir versuchen, Bausteine umzu­setzen, dass junge Spieler merken, dass es einen roten Faden gibt bis obenhin. Eine Spielphilosophie im Verein zu haben, das können auch klei­nere Klubs, nicht nur die großen.

FN: Hat denn eine durchgängige Philoso­phie bisher gefehlt?

Ruthenbeck: Es sind ja bis auf U19-Trainer Janos Radoki neue Trai­ner dabei, mit meiner Person, mit Tho­mas Kleine in seinem ersten Jahr, Heinz Krapf hat die U17 erst von Mirko Reichel übernom­men. Da etwas zu entwickeln, etwas eigenes, finde ich spannend. Auch die Jugendtrainer bringen da neue Ideen ein.

FN: Während des Trainingslagers sorgte Ilir Azemis Comeback eineinhalb Jah­re nach seinem schweren Autounfall in einem Testspiel der zweiten Mann­schaft für Euphorie. Gegen den Be­zirksligisten TSV Burgfarrnbach schoss er beim 17:0 fünf Tore.

Ruthenbeck: Ich wünsche mir ein­fach, dass er gesund wird. Vielleicht war das jetzt ein wichtiger Schritt für ihn, dann schauen wir einfach mal. Er ist ein Stürmer, der, wenn er denn ge­sund wird, uns guttun würde.

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