Kommentar: Mehr als eine Modeerscheinung

24.6.2011, 19:40 Uhr

Natürlich muss man die an diesem Wochenende beginnende Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen wohl ein wenig nüchterner betrachten als das Sommermärchen von 2006. Die Straßen werden sicher nicht wie leergefegt sein, wenn die Deutschen spielen. Einladungen und Geschäftstermine werden kaum so gelegt, dass sie nicht mit den Partien der deutschen Elf kollidieren – und ein beträchtlicher Teil der rund 700000 bislang abgesetzten WM-Tickets für die 32 WM-Spiele dürfte an Sponsoren gegangen sein.

Trotzdem: Die Entwicklung, die sich im Frauenfußball in den vergangenen Jahren vollzogen hat, ist bereits durchaus beachtlich. Mehr als eine Million Frauen und Mädchen in Deutschland spielen laut Angaben des Deutschen Fußball Bundes (DFB) Fußball. Kaum eine andere Sportart hat hierzulande solche Zuwächse zu verzeichnen wie der Frauenfußball.

Spätestens seit dem WMTriumph der deutschen Fußballerinen 2007 interessiert sich außerdem auch die Öffentlichkeit verstärkt für den Frauenfußball, Medien und Sponsoren zeigen sich aufgeschlossener, die Werbebranche hat ebenfalls ihre Aushängeschilder für sich entdeckt. Von einer Popularität und Medienwirksamkeit, wie sie der Frauenfußball bereits erreicht hat, können Basketballerinnen, Handballerinnen oder Volleyballerinnen nur träumen. Verantwortlich für diese Entwicklung sind einerseits gesellschaftliche Veränderungen: Fußball ist schon lange nicht mehr die Männerdomäne, die er einst war. Das Klientel, das in die Stadien pilgert, wird stetig jünger und weiblicher – viel häufiger als früher avanciert das Fußballschauen zum großen Familienausflug.

Das größte Verdienst an dieser Metamorphose aber gebührt den Spielerinnen selbst. Mit ihren persönlichen Erfolgsgeschichten haben Birgit Prinz, Fatmire Bajramaj und Co. viele Herzen erobert, durch ihre Hartnäckigkeit und ihre Leidenschaft haben sie den Kritikern längst bewiesen, dass der Frauenfußball keine Modeerscheinung ist, sondern noch eine lange Karriere vor sich hat.

Die Frauen-WM in Deutschland birgt in vielerlei Hinsicht große Chancen. Den Sportvereinen bietet sie die Möglichkeit, noch mehr weiblichen Fußballernachwuchs zu begeistern. Verbandsfunktionären bietet sie eine Gelegenheit, verkrustete Strukturen – zum Beispiel die Vorgabe, dass Mädchen und Jungs ab dem 13. Lebensjahr in getrennten Teams kicken müssen – zu überdenken.

Wie intenisv der Frauenfußball von dieser WM profitieren wird, hängt jedoch maßgeblich vom sportlichen Abschneiden der DFB-Frauen ab. Scheitern sie schon in der Vorrunde, droht der positive Effekt ins Gegenteil umzuschlagen. Schaffen sie es jedoch bis ins Finale, dann stehen die Chancen gut, dass es doch noch zu einem schwarz-rot-goldenen Sommermärchen 2011 kommt.
 

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