Kommentar zur FCN-Misere: Tatsächlich ein Abstiegskandidat

21.9.2016, 05:58 Uhr
Befreiungsschlag geht anders: Club-Coach Alois Schwartz und Tim Matavz nach der Derbypleite.

© Sportfoto Zink / JüRa Befreiungsschlag geht anders: Club-Coach Alois Schwartz und Tim Matavz nach der Derbypleite.

Nicht bloß hinter vorgehaltener Hand sprachen sie beim 1. FC Nürnberg vor der Saison von einem Platz mindestens in der oberen Tabellenhälfte, selbst einen Platz im oberen Tabellendrittel hielten einige für durchaus realistisch. Wer im Mai fast in die Bundesliga aufgestiegen wäre, so hieß es, sollte auch in der nächsten Zweitliga-Runde eine gute Rolle spielen.

Qualitätsverlust und Leiharbeiter

Seitdem ist allerdings viel passiert. Der Erfolgstrainer wechselte nach Anderlecht, der beste Torschütze nach Hannover, auch Sebastian Kerk und Danny Blum sind nicht mehr da, kürzlich verletzten sich noch Georg Margreitter und Raphael Schäfer, zwei Säulen der Mannschaft. Der Club hat also viel Qualität verloren und sich im Sommer mit zwei Vereinslosen und zwei Leiharbeitern verstärkt, weil die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr erlauben.

Für seinen neuen Trainer legte der klamme Club aber sogar Geld auf den Tisch, angeblich 400.000 Euro, weil die Sportliche Leitung von Alois Schwartz' Fähigkeiten restlos überzeugt ist - selbst nach einem beispiellosen Fehlstart. Andere sind in der Vergangenheit mit so einer Bilanz in Nacht-und-Nebel-Aktionen aus dem Amt gejagt worden, diesmal soll alles anders sein. Der Sportvortstand bewertet nicht nur Ergebnisse, sondern auch die tägliche Arbeit seines wichtigsten Angestellten - und sieht deshalb keinen Grund, an Schwartz zu zweifeln.

Viele der über 32.000 Zuschauer im Frankenstadion sahen das am Dienstagabend anders, ließen aber vor allem ihr Herz sprechen. Der 1. FC Nürnberg ist kein Verein wie die meisten anderen, gerade der 1. FC Nürnberg lebt von Emotionen, in guten, erst recht aber in schlechten Zeiten. Dass die Fans genug haben von den ständigen Enttäuschungen, ist absolut verständlich, besonders ein 1:2 im Derby tut richtig weh. Die Frage, ob Alois Schwartz der richtige Trainer ist für diesen Club, für diesen Kader, blieb aber trotzdem offen.

Sie wollten, das schon, wirken in ihrem Bemühen, die Wende förmlich zu erzwingen, aber oft kopflos; eine richtige Struktur, eine gemeinsame Idee, ließ sich auch im Derby nur ansatzweise erkennen. Die Spieler erklären den zumindest vorläufig letzten Platz dennoch vorrangig mit Pech, was aber zu einfach wäre.

Ein trauriges Bild

Vielmehr sieht es danach aus, als wäre der Club mangels individueller und auch gemeinsamer Klasse tatsächlich ein Abstiegskandidat. Das traurige Bild konnte bislang auch Alois Schwartz nicht korrigieren. Dass es ihm am Sonntag in Bielefeld oder fünf Tage später gegen Union Berlin gelingt, ist am Dienstagabend nicht wahrscheinlicher geworden.

Wie man trainiert, so spielt man auch. Heißt es zumindest. Oder ist vielleicht einfach nicht besser.

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