Königsblaues Schichtende: Schalke wirft Weinzierl raus

9.6.2017, 17:23 Uhr
Blick ins Leere: Markus Weinzierl hat auf Schalke keine Zukunft mehr.

© dpa Blick ins Leere: Markus Weinzierl hat auf Schalke keine Zukunft mehr.

Der FC Schalke 04 hat sich nach einer enttäuschenden Saison von Trainer Markus Weinzierl getrennt. Das teilte der Fußball-Bundesligist am Freitag mit. Neuer Coach bei dem Revierclub wird Domenico Tedesco, der vom Zweitligisten FC Erzgebirge Aue kommt. Er erhält einen Zweijahresvertrag.

Ein Klassenbester für die Knappen 

Der 31 Jahre alte Fußball-Lehrer übernahm erst Anfang März den Zweitligisten Erzgebirge Aue und rettete den Klub vor dem Abstieg aus der 2. Liga. Tedescos Vertrag in Aue läuft eigentlich noch bis 2018. Der Deutsch-Italiener, der zuvor als Junioren-Coach bei 1899 Hoffenheim und dem VfB Stuttgart tätig war, gilt in der Branche als herausragendes Trainertalent und legte die Prüfung zum Fußball-Lehrer gemeinsam mit Hoffenheims-Coach Julian Nagelsmann und Bremens Alexander Nouri als Jahrgangsbester mit der Note 1,0 ab.

Gerade aus dem Familienurlaub in Florida zurückgekehrt, informierte Schalkes Sportvorstand Christian Heidel den von ihm im vorigen Sommer aus Augsburg verpflichteten Weinzierl am Freitagmorgen von seiner bevorstehenden Beurlaubung. Der Zeitpunkt der Trennung kommt durchaus überraschend, obwohl Heidel nach einer Saisonanalyse den Straubinger schon schwer angezählt hatte.

Heidel, selbst erst seit vorigem Sommer in der Verantwortung, war mit der sportlichen Entwicklung des Teams in den vergangenen zehn Monaten unzufrieden. "Die Entwicklung hat überall stattgefunden. Nur nicht da, wo sie sollte. Auf dem Spielfeld hat es nicht so geklappt, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir müssen sehr viel mehr Wert auf das Spielkonzept legen", erklärte Heidel am 22. Mai, zwei Tage nach dem Saisonende.

Mit Platz zehn verpasste Schalke erstmals seit sieben Jahren einen internationalen Wettbewerb, auch das unnötige Aus im Viertelfinale der Europa League gegen den späteren Finalisten Ajax Amsterdam schmerzte. Der Manager vermisste eine klare Spielidee, hatte Weinzierl zunächst aber wohl eine Chance geben wollen, vom 1. Juli an mit verändertem Kader in die Vorbereitung auf die neue Saison zu gehen.

"Wir müssen besser Fußball spielen"

Offenbar konnte Weinzierl in einem anberaumten Gespräch in der Woche nach dem Saisonende Heidel aber nicht von seinem Konzept überzeugen. So reifte bei Schalkes Führung der Entschluss, den abermaligen Neuanfang zu wagen. "Es geht einzig darum, dass die Mannschaft einen Plan bekommt und den auch umsetzt. Wir müssen besser Fußball spielen", so Heidel.

Dem mit viel Vorschusslorbeeren für drei Millionen Euro vom FC Augsburg losgeeisten Coach wurde nicht nur der katastrophale Saisonstart mit fünf Bundesliga-Niederlagen zum Verhängnis. Er schaffte es trotz eines Zwischenhochs im Herbst auch nicht, dem Revierklub dauerhaft eine klare Struktur und Spielidee zu vermitteln. Die zahlreichen schweren Verletzungen und Langzeitausfälle von Leistungsträgern wie Coke, Breel Embolo oder Naldo erklärten nur teilweise die schwankenden Auftritte. Heidel, der mit seinen Last-Minute-Transfers im vorigen August den krassen Fehlstart mit begünstigte, mochte das große Verletzungspech später nicht mehr als Entschuldigung gelten lassen.

Konopljankas Klagelied

Zuletzt wurden zudem Beschwerden laut, Weinzierl habe das Team in zwei Lager gespalten. Allerdings kamen die schärftsten Vorwürfe ausgerechnet von Jewgeni Konopljanka, der unter Weinzierl eine enttäuschende Saison spielte. Der für mehr als 12,5 Millionen Euro verpflichtete Offensivspieler beklagte mangelnde Wertschätzung und Einsatzzeiten unter dem Coach: "Er hat uns geteilt, wir haben keine richtige Mannschaft. Es spielen nur elf Mann und vielleicht noch zwei", klagte der ukrainische Nationalspieler in heimischen Medien, nachdem ihm Weinzierl einen Vereinswechsel nahegelegt hatte.

20 Trainer seit 2002

Tedesco wäre seit dem Ende der ersten Amtszeit von Schalkes Jahrhunderttrainer Huub Stevens im Juni 2002 bereits der 20. Coach, der sich beim Traditionsklub versuchen darf. Ob Roberto Di Matteo, André Breitenreiter oder nun Weinzierl – zuletzt hat kein Trainer länger als ein Jahr auf Schalke gearbeitet.

Dieser Artikel wurde am 9. Juni 2016 mehrmals aktualisiert

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