Kosovo-Debüt: Mit Alushi und Bum-Bum-Bunjaku

4.9.2016, 15:07 Uhr
Seine beim Club gezeigten Vollstrecker-Qualitäten macht Albert Bunjaku nun für den Kosovo nutzbar.

© Wolfgang Zink Seine beim Club gezeigten Vollstrecker-Qualitäten macht Albert Bunjaku nun für den Kosovo nutzbar.

Vor dem ersten Pflichtspiel der Nationalmannschaft geht im Kosovo im Moment nichts mehr. Sportlich hofft der jüngste europäische Staat beim Auftakt der WM-Qualifikation am Montagabend in Finnland auf Zusammenhalt, politisch präsentiert sich das Land unversöhnlich. In der vergangenen Woche musste eine wichtige Parlamentssitzung abgesagt werden, weil die Politik abgrundtief gespalten ist bis zu offenem Hass.

Der Streit des fast nur von Albanern bewohnten Staates mit seinem großen serbischen Nachbarn blockiert alles: die Aussöhnung, die Annäherung an die EU, überlebenswichtige Reformen und den Kampf gegen die allmächtige Korruption. Die Folge: Arbeitslosigkeit von weit über 50 Prozent, Löhne im Privatsektor von 360 Euro im Monat, eine zusammengebrochene Industrie. Perspektive: Null. Wer kann, geht ins Ausland. Zuletzt hatten es Zehntausende im Februar letzten Jahres in Deutschland versucht. Wegen des folgenden Ansturms von Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan mussten sie alle wieder zurückkehren – sie waren "nur" wegen ihrer bitteren Armut gekommen.

Mitten in dieser Hoffnungslosigkeit gibt es als Lichtblick aber noch den Sport. "Wir brauchen noch etwas Zeit und dann wird sich das über die Jahre entwickeln", sagt Albert Bunjaku in einem Beitrag auf fifa.com zu den Perspektiven von Kosovos Kickern. Der ehemalige Club-Angreifer erzielte am 13. Mai beim 2:0 gegen die Faröer das erste Länderspieltor des Kosovo. Bunjaku nahm 2010 für die Schweiz bereits an der WM in Südafrika teil, wechselte dann die Nationalität. Weitere Spieler könnten dem Beispiel des Stürmers folgen und ihre alte Heimat auflaufen.

Apropos Heimat: Für Albert Bunjaku ist der Kosovo dies ebenso wie die Schweiz und Franken. Als Siebenjähriger kam er nach Fahrweid - in den Kanton Zürich. In Nürnberg hatte der Angreifer - wie er später einmal nordbayern.de berichten sollte, "eine Super-Zeit", 2009/10 war er dort der beste Club-Schütze. Beim 1. FC Nürnberg erinnern sie sich allzu gern an Albert Bunjakus große Begabung. Das Talent des Mannes, den der Altmeister im Februar 2009 aus Erfurt engagierte. In der Rückrunde der Aufstiegssaison ballerte der ballgewandte Abschlussexperte ein erstes Mal für den FCN. Danach, in der 1. Liga - der heimlichen Club-Heimat - war Showtime. Zwölf Bunjaku-Buden bedeuteten 2009/2010 clubinternen Bestwert und erklärten boulevardtaugliche Kosenamen wie Prinz Knallbert oder Bum-Bum-Bunjaku. 

"Wir hatten eine geile Mannschaft"

Mit Nürnberg fühlt sich Bunjaku, der mittlerweile für  FC St. Gallen stürmt, auch nach seinem Abschied im Sommer 2012 noch heute verbunden. “Wir hatten eine geile Mannschaft und auch als Familie hat es uns viel Freude gemacht, hier in der Stadt zu leben".

Neben Auftaktgegner Finnland spielt Bunjakus Kosovo gegen Kroatien, Island, Ukraine und die Türkei – vier Länder, die im Sommer bei der EURO-Endrunde 2016 in Frankreich dabei waren. "Unser Ziel ist es Punkte zu sammeln und Spiele zu gewinnen. Wenn ein Team schwächelt, wollen wir da sein und das ausnutzen", sagte Bunjaku. Früher schaute das fußballverrückte Land immer nur zum "Mutterland" Albanien, acht Jahre nach der Unabhängigkeit treten eigene Kicker auf der großen Weltbühne an. Schon allein damit wird ein Traum wahr, weil der jahrelange Kampf mit Serbien über die Mitgliedschaft Kosovos in internationalen Sportverbänden mit einem Sieg endete. Belgrad stemmte sich mit allen Mitteln dagegen – vergebens.

Alushi ist der Anführer

Und so startet der Kosovo am Montag also in die WM-Qualifikation. Aufs Feld führen könnte die junge Fußballnation übrigens ein aktueller Club-Profi: Sommer-Neuzugang Enis Alushi, der in der Mittelfeldzentrale des FCN bislang noch nicht überzeugen konnte, trug bereits bei Bunjakus historischem Auftrtt gegen die Faröer die Binde.  

 

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