"Notwendiger Impuls": Der 1. FC Nürnberg entlässt Verbeek

23.4.2014, 09:46 Uhr
Teilte Gertjan Verbeek dessen Entlassung am Dienstagabend telefonisch mit: Club-Sportvorstand Martin Bader.

© Sportfoto Zink Teilte Gertjan Verbeek dessen Entlassung am Dienstagabend telefonisch mit: Club-Sportvorstand Martin Bader.

"Nach der letzten Niederlagen-Serie haben wir uns mit der aktuellen, prekären Situation in vielen Gesprächen erneut intensiv auseinandergesetzt, um zu prüfen, welche Maßnahmen notwendig sind, um die letzten drei Spiele siegreich zu gestalten. Wir sind der Überzeugung, dass wir mit dieser Entscheidung noch einmal etwas freisetzen können", gab Sportvorstand Martin Bader in einer ersten Reaktion auf der vereinseigenen Homepage zu Protokoll.

"In den letzten Wochen ist einiges verrutscht"

"Der Wechsel war notwendig, um in den Endspiel-Modus zu kommen", begründete Nürnbergs Sportvorstand seine in Absprache mit dem Aufsichtsrat getroffene Entscheidung wenig später ein weiteres Mal auf der Pressekonferenz. "Das Pendel hat in Richtung Veränderung, in Richtung neuen Impuls ausgeschlagen", sagte Bader, der die Entlassung Verbeeks auch als persönliche Niederlage empfindet. "In den letzten Wochen ist einiges verrutscht, was bedauerlich ist. " Mit diesen Worten ordnet es der 46-Jährige ein, dass er dem Niederländer am Dienstagabend sein Arbeitsende telefonisch mitteilen musste. Doch der "Anlass zur Sorge", der gefährdete Klassenerhalt - übergeordnete Vereinsinteressen also - hätten den Ausschlag gegen Verbeek gegeben. Dieser habe die Entscheidung laut Bader - "gefasst, professionell aber auch überrascht" aufgenommen.

Die Situation beim FCN ist ernst: Mit einer Ausnahme (2:0 gegen den VfB Stuttgart) ist der Club seit dem 22. Februar sieglos, acht Niederlagen in neun Spielen stehen seitdem in der Bilanz. Nach dem 1:4 gegen Leverkusen sahen sich die Vereinsverantwortlichen nun zum Handeln gezwungen. Gertjan Verbeek und sein Co-Trainer Raymond Libregts sind als FCN-Übungsleiter Geschichte.

Diese Geschichte begann am 22. Oktober 2013 mit viel Optimismus: Die erfrischende, direkte Art von Verbeek kam im Verein und im Umfeld sofort gut an. Die Frage eines Journalisten, ob sein Vertrag denn auch für die 2. Liga gültig sei, wurde in der ersten Pressekonferenz Verbeeks milde weggelächelt.

Das Lachen ist den Verantwortlichen ein halbes Jahr später längst vergangen, vom anfangs hochgelobten erfrischenden Offensivfußball ist nicht mehr viel übrig. Im Gegenteil: Nicht nur in den Spielen gegen Frankfurt (2:5), Wolfsburg (1:4) und Leverkusen (1:4) überspülte den Club eine wahre Gegentorflut. Eine tief verunsichert wirkende Mannschaft und deren nach Rückschlägen oft leblose Körpersprache ließen Zweifel aufkommen, ob Verbeek seine Schützlinge noch einmal auf Kurs bringen kann.

Die Trennung zum jetzigen Zeitpunkt kommt dennoch überraschend. Nach der herben Schlappe gegen Leverkusen hatte die Diskussion um den Trainer, der trotz fehlendem Ertrag beinahe starrsinnig an seiner Spielidee festhielt, allerdings eine rasante Eigendynamik entwickelt. Eine Dynamik, die Verbeek nun den Job kostet. Wie Gespräche von Martin Bader mit Führungsspielern zu Tage förderten, ist das Verhältnis zwischen Teilen der Mannschaft und dem bereits vor seinem Engagement in Nürnberg als autoritär geltendem Coach nachhaltig gestört. Akteure, die den Club im Saisonfinish beziehungsweise in der Relegation noch vor dem Abstieg bewahren sollen, hätten "den Halt und das Vertrauen verloren", hatte Bader am Vortag erklärt.

„Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen. Gertjan hat jederzeit akribisch gearbeitet“,  betonte der Sportvorstand am Mittwoch, ergänzte aber, "der Liga-Verbleib hat für den 1. FC Nürnberg allerhöchste Priorität".

Feststeht: Vier Siege in fünf Spielen nach der Winterpause, dazu ein 2:0 gegen Stuttgart Ende März, waren seltene Ausreißer einer ansonsten schon unter Vorgänger Michael Wiesinger unglücklich verlaufenen Saison, in der der FCN nach 17 Spielen ohne einen einzigen Sieg unter dem Weihnachtsbaum saß - ein Novum in der langen Geschichte der Bundesliga. Enormes Verletzungspech und überdurchschnittlich viele Aluminiumtreffern waren dabei ständige Begleiter des FCN.

Prinzen und Mintal: Bekannte Nothelfer

In den verbleibenden Partien in Mainz, gegen Hannover und auf Schalke soll dennoch ein Wunder her. Realisieren sollen dieses der bisherige U23-Coach Roger Prinzen und Marek Mintal, die den Club bereits in der Hinrunde in Frankfurt (1:1) anleiteten und bereits am Mittwochnachmittag das Training unter Ausschluss der Öffentlichkeit beaufsichtigen. Möglich scheint im Saisonfinish allenfalls Relegationsplatz 16. Doch auch diesen Umweg mit den beiden Partien am 15. und 18. Mai würden der FCN und sein neuer Übungsleiter wohl nur allzu gerne beschreiten.

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