"Live is life" - Fürther Stimmungskanonen in Belek

22.1.2015, 19:13 Uhr
Die Spielvereinigung beim Training. Im Gegensatz zu manch anderem Klub, der nach Belek gereist ist, machen die Fürther ordentlich Stimmung.

© Sportfoto Zink / WoZi Die Spielvereinigung beim Training. Im Gegensatz zu manch anderem Klub, der nach Belek gereist ist, machen die Fürther ordentlich Stimmung.

Ein Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel, den er sich im Testspiel gegen den türkischen Erstligisten Istanbul Basaksehir FK (0:0) zuzog, setzt den 25-Jährigen mehrere Wochen außer Gefecht.

Es ist schon irgendwie witzig, dass im selben Teamhotel wie das Kleeblatt ein Verein residiert, der noch vor drei Jahren einem Samuel Eto'o ein Jahresgehalt von 20 Millionen Euro gezahlt hat. Im Vergleich dazu: Die Spielvereinigung hat einen Personaletat für den ganzen Kader von rund 7,5 Millionen Euro pro Saison. Heute scheint Anschi Machatschkala, der Klub des Öl-Oligarchen Suleiman Kerimov aus Dagestan im Nordkaukasus, kleinere Brötchen zu backen.

Im Jahr 2013, nach Geldproblemen wegen der Krise eines Düngemittelunternehmens, an dem Kerimow beteiligt war, verließen der Kameruner, Roberto Carlos und andere Stars den Klub, der prompt in die zweite Liga abstieg. Die sportliche Erdung spiegelt sich nun auch in der Kleidung wider: In ihren hellgrauen T-Shirts und Kapuzenpullis ohne Sponsorenname darauf erinnern die im Speisesaal selten lächelnden Russen etwas an Boot-Camp-Teilnehmer der US Marines. Das Understatement scheint zu helfen: Momentan glänzt Anschi (russisch: Perle) als Tabellenführer der zweiten russischen Liga.

Edelfans an der Rivierea

Im Lager der Young Boys Bern ist man erleichtert: Kein Spiel gegen den Erzrivalen aus Thun, der zweiten Mannschaft aus dem Kanton Bern. Das Spiel um Platz drei im "Sunexpress Cup of Belek" tragen am Freitagnachmittag Hertha BSC Berlin und der FC Thun aus, nachdem Hertha gegen die Young Boys 3:5 im Elfmeterschießen und Thun gegen Fürth 0:3 verloren haben.

Die Spielvereinigung spielt um den großen Pokal um 16.15 Uhr deutscher Zeit gegen die Young Boys (Livestream via www.greuther-fuerth.de). Für die Berner ist es eine gute Generalprobe. Das andere internationale Turnier, in dem sie noch vertreten sind, ist ungleich wichtiger: Im Sechzehntelfinale der Euro League treffen die Schweizer auf den FC Everton. Dort spielt übrigens mittlerweile oben genannter Millionentorjäger Samuel Eto'o.

Zur Riege der Edelfans, die auch diesmal ihrem Kleeblatt ins Trainingslager nachgeflogen sind, gehören der 22-jährige Yannic Ginser und sein Vater. Der Junge im Rollstuhl ist der heimliche Star in diesen Tagen an der türkischen Riviera. Yannic trainiert seit der Zeit von Stephan Loboué immer mal wieder mit den Torhütern der Spielvereinigung.

Erfolgreiches Video

Auch Wolfgang Hesl setzt diese Tradition fort. Seine Übungen mit ihm am Dienstag zeichnete Kleeblatt-Kameramann Marc Schenk auf, stellte es auf die Facebook-Seite der Spielvereinigung und erlebte eine faustdicke Überraschung: Das Video wurde bislang über 118000-mal angeschaut und erreichte 330000 Menschen über die Facebook-Seite des Klubs, der 60000 "Gefällt mir"-Angaben zählt. "Das letzte Video, das ähnlich häufig abgerufen wurde, handelte von der Relegation im vergangenen Sommer", erzählt Schenk.

 

Gegen den Lagerkoller hilft möglichst viel Abwechslung. In allen Bereichen. Während sich Frank Kramer das x-te Spielchen ausdenkt, um seinen Männern das neue 4-1-4-1 zu vermitteln, sorgt Leihbrasilianer Guilherme für gute Laune im Gesicht. Über seiner Oberlippe rankt ein sauberer Schnauzer, auf den selbst Serienheld Magnum neidisch wäre. Und auch im Speisesaal sind die Kleeblatt-Profis die Stimmungskanonen. Die jüngste Gruppe im Fußballtennis-Wettbewerb von Mittwoch musste als Verlierer den anderen vor dem Essen ein Ständchen singen. Unter Klatschen und Grölen der Mitspieler trällerten sie ein schwer erkennbares Medley aus Queens "We will rock you" und "Live is life" von Opus.
 
Manager Michael Mutzel gilt als formidabler Schafkopfspieler, konnte sein Glück im Spiel in Fürth aber noch gar nicht bemühen. Zuviel zu tun. Doch sein Ziel ist, schon bald in den Zirkel von Fanbetreuer Wolf Nanke aufgenommen zu werden. Schließlich muss einer Busfahrer und Zeugwart Winfried Raube Paroli bieten, der gleich am ersten Abend die anderen in Grund und Boden zockte. Mutzel hingegen telefoniert im Trainingslager bislang so viel, dass er Gerüchten zufolge bei seiner Rückkehr ein persönliches Gespräch beim Prokuristen des Vereins haben werde - die Roaming-Gebühren trieben seine Handyrechnung in schwindelerregende Höhe.

Die 15.000-Euro-Strafe des Sportgerichts des Deutschen Fußball-Bunds wegen der Pyrotechnik-Show der Kleeblatt-Fans im Franken-Derby haben die Verantwortlichen der Spielvereinigung inzwischen akzeptiert. Fans zündeten im Gästeblock unter anderem Bengalisches Feuer und Rauchkörper. Der DFB tituliert das als "fortgesetztes unsportliches Verhalten", hieß es am Mittwoch in einer Mitteilung des Verbands.
 

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