Meisterlicher Jubilar: Für Volkert ist der FCN eine Herzenssache

18.5.2018, 14:05 Uhr
Ein Meisterspieler im NZ-Interview: Georg "Schorsch" Volkert.

© Sportfoto Zink / DaMa Ein Meisterspieler im NZ-Interview: Georg "Schorsch" Volkert.

NZ: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Georg Volkert: Ich war vor rund fünf Wochen beim Kardiologen, die Werte mit Herz, das Kardiogramm und so weiter - er war zufrieden, und das ist schon einmal wichtig. Die anderen Begleiterscheinungen, die man mit den Tabletten in Kauf nehmen muss  - zur Unterstützung bei einer Herzschwäche - das ist halt so. Hauptsache, die OP ist gut verlaufen.

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NZ: Hat es zum Golfen schon gereicht?

Volkert: Nein. Ich habe ja noch mal einen leichten Infekt gehabt, in dessen Folge ich ein Antibiotikum nehmen musste. Das hat mich noch einmal ein bisschen zurückgeworfen. Aber...

NZ: Haupsache, es wird wieder. Es dauert einfach seine Zeit.

Volkert: Jetzt sind es knapp zehn Monate, und da brauchst du doch - ich denke, die unterste Grenze ist ein Jahr. Dann wird man sehen, wie sich das entwickelt, wie die Herzleistung noch wird. Da mache ich mir aber auch keine Illusionen, wenn ich nicht mehr die volle Herzleistung habe. Man kann so das ganz Normale machen: Fahrrad fahren, eine Golfrunde und so weiter. Man braucht sich ja nichts mehr beweisen und unter Stress setzen - dann passt das schon.

"Und dann waren über 60.000 da"

NZ: Nun steht das Jubiläum an  - vor 50 Jahren wurde der Club mit Ihnen letztmals Meister. Wir war die Resonanz? Gab es auch überregionale Medienanfragen?   

Volkert: Nein, das war doch eher regional begrenzt.

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NZ: In dem Jahr war sehr viel los, die Höhepunkte haben sich gejagt - gibt es ein Ereignis, das sich bei Ihnen besonders eingeprägt hat?

Volkert: Das war vielerlei, da kam eine Menge zusammen. Das war eben eine andere Zeit. Was faszinierend war in dieser Phase, war die Partie gegen Gladbach. Die hat man kürzlich erst wieder gesehen, das war ein Mittwochabendspiel, und da hat der Schatzmeister nur 40.000 Karten drucken lassen, weil er dachte, da kommen ja nicht mehr. Wie immer war er da auf der Sparflamme. Und dann waren über 60.000 da!

NZ: Ich weiß, das war mein erstes Bundesliga-Spiel, und ich saß auf der Aschenbahn!

Volkert: Die Polizei hat dann dementsprechend eingegriffen, auch beim Schiedsrichter. Um ein Chaos zu verhindern, haben die die Tore aufgemacht. Die saßen zwei Meter von den Außenlinie weg. So was wäre ja heute undenkbar! Das ist das, was - unabhängig vom Sportlichen - einen schon beeindruckt hat vom Drumherum in dieser Phase. Vom Sportlichen her gab es - wie gesagt - vielerlei. Zur Pause waren wir sieben Punkte vorne, dann haben wir ein bisschen geschwächelt, dann ist es ein bisschen eng geworden, aber dann hat man sich doch wieder gefangen.

"Fritz, ich will Dich dich nicht vor mir sehen"

NZ: Ein Markenzeichen dieser Mannschaft war die Flügelzange Cebinac-Volkert. Cebinac hatte ja Leupold hinter sich, der einen damals sehr modernen, weil offensiven Verteidiger spielte. Bei Ihnen war es Fritz Popp, der aber längst nicht soviel nach vorne kam, oder?

Volkert: Nein, ich habe gesagt: Fritz, ich will Dich nicht vor mir sehen! Und der hat gesagt: Ich will Dich auch bei mir nicht haben. Ich habe immer vertreten: Wenn ein Stürmer hinten in der Abwehr ist, schafft das Probleme, weil die ja eine andere Auffassung haben von der Art zu spielen. Wir haben uns blendend verstanden, denn wir haben ja miteinander kommuniziert. Wir lagen auch nicht zufällig, sondern bewusst zusammen auf einem Zimmer, und da hat man auch das eine oder andere taktisch besprochen: Wenn der kommt, lass ihn ruhig, den fange ich schon ab, und dann spiele ich Dich an. Und dann war da halt irgendwann die Möglichkeit zur Flanke. Natürlich war das unsere Stärke, aber man muss das insgesamt sehen: Die Mannschaft hat gepasst, die war homogen, da haben die Abteilungen, sprich Abwehr, Mittelfeld und Sturm, alle miteinander funktioniert. Aber mit Flügelzange ohne Verwerter in der Mitte, sprich Brungs und Strehl, kannst du auch nichts kaufen. Aber das hat, wie gesagt, alles funktioniert und alles wunderbar gepasst.

Bittere Brungs-News im Urlaub 

NZ: Ein Aspekt ist dennoch ein kurzer Vorausblick auf das folgende Jahr mit dem Abstieg, als das Pendel nach dem Riesenerfolg ins Gegenteil umschlug. Lag das wirklich an der Transferpolitik Merkels?

Volkert: Das war das Entscheidende - die Saison war ja abgeschlossen, du warst im Urlaub, und dann hast du plötzlich über die Presse erfahren: Franz Brungs geht nach Berlin. Wenn du so ein homogenes Teil hast, wie es im Sturm und mit der Flügelzange vorhanden war - und jetzt nehmen sie dir dein Herzstück, den Torjäger - dann fehlt natürlich etwas.

NZ: Und das war ja nicht der einzige Abgang!

Volkert: Das ist ja was anderes, andere Abgänge konntest du kompensieren. Einen Gerd Müller hätte man bei Bayern auch nicht kompensieren können, wenn der verletzt gewesen oder woanders hingegangen wäre. Solche Spielertypen, das ist schwierig - die kann man nicht kompensieren in dieser Art. Das war für mich persönlich der entscheidende Punkt, weswegen es bei uns dann nicht mehr so lief. Wir spielten ja nicht schlecht, nur in der Verwertung waren wir nicht mehr effektiv wie im Meisterjahr.

NZ: Was für eine Situation war das, nach der Euphorie im Meisterjahr auf einmal gegen den Abstieg zu kämpfen? Undenkbar ja eigentlich...

Volkert: Am Anfang war es ja noch nicht so brenzlig, und wir sind ja nur wegen einem Punkt abgestiegen - damals gab's ja noch die Zwei-Punkte-Regel. Wir hätten nur unser letztes Heimspiel gewinnen brauchen, dann wäre Köln damals runter. Aber dann mussten wir nach Köln, und im engen Gang im Müngersdorfer Stadion, da hat es nur so geraschelt.

NZ: Was heißt geraschelt?

Volkert: Die haben wie Pferde vor dem Start mit den Hufen gescharrt und sich heiß gemacht. Die hatten ja solche Typen drin wie beispielsweise einen Simmet, der war einer - solche brauchst du auch in der Truppe, das ist ja nichts Negatives.

Ein Schatzmeister als Sensenmann

NZ: Als der Abstieg dann feststand haben Sie, Luggi Müller und ein Dritter ausgemacht, zu bleiben und die Scharte auszuwetzen …

Volkert: Cebi. Wir haben uns abgestimmt und gesagt, wir bleiben. Wir haben, das hat der Luggi gemacht, der war der Älteste, um einen Termin beim Schatzmeister gebeten. Alle drei waren wir nacheinander oben, der Luggi ist gekommen (schüttelt Kopf), geht, Cebi - ich gehe. Ich war dran - überhaupt keine Möglichkeit gehabt, keine Chance - wir wollten bleiben, das einzige, was wir, ich will jetzt nicht sagen gefordert haben, was uns lieb gewesen wäre: "Wir sind bemüht, dass wir gleich wieder aufsteigen, aber zu den Bedingungen, die wir letztes Jahr gehabt haben". Das haben sie abgelehnt. In meinem Fall war es so, was ich erst im Nachhinein nach Jahren erfahren habe, die haben mich ja einfach verkauft …

NZ: Damals nach Zürich?

Volkert: Ja. Das wusste ich gar nicht. Die haben schon vorher ein Agreement getroffen über einen Notar, haben Geld auf einem Anderkonto hinterlegt. Das waren damals circa 300.000, 400.000 D-Mark. Das war natürlich schweinemäßig Geld. Aber da ist ja der Valznerweiher gebaut worden, und dafür haben sie vielleicht ein bisschen Geld gebraucht - da ist vielleicht ein Gedächtnisplatz von mir auch dabei (lacht).

Da bist du ohnmächtig, und fertig! 

NZ: Wie geht es einem da, wenn man überhaupt keinen Einfluss auf sein Schicksal hat?

Volkert: Da hast du gar keine Chance, was willst du da groß kämpfen? Da bist du ohnmächtig, und fertig!

NZ: Ihr Weg hat Sie dann über Zürich zum HSV und nach Stuttgart geführt, waren nochmal beim Club (80/81) und haben dann noch bei zwei Hamburger Amateurvereinen gespielt, sind also von Nürnberg aus nach Hamburg zurückgegangen?

Volkert: Das war berufsbedingt. Zur HSV-Zeit habe ich einen großen Bauunternehmer kennengelernt, der war HSVer und hat gesagt, 'Herr Volkert, wenn Sie später mal nach Hamburg zurück wollen – ich würde Sie gerne bei mir einbinden in mein Unternehmen'. Und das habe ich dann gemacht, denn Hamburg an sich ist ja eine wunderbare Stadt, zu der Zeit ja noch anders als jetzt. Ich war jetzt auch schon länger nicht mehr mehr da, aber ich sage immer, das ist nicht mehr unser Hamburg, wie wir es kennengelernt haben.

NZ: War das dann auch der Faktor, dass Sie Hamburg wieder verlassen haben und zurück in die Heimat gezogen sind?

Volkert: Nein, das hat keinen Ausschlag gegeben. Das war dann für mich ausgereizt, auch vom Sportlichen her. Und irgendwo - das kannst du nicht erklären - war das hier innen drin, im Körper: Die Heimat ruft. Ich sage immer, der Kreis schließt sich letzten Endes. Wenn du rausgehst, gehst du weg, irgendwo ist die Station und das und jenes, und dann zieht´s dich wieder heim. Bis zum Düsseldorf-Spiel war ich in dieser Saison aufgrund meiner Krankheitsgeschichte nicht bei einem Spiel. Das ist mir auch nicht empfohlen worden von den Ärzten, weil dort zu viel Stress auf einen Menschen einwirkt und du das dort ja auch nicht steuern kannst. Du weißt nicht, was geht rein, und was bleibt. Dem muss man sich nicht aussetzen, aber so nach einem Jahr dann, wenn die Werte vom Herzen und allem anderen stimmen - ist alles wieder okay. Dann tritt bestimmt die nächste Phase ein, wo sich das alles ein bisschen stabilisiert und das Herz sich noch mehr erholt.

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