Mieser Playoff-Start: Übliche Mechanismen bei den Ice Tigers

15.3.2018, 16:04 Uhr
Elfmal sind die Ice Tigers bereits nach oftmals sehr vielversprechenden Punkterunden im Viertelfinale gescheitert - das soll sich in diesem Jahr keinesfalls wiederholen.

© Sportfoto Zink / ThHa Elfmal sind die Ice Tigers bereits nach oftmals sehr vielversprechenden Punkterunden im Viertelfinale gescheitert - das soll sich in diesem Jahr keinesfalls wiederholen.

Der frühe Rückstand war noch der Übermotivation geschuldet, das 1:2 kurz vor dem Ende des ersten Drittels war Zufall. Eine Richtungsänderung kann Niklas Treutle verkraften, zwei wären selbst für Weltklassetorhüter zu viel. Endgültig zu einem typischen Nürnberger Playoff-Drama wurde dieses erste Viertelfinalspiel zwischen den Ice Tigers und den Haien aus Köln nachdem Dane Fox den Puck über das leere Tor gelöffelt hatte. Den Gästen gelang danach alles, den Gastgebern nichts. Es folgten: Kollektive Empörung nach einigen kaum nachvollziehbaren Schiedsrichterentscheidungen, Frustfouls, verkrampfte Einzelaktionen, ein letzter Kölner Treffer ins leere Tor und der kategorische Abgesang auf diesen Jahrgang in den Kommentarspalten.

Ein seltsamer Abend

Rob Wilson will von der Vergangenheit nichts wissen. Es interessiert ihn nicht, wie oft die Ice Tigers schon im Viertelfinale gescheitert sind. Den Cheftrainer interessiert nur die Gegenwart und das zweite Spiel in Köln am Donnerstagabend. Und natürlich hat ihm "der Einsatz" seiner Mannschaft bei diesem 1:4 zum Auftakt der Playoff-Serie gefallen. "Die meiste Zeit des Spiels waren wir besser", stellte Wilson fest. Niemals würde ein nordamerikanischer Coach nach einer ordentlichen Saison und einem misslungen ersten Playoff-Spiel in der Öffentlichkeit explizit Kritik üben. Benoit Laporte hatte das nicht gemacht, als die Ice Tigers 2007 die ersten beiden Viertelfinalspiele gegen Hannover verloren hatten (Nürnberg kam damals ins Finale). Und auch Wilson hatte das nicht gemacht, nach einem 0:4 in Iserlohn vor zwei Jahren. "Es ist nichts passiert", pflegen Eishockey-Trainer nach dem ersten von maximal sieben Spielen zu sagen, obwohl es auch weiterhin nicht stimmt. 

Köln braucht nur noch drei Siege, um sich für das Halbfinale zu qualifizieren, Nürnberg weiterhin vier. Natürlich ist etwas passiert an diesem seltsamen Abend, an dem es vielen der 6343 Zuschauer in der Arena sichtlich und hörbar schwerfiel, die Vergangenheit nicht auf diesen Jahrgang zu projizieren. Elfmal sind die Ice Tigers nach oftmals sehr vielversprechenden Punkterunden im Viertelfinale gescheitert, nicht selten mit stolzen, vermeintlich selbstbewussten und routinierten Mannschaften. Stolz und routiniert ist auch diese Mannschaft. Doch nachdem Fox die Chance vergeben hatte, Sebastian Uvira ein Geschenk zum 1:3 nutzte und damit das Spiel bereits in der 30. Minute entschied, reagierten in harten NHL-Schlachten geprägte Profis wie David Steckel oder John Mitchell mit Frustfouls, andere wie Patrick Reimer oder Philippe Dupuis verkrampften mit jeder weiteren missglückten Offensivbemühung. Und Wilson musste feststellen, dass er von Peter Draisaitl mit den eigenen Mitteln besiegt wurde. 


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"Wir haben das lange Zeit sehr gut gemacht, sind immer wieder dorthin gezogen, wo es wehtut", sagte der Anglo-Kanadier. "Aber nach dem 1:3 haben sie das gemacht, wie wir das normalerweise machen. Wir haben sie gejagt und sie haben immer hinter dem Puck gespielt. Das haben sie sehr gut gemacht." Die Haie haben die Ice Tigers bis zur blauen Linie kommen lassen und sich kompakt vor ihren dazu noch herausragenden Torhüter Gustaf Wesslau zurückgezogen, wenn es den Nürnbergern doch einmal gelungen ist, den Puck kontrolliert ins Kölner Drittel zu tragen. "Wir haben gar nicht so viele Chancen zugelassen", stellte Moritz Müller, einer von sechs Silbermedaillengewinner von Pyeongchang auf dem Eis, beinahe überrascht fest. Wilson verwies auf die eindeutige Schussbilanz von 37:23, dabei kann ihm nicht entgangen sein, wie viele dieser Schüsse nach dem starken ersten Drittel kontrolliert herausgespielt worden waren. 

Im Nachhinein dürften die Ice Tigers der KölnArena sogar dankbar gewesen sein, dass sie für den Freitagabend den Hundetherapeuten Martin Rütter eingeladen hatte. So konnten sie zu Hause schlafen und die ernüchterte Playoff-Stadt am frühen Morgen verlassen. Dreieinhalb Stunden im Zug, ein Mittagsschläfchen in Köln, ein Team-Meeting - "und dann gehen wir wieder an die Arbeit", stellte Wilson fest. Auch er mag den Zeitplan. Wahrscheinlich weil er auch ihm nur wenig Zeit gab, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. 

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