"Mike Büskens hat sich in Fürth unsterblich gemacht"

18.4.2012, 07:52 Uhr

© Sportfoto Zink

Mirko Reichel saß daheim in Neustadt/Aisch vorm Fernseher. Und als in Dresden der Schlusspfiff ertönte, nahm der Co-Trainer der Spielvereinigung Greuther Fürth erst mal seine Tochter in den Arm. Kein Bier, kein Sekt, kein lautstarker Jubel. Später wird er erklären: „Ich hatte einfach nicht damit gerechnet, dass es jetzt schon passiert.“

Dann setzte sich Reichel ins Auto und fuhr rund 30 Kilometer nach Fürth, in die Gustavstraße. Sein Chef hatte einen noch viel weiteren Weg bis zum Epizentrum der Aufstiegseuphorie. Mike Büskens war ja nach Dresden gefahren. 

15 Jahre haben der Verein, seine Anhänger und die ganze Stadt auf diesen Moment gewartet. Und als er endlich da war, fehlten merkwürdigerweise nicht nur der Präsident, der in Frankfurt bei einer Sitzung der Deutschen Fußball-Liga festsaß, sondern auch der Aufstiegstrainer. 

Auf dem Höhepunkt der Sause, kurz nach Mitternacht, zückte Kleeblatt-Profi Stephan Schröck auf einem Tisch stehend sein Smartphone, wählte eine Nummer und reckte das daraufhin auf dem Display erscheinende Foto des Angerufenen der Menschenmenge in der Kneipenmeile Gustavstraße entgegen. Der Mann wurde sofort erkannt: „Es gibt nur einen Mike Büskens“, schmetterte die entzückte Fan-Gemeinde. Zu diesem Zeitpunkt hatten Anhänger der Spielvereinigung die benachbarte Obere Fischerstraße per mitgebrachtem Ersatzschild längst in „Mike-Büskens-Allee“ umbenannt. 

Irgendwann traf er zusammen mit Manager Rachid Azzouzi dann doch noch ein, der Mann, der das Kleeblatt in die Bundesliga gehievt hatte. Wie schon nach dem Sieg im Frankenderby im Dezember, dirigierte Büskens zu vorgerückter Stunde den Chor der Anhänger. Nicht nur Jens Meißner, ein gebürtiger Dresdner, den vor Jahren ein Kumpel mit dem Kleeblatt-Virus infizierte, ist von dem 44-jährigen Fußballlehrer begeistert: „Der ist so volksnah.“

„Das war das letzte Mal“

Für Vereinspräsident Helmut Hack hat sich Büskens in Fürth „unsterblich gemacht“. Minutenlang schwärmt Hack am Telefon von „der Kraft und dem Vertrauen in die eigene Stärke, wie ich es noch nie bei einem Menschen erlebt habe. Das hat sich auf die Mannschaft und das ganze Umfeld übertragen“. 

Tatsächlich ging in der jüngeren Vereinsgeschichte noch keine Mannschaft so selbstbewusst ans Werk wie die der Saison 2011/2012. Die bittere Auftaktniederlage, als die Fürther vor eigenem Publikum ausgerechnet gegen den Mitfavoriten Eintracht Frankfurt unterlagen (2:3), konnte die Büskens-Elf ebenso wenig stoppen wie der Rückschlag von Dresden (1:3). Als das Kleeblatt zu Beginn dieses Jahres ausnahmsweise mit einer wirklich schlechten Leistung aufwartete, schienen sich die bekannten Unkenrufe zu bewahrheiten, nach denen gegen Ende immer die anderen feiern. „Das war das letzte Mal, dass das im Ronhof passiert“, hatte Büskens versprochen, nachdem vor zwei Jahren der FC St. Pauli in Fürth die Rückkehr in die Bundesliga perfekt gemacht hatte. Er sollte Recht behalten. 

Nun steht Büskens im Zentrum der Ovationen, aber man kann nur ahnen, dass er diese auch mit Genuss entgegennimmt. Der volksnahe Trainer hat nämlich auch eine andere, verschlossene Seite. Gegenüber Journalisten wirkt er sogar häufig regelrecht misstrauisch, als ob ihm schon einmal großes Unrecht widerfahren wäre. „Ich weiß, wie schnell das im Fußball in die andere Richtung geht“, sagte er gestern, bevor er seine Spieler am frühen Nachmittag zu einer ausnüchternden Trainingseinheit bat. 

Zu Büskens‘ Vita gehört auch, dass er vor sieben Jahren in akuter Lebensgefahr schwebte. Wie es heißt, hatten ihn die Ärzte infolge einer Blutvergiftung bereits aufgegeben. Der verheiratete Vater zweier Töchter kam dennoch durch und betont des Öfteren, wie wichtig ihm seine Familie sei, die nach wie vor in Gelsenkirchen lebt. Außerdem kokettiert Büskens auch gerne damit, dass er nicht unbedingt Trainer sein müsse, um glücklich zu sein.

„Wie Topf und Deckel“

Während bei den meisten Fürther Spielern Klarheit darüber herrscht, ob sie gehen oder bleiben, ist das beim Trainer nicht der Fall. Obwohl er in der Bundesliga die Früchte seiner Arbeit ernten könnte, hält sich Büskens wie schon im Vorjahr hinsichtlich seiner Zukunftsplanung bedeckt. Frühestens nächste Woche will er überhaupt mit dem Verein darüber reden. An lukrativen Alternativangeboten dürfte es nicht mangeln. 

Zumindest sein Co-Trainer ist zuversichtlich, dass Büskens bleibt. „Wir haben sofort zusammengepasst wie Topf und Deckel“, sagt Mirko Reichel. „Ich weiß, dass er sich hier sauwohl fühlt und ich kann mir nicht vorstellen, warum er gerade jetzt gehen sollte. Er hat die ganze Region emotional gepackt.“

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