Nach Playoff-K.o.: Die Ice Tigers brauchen eine Idee

25.3.2019, 14:56 Uhr
Für Niklas Treutle ging eine enttäuschende Saison zu Ende.

© Sportfoto Zink / ThHa Für Niklas Treutle ging eine enttäuschende Saison zu Ende.

Es wurde geweint. Von allen. Soeben hatte sich ein Spieler verabschiedet, der zu groß für den Klub war. Weil er das niemanden hatte spüren lassen, geriet der letzte öffentliche Auftritt von Steven Reinprecht als Mitglied der Thomas Sabo Ice Tigers besonders emotional. Und trotzdem war die Abschlussfeier nach dem wenigstens unglücklichen Halbfinal-Aus gegen Berlin keine Trauerfeier. Reinprecht war weg. Aber Wilson blieb, Ehliz blieb, Pföderl blieb. Dazu kamen Brandon Buck und mit Will Acton ein Ausnahmespieler, von dem die ganze DEL dachte, dass er Steven Reinprecht würde ersetzen können. Champions League, Spengler Cup, die neue Saison verhieß Aufregung und Erfolg.

Ein Jahr später weiß man es besser. Yasin Ehliz ging. Leo Pföderl geht. Vor allem aber Rob Wilsons Entscheidung, in die Heimat zurückzukehren, hat die Ice Tigers verändert. Buck und Acton hatte er haben wollen, gerade in dem Selbstbewusstsein, auch mit vermeintlich schwierigen Charakteren arbeiten zu können. Sein Nachfolger erwies sich allerdings selbst als schwieriger Charakter. Kevin Gaudet als Trainer zu holen war ebenso ein Fehler wie Sportdirektor Martin Jiranek diesen Fehler selbst korrigieren zu lassen.

Nürnberg hatte noch immer eine potenzielle Spitzenmannschaft, die sich selbst ihrer Freundschaft und ihrer Qualitäten versicherte, der es aber an der notwendigen Führung fehlte – bis zu diesem Sonntag in Mannheim, an dem eine Saison sowohl historisch als auch atmosphärisch ihren perfekten Abschluss fand, in der die Ice Tigers viel Hoffnung, Geld und auch viele Sympathien verspielt hatten, die sie sich erst in den Playoffs zurückerkämpften, wenn auch sicherlich nicht vollständig.

Ein zweifelsohne leidenschaftlich arbeitender Jiranek wurde von Profis im Stich gelassen, die dem Klischee des sich vor allem selbst verpflichteten Eishockey-Profis entsprachen. In Nürnberg dachte man, diesem Klischee entkommen zu sein. Ein Irrtum, den Jiranek wird büßen müssen. Noch im Dezember soll ihm angeboten worden sein, seinen Vertrag als überlasteter Sportdirektortrainer zu verlängern.

 

Offensichtlich hat er dieses Angebot abgelehnt. In die Suche eines Nachfolgers für den Trainer Jiranek wurde der Sportdirektor Jiranek nicht mehr eingebunden. Das vor einem Jahr noch undenkbare Ende der Beziehung zwischen Jiranek und den Ice Tigers scheint jetzt, im März 2019, eine realistische Option zu sein.

Die Entwicklung des EHC 80

Dringender noch als einen Trainer brauchen die Ice Tigers eine Idee. Mannheim und München werden die DEL auf unabsehbare Zeit dominieren. Außer Titelkandidat ist dahinter jede Rolle denkbar. Am sympathischsten wäre die eines sympathischen Herausforderers, der zunächst auf junge deutsche Spieler und irgendwann auf Nürnberger Nachwuchs setzt.

Die Aufgabe, junge deutsche Spieler zu finden, hatte Jiranek schon als Sportdirektor vernachlässigt. Immerhin aber der Stammverein EHC 80 hat sich ohne größeres Interesse der Ice Tigers zu einem bemerkenswert agilen Verein entwickelt und nebenbei inzwischen ein erstaunliches Reservoir an Talenten mit DEL-Perspektive.


Blog "Männer, die auf Tiger starren" - Spiel 60: Aus gegen den Meister


Dass die Stadt erkannt hat, dass diese Entwicklung durch den Bau einer weiteren Eishalle gefördert werden muss, ist ein Sieg, der vielleicht wichtiger ist als ein vierter Halbfinaleinzug in Folge. Und auch die Ice Tigers haben mit Geschäftsführer Wolfgang Gastner an der Spitze auch wirtschaftlich erstmals wieder ernsthaft an ihrer Zukunft gearbeitet. Einer Zukunft, in der das Nürnberger Eishockey vielleicht nicht mehr alleine von Thomas Sabo abhängig sein muss.

2019 muss nicht geweint werden um die Ice Tigers. Mit den richtigen Schlüssen aus einer lehrreichen Saison kann 2020 vielleicht schon wieder gelacht werden.

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