Neun Spiele ohne Sieg: Beim Club wird's ungemütlich

17.12.2018, 05:57 Uhr
Auch beim stets bemühten Virgil Misidjan läuft es nicht mehr rund.

Auch beim stets bemühten Virgil Misidjan läuft es nicht mehr rund.

Was man jetzt weiß: In der Halbzeitpause sah man am Freitagabend im Max-Morlock-Stadion "bedröppelte Gesichter". Erzählt hat das einer, der über jeden Zweifel erhaben ist. Bruno Labbadia ist Trainer des VfL Wolfsburg und in dieser Funktion war es ihm geradezu unmöglich, nicht in die bedröppelten Gesichter zu blicken, sie gehörten ja zu seinen Spielern, die sich in ihrer Kabine wunderten, dass sie da in den ersten 45 Minuten erstaunliche Probleme hatten mit dem 1. FC Nürnberg.

Sieben Punkte aus drei Spielen hatte Labbadias VfL zuletzt in der Bundesliga gesammelt, beim Außenseiter aus Nürnberg sollten drei weitere hinzukommen — bloß traf man nun dummerweise auf ausgeprägten Widerstandswillen. Also, fragte Labbadia nach eigener Aussage seine Spieler, ob man nun vielleicht gemeinsam etwas ändern oder ob man die bedröppelten Gesichter bis nach dem Schlusspfiff tragen wolle? Das wollte tatsächlich keiner der Wolfsburger, der VfL steigerte sich im zweiten Durchgang, der Club leistete sich den ein oder anderen Fehler zu viel und so stand es am Ende einer eigentlich ausgeglichenen Partie 2:0 für die Gäste — bedröppelte Gesichter sah man nun nur noch bei den Nürnbergern und ihrem Anhang.

Auch im neunten Spiel in Serie war kein Sieg gelungen und weil am Samstag die Konkurrenz im Tabellenkeller punktete, rutschte Nürnberg erstmals in dieser Saison auf einen Abstiegsplatz. Erwartet hatte man das quer durch die Fußball-Republik eigentlich schon früher, aber weil dem Aufsteiger aus Nürnberg ein ordentlicher Start in die Spielzeit gelungen war und weil im Abstiegskampf eben Abstiegskampf-Mechnismen greifen, ist die Empörung im Umfeld jetzt doch größer geworden als erwartet.

Zwar wurden die Spieler in der Nordkurve noch mit Applaus in den Feierabend verabschiedet, auf der Haupttribüne durfte aber schon einmal ein einsamer Schreihals unwidersprochen die Entlassung des Trainers fordern. Weil der Schreihals aber nicht Andreas Bornemann war, dürfte Michael Köllner ein doch eher entspanntes Wochenende verbracht haben. Der Sportvorstand durfte stattdessen am Sonntag im Frühstücksfernsehen noch einmal in aller Ruhe betonen, dass dem Trainer keinerlei handwerkliche Fehler nachzuweisen sind.

Tatsächlich hatte der Club gegen den VfL für einen Außenseiter ordentlich ausgesehen. "Wir haben viel Aufwand betrieben, ganz, ganz viel Aufwand", sagte deshalb Köllner lobend, als feststand, dass der ganze Aufwand keinen Ertrag eingebracht hatte.

Immer wieder versuchte sich nach der Partie ein Nürnberger in der Übung, die Ruhe zu bewahren — so wie sich während der 90 Minuten Nürnberg immer wieder am Offensivspiel versucht hatte. Neben dem Platz war das Bemühen erfolgreicher als auf dem Platz.

"Wir haben leider im letzten Drittel nicht die Brutalität gehabt", sagte dazu Köllner. Das war nun eine der Parallelen zu anderen Spielen in diesem Fußballjahr. Und das, obwohl Köllner diesmal wieder neues Personal mit der Arbeit im letzten Drittel betraut hatte. Allerdings schafften es auch die in die Mannschaft gerückten Federico Placios, Adam Zrelak und Matheus Pereira nicht, das Spiel nach vorne gewinnbringend zu veredeln.

So blieb es bei zwei halbwegs guten Gelegenheiten, die Adam Zrelak (4.) und Virgil Misidjan (56.) aber ausließen. "So wird es enorm schwer, die Liga zu halten", sagte später Tim Leibold, der sich dann — immerhin nicht schreiend — an einer kurzen Trainerkritik versuchte. Angesprochen auf die wieder einmal neu aufgestellte Mannschaft, sagte Leibold: "Es war zu häufig der Fall, dass wir verschiedene Spieler auf verschiedenen Positionen eingesetzt haben. Da kann kein richtiger Rhythmus entstehen. Natürlich wünscht man sich, einfach mal mit derselben Elf aufzudribbeln."

Leibold denkt nach

Während er das sagte, dachte Leibold nach, kam zu dem Schluss, dass Kritik am Trainer jetzt, da sich alle um Ruhe bemühen, vielleicht nicht die klügste Idee ist und sagte auch über Köllner: "Er hat heute nicht so viel falsch gemacht." So ähnlich sieht das Köllner selbst auch. Tatsächlich hatten seine Wechsel das Offensivspiel bis zu einem gewissen Grad belebt — nur fehlte am Ende auch beim neuen Personal die Qualität, um einen keinesfalls übermächtigen Gegner in Schwierigkeiten zu bringen.

So war am Ende wieder alles so wie fast immer. Der Club kassierte zwei Treffer nach eigenen Standardsituationen, der gegnerische Trainer lobte die Verlierer ("Nürnberg war immer dran an uns."), freute sich aber gleichzeitig über einen "supergeilen Sieg" und Köllner blickte positiv in die Zukunft: "Es gibt bis Jahresende noch sechs Punkte zu holen." Sein Gesichtsausdruck, als er das sagte: bedröppelt.

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