Neuzugang aus der Nische: Palacios brilliert beim FCN

8.2.2018, 11:52 Uhr
Neuzugang aus der Nische: Palacios brilliert  beim FCN

© Sportfoto Zink / WoZi

Der Saisonrekord war ein bisschen untergegangen nach Nürnbergs 4:1-Erfolg über den FC Erzgebirge Aue, aber drei der vier schönen Treffer wären vielleicht gar nicht gefallen ohne die Zubringerdienste von Federico Palacios Martinez. Drei sogenannte Assists in einem Spiel, das war lange keinem Nürnberger Fußballer mehr gelungen, "perfekt vorbereitet", sagte Trainer Michael Köllner, hätte der Neuzugang in seinem zweiten Einsatz für den Club die zwei Tore von Kevin Möhwald und den Treffer von Tobias Werner.

Der Gelobte war damit nicht ganz einverstanden, es sei "schon auch Glück dabei" gewesen, bemerkte Palacios, "und das zweite Tor war nicht ganz so gewollt". Aufgelegt hatte er es für Möhwald, beide haben im Frühjahr 2015 ein paar Monate gemeinsam für den Drittligisten Rot-Weiß Erfurt gespielt, Palacios als Leihgabe aus Leipzig – und beide sind seither ganz unterschiedliche Wege gegangen.

Sechs Monate ohne Praxis

Möhwald wechselte, entdeckt noch von Sportdirektor Martin Bader, im Sommer 2015 nach Nürnberg, wo er zum potenziellen Bundesligaspieler reifte, Palacios traute man zu, diesen Schritt noch schneller zu schaffen, er kehrte zurück in die für ihr aufwändiges Scouting bekannte Leipziger Fußballfabrik. Für die mit Konzerngeldern reich alimentierten Rasenbullen sind derlei Verpflichtungen kein Risiko, ein wenig Spekulation kann man sich dort erlauben.

Seine Lehrzeit verbrachte Palacios im Regionalligateam, in 58 Spielen erzielte er 24 Tore, aber als Leipzig die U23 im Sommer abmeldete, waren seine Perspektiven überschaubar – und landete er in jener Nische, in der Vereine wie der 1. FC Nürnberg mit etwas Kreativität noch fündig werden. Der in Hannover geborene Deutsch-Spanier Federico Palacios Martinez, 22 Jahre alt, ist ein sehr begabter Fußballer geblieben, in Nürnberg will er jetzt die entscheidenden Schritte machen – nach sechs Monaten ohne richtige Spielpraxis.

"Man merkt das schon", sagt Martinez, der nach seinen fulminanten ersten (fast) neunzig Heimspiel-Minuten auffällig und reflektiert bemüht war, die Dinge richtig einzuordnen. "Nach einem halben Jahr fehlt es natürlich noch an Kondition", sagt Palacios, "früh platt" sei er gewesen, wie schon beim 1:0-Erfolg in Berlin, wo er gut eine Stunde durchhielt, gegen Aue waren es schon 88 Minuten – womit Palacios jetzt, tatsächlich, erst sechs Spiele in den Profiligen aufweisen kann, zwei erstklassig für Leipzig, vier im Unterhaus. Einen "jungen Burschen, der jetzt Selbstbewusstsein braucht", nennt Trainer Köllner den Neuen, der als A-Jugendlicher mit dem VfL Wolfsburg die deutsche Meisterschaft gewann, und Selbstbewusstsein, sagt Palacios, habe er im Nürnberger Trikot schon ein wenig gesammelt.

Palacios gehört fest zum Club, jene Winter-Neuzugänge, die aus derselben Nische kommen, sind Leihspieler auf Zeit – von denen Marvin Stefaniak ebenfalls zu bisher zwei Einsätzen kam, nach 34 Zweitligaspielen für Dynamo Dresden. Im vergangenen Sommer zum VfL Wolfsburg gewechselt, wartete er dort vergebens auf seine Erstliga-Premiere, beim Debüt für den Club beim 2:2 gegen Jahn Regensburg war der 23 Jahre alte Stefaniak entscheidend an der Vorbereitung beider Treffer beteiligt – und sah man auch, was ihm noch fehlt.

Kreatives Scouting

"Für unser Spiel kann er extrem wichtig werden", sagt Köllner auch über Stefaniak, beide Offensivkräfte sind Optionen für den Trainer und sollen mithelfen, die mit dem Wechsel von Cedric Teuchert zu Schalke 04 entstandene Lücke zu schließen.

Teuchert hielt nichts mehr beim Club, er fühlte sich wie der zum SC Freiburg gewechselte Defensivspieler Patrick Kammerbauer zu Höherem berufen, die darüber entstandenen Meinungsverschiedenheiten führten zu Trennungen, wie sie Nürnberg noch öfter erleben wird. Selbst ausbilden lassen sich solche Fußballer nicht nach Belieben, neben der Nachwuchspflege bleibt ein kreatives Scouting die wichtigste Aufgabe in Zeiten klammer Kassen, und ein breiterer Kader könnte im ungünstigsten Fall auch helfen, verletzungsbedingte Absenzen zu kompensieren.

Den nach diesen Ideen verpflichteten dritten Neuzugang sah das Publikum bisher nur im Training, obwohl Ulisses Garcia die besten Chancen auf einen Stammplatz eingeräumt wurden. Der in Portugal geborene Verteidiger aus der Schweiz, ausgeliehen von Werder Bremen, blieb bisher Reservist. Was dem 22 Jahre alten Garcia fehlt? "Nichts", sagt Köllner, "er wäre jederzeit bereit", nur ließen die anderen eben nicht nach. Konkurrenz belebt das Geschäft – auch diese Idee gehört dazu.

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