NHTC: Mühsamer Weg zur Selbstständigkeit

16.12.2014, 12:55 Uhr
NHTC: Mühsamer Weg zur Selbstständigkeit

© Foto: Wolfgang Zink

Den Gegentreffer wollte Max Müller nicht einfach so hinnehmen. Zwölf Minuten waren am Sonntagnachmittag zwischen dem Nürnberger HTC und dem Rüsselsheimer RK in der Halle am Berliner Platz gespielt, da durften die Gäste auch ein wenig an der Partie teilhaben. Ein komfortables 3:0 hatten sich die Gastgeber zu diesem Zeitpunkt bereits herausgespielt, völlig kampflos wollten sich die Rüsselsheimer aber auch nicht ihrem Schicksal ergeben, also wagten sie es, auch einen Treffer zu erzielen.

Was Max Müller offenbar nur noch mehr motivierte. Also schnappte sich Nürnbergs erfahrenster Hockey-Mitarbeiter direkt nach dem Wiederanpfiff die Kugel und setzte zu einem Solo durch die Rüsselsheimer Abwehrreihen an. Links und rechts winkten und riefen die Mitspieler, aber die wurden genauso ignoriert wie das Bemühen des Rüsselsheimer Torhüters, der auf Müller zustürmte, um den Treffer doch noch zu verhindern. Müller entschied sich für das einzig wahre Ende eines großartigen Solos und tunnelte den bemitleidenswerten Torwart - 4:1.

Dramatisches Finish

Dass der Gegner so bereitwillig Spalier steht, das passiert auch einem Olympiasieger wie Max Müller eher selten. Meistens stößt er mit seiner Mannschaft auf deutlich mehr Gegenwehr — auch in der zweiten Liga. Im vergangenen Winter mussten die Herren von der Siedlerstraße noch akzeptieren, dass sie nicht nur auf dem Feld, sondern offenbar auch in der Halle nicht mehr in der höchsten Spielklasse mithalten können. In einem dramatischen Finish stiegen sie in der Runde auf dem Kunststoffboden ab, auf dem Kunstrasen gelang ihnen dagegen dann noch die Rettung. Für die zweite Liga ist die Mannschaft von Norbert Wolff aber eigentlich überqualifiziert, selbst wenn Max Müller nur phasenweise aushilft und Christopher Wesley mit der Nationalmannschaft durch die Welt tourt. Sie wollen in dieser Hallensaison natürlich wieder hoch, sie wollen sich im kommenden Winter wieder mit den besten Teams messen, „aber der Aufstieg“, das betont der Trainer, „ist eigentlich nicht das wichtigste Ziel“. Norbert Wolff hat einen anderen Plan.

Einen Plan, für den es wohl die Gelassenheit eines erfahrenen Hockey-Trainers braucht, denn die handelnden Personen, die beim Leistungssport das Wort „Erfolg“ nicht als allererstes in den Mund nehmen, sind rar. Natürlich geht es auch Wolff um Erfolg, allerdings um nachhaltigen. Er will seine Truppe in dieser Hallensaison ein Stück weit selbstständiger machen. „Ich lasse diesmal ohne ein besonderes System spielen“, erklärt Wolff. „Meine Mannschaft soll selber die richtigen Lösungen finden.“ Hallenhockey ist ein bisschen wie Schach, der wenige Platz muss gut genutzt werden, wenn man zu Toren kommen will. Und wie man diesen Platz am besten nutzt, das sollen seine Spieler in der kurzen Hallensaison selbst erkennen. In der Verteidigung spielen sie Mann gegen Mann, in der Offensive sollen sie ihre Kreativität bemühen.

Das Taktikbrett lässt Wolff deshalb nicht daheim. Wenn er die Halle am Berliner Platz betritt, hat er es natürlich unter dem Arm. Manchmal benutzt er es sogar während der Partien und die Auszeiten, die einem Trainer zur Verfügung stehen, um die Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen, die nimmt er schon auch. Ansonsten ist das Team aber oft auf sich allein gestellt, im besten Fall profitieren sie dann auch auf dem Feld davon. Bislang wissen sich die Spieler in dieser Hallenrunde meistens ganz gut zu helfen. Mit 19 von 21 möglichen Punkten stehen sie ungeschlagen auf Platz eins, nach der Weihnachtspause wollen sie den Aufstieg perfekt machen.

Auch ein Alleingang bringt's

Auch Max Müller hält die Anleitung zu mehr Selbstständigkeit für eine gute Idee. „Es bringt nichts zu versuchen, jedes Spiel irgendwie mit Biegen und Brechen zu gewinnen“, sagt er. „Der Trainer kann seine Spieler nicht auf alles vorbereiten, jeder gute Spieler ist irgendwann in der Lage, selbst zu entscheiden, wie er eine Situation am besten löst.“ Manchmal darf es eben auch ein Alleingang sein. Am Ende hatten sie 8:3 gewonnen.

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