"Norisbengel" - für den Club und gegen Vorurteile

25.4.2014, 15:44 Uhr
Markus Bär, Andreas Saller und Daniel Hofmann (von links) vom schwul-lesbischen Fanklub „Norisbengel“ treffen sich regel­mäßig in der Kneipe "Cartoon" – und bangen mit dem abstiegsbedrohten Club.

© NZ Markus Bär, Andreas Saller und Daniel Hofmann (von links) vom schwul-lesbischen Fanklub „Norisbengel“ treffen sich regel­mäßig in der Kneipe "Cartoon" – und bangen mit dem abstiegsbedrohten Club.

Die Debatte um Thomas Hitzlsperger, den ersten schwulen Bundesligaprofi, der sich zu seiner Homosexualität bekannte, wurde Anfang des Jahres intensiv geführt – und verebbte ebenso schnell wieder. Andreas Saller, dem Vorsitzenden der Norisbengel, war der enorme mediale Wirbel um Hitzlsperger zwar auch nicht recht geheuer; aber etwas seltsam findet er es schon, dass das Thema nun, wo wieder der Alltag des Bundesliga-Geschäfts die Schlagzeilen diktiert, kaum mehr eine Rolle spielt.

Die Norisbengel haben jedenfalls ihre Konsequenzen gezogen: Sie präsentieren offen ihre Regenbogenfahne auf Block 10, geben sich als schwule Fans wesentlich deutlicher zu erkennen als früher. „Es geht uns schon darum, Vorurteile abzubauen“, sagt Markus Bär, stellvertretender Vorsitzender des Fanklubs. Bisher jedenfalls hatten sie keine Probleme damit. Oder fast keine. Anfang März, beim Spiel des 1. FC Nürnberg gegen Werder Bremen, habe jemand „Scheiß Schwule“ gerufen, als er die Fahne der Norisbengel erblickte, erzählt Vereinschef Saller. Aber ansonsten würden sie akzeptiert. Die Norisbengel haben sich 2010 gegründet, angeregt durch das Mainzer Vorbild, die „Meenzelmänner“. Inzwischen gibt es 21 Mitglieder.

Saller und seine Mitstreiter hoffen, durch ihr Engagement auch ein Zeichen setzen zu können: „Wir wollen zeigen, dass wir Fans wie alle anderen auch sind, nicht komisch und nichts Besonderes.“ Ein Vereinslokal haben Saller und Co. auch – sie sitzen regelmäßig in der Szene-Kneipe „Cartoon“ zusammen. Über das erwähnte Coming-out von Hitzlsperger im Januar haben sich die Norisbengel gefreut. Zumal es auch noch ein Nationalspieler und früherer Teilnehmer von Welt- und Europameisterschaften war, der den ersten Schritt machte.

Fanklub-Mitglied Daniel Hofmann verweist auf das Vorurteil, wonach Homosexuelle zu weich seien, um im Profifußball zu bestehen: „Deswegen fand ich es gut, dass es ausgerechnet Hitzlsperger war, der sich dazu bekannt hat.“ Denn der „Hammer“, wie man ihn nannte, galt immer als robuster Spieler mit einem satten Schuss, der sich auch in der harten englischen Profiliga durchsetzte. Aber es gibt natürlich einen Haken an der Sache: Hitzlsperger hat seine Laufbahn 2013 beendet. „Es ist schon problematisch, dass sich kein Aktiver traut“, meint Bär. Die Fankurven, denkt Saller, wären gar nicht so das Problem, sie würden das akzeptieren und einen solchen Spieler nicht zur Zielscheibe ihrer Aggressionen machen. Das Problem, meinen die Freunde, liege wohl eher auf der Ebene der Vereine, die keine Unruhe wollten.

Die Norisbengel jedenfalls werden versuchen, weiter auf das Thema aufmerksam zu machen – beim 1:4 gegen Bayer Leverkusen, der Abschiedsvorstellung von Trainer Gertjan Verbeek, hing erstmals ein großes Banner des ersten schwul-lesbischen Fanklubs an der Stadionbande. Gefreut haben sich Saller, Hofmann und Bär über die Aktion der Fangruppierung „Ultras 94“, die in Kooperation mit dem Verein den Kampf des Clubs um den Ligaverbleib unter das Motto „Ich bereue diese Liebe nicht!“ stellten. Ein Motto, das für die Norisbengel in doppelter Hinsicht passe, findet Hofmann. Übrigens, sagen die drei, sei es freilich keine Voraussetzung, schwul oder lesbisch zu sein, um Mitglied bei ihrem Fanklub zu werden. Auch Heteros seien herzlich willkommen. „Aber Club-Fans sollten sie schon sein“, sagen die Bengel schmunzelnd.

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