Norisring: Wo der hektische Rennzirkus keinen Zutritt hat

27.6.2016, 15:28 Uhr
Norisring: Wo der hektische Rennzirkus keinen Zutritt hat

Es ist laut am Norisring, hektisch, und alles dreht sich um die 24 DTM-Fahrer. Jeder will was von ihnen: Autogramm, Selfie, Interview. Überall klicken Kameras, klopfen Fans ihren Idolen auf die Schulter, fiepen Handys, die neue Termine ankündigen. Konzentration? Fast unmöglich. Also raus aus dem Trubel und rein in den Truck. Tür zu, durchatmen. Ruhe.

"So einen Rückzugsort brauchst du", sagt Maximilian Götz. "Wo man ungestört abhängen kann, ohne dass dauernd jemand reinplatzt." Der 30-jährige Mercedes-Werksfahrer ist in Nürnberg sehr gefragt, schließlich stammt er aus dem unterfränkischen Uffenheim, lebt in Würzburg und darf sich als "Lokalmatador" bezeichnen. Er liebt den Dialog mit den Fans, ist gewandt im Umgang mit Medienvertretern, und trotzdem ist auch er froh, wenn er mal abschalten kann.

An seinem silberglänzenden Mercedes-Lkw tippt Götz einen Zugangscode ein und öffnet die Tür. Drinnen herrscht angenehme Kühle, der Blick fällt auf eine Wand aus Stahlschubladen, alle sorgsam beschriftet. Hier lagern die Mechaniker des Mercedes-AMG-Teams Werkzeug und Ersatzteile: Schrauben, Keilriemen, Getriebeteile und und und.

Maximilian Götz schätzt den Rückzugsort im Mercedes-Lkw, den er sich mit seinem Teamkollegen teilt.

Maximilian Götz schätzt den Rückzugsort im Mercedes-Lkw, den er sich mit seinem Teamkollegen teilt.

Ein paar Stufen führen hinauf in den durch eine Glasschiebetür abgetrennten Bereich von Götz und seinem Teamkollegen bei HWA, Paul Di Resta. Dort gibt es eine bequeme Eckbank, einen Kühlschrank mit Getränken, einen Fernseher – und ein Fenster. "Das ist unser privater Bereich, wo man auch mal Schuhe und Overall ins Eck schmeißt, wenn’s im Rennen nicht so gut gelaufen ist", sagt Götz.

Wenn der Teamkollege Frust schiebt, ist Fingerspitzengefühl gefragt. "Man hält am besten erst mal den Mund", sagt Götz und nennt einen weiteren Reibungspunkt: "Es gibt Fahrer, die sind sehr unordentlich. Mit denen ein Zimmerchen zu teilen, ist nicht so lustig. Aber Paul ist recht ordentlich. Da hab ich Glück", sagt er und grinst. "Und er mit mir."

In einem mit Namen versehenen Spind werden die Wechselklamotten der Fahrer aufbewahrt, die nach jedem Einsatz frische feuerfeste Unterwäsche benötigen – bis zu acht Garnituren pro Rennwochenende. "Unsere Unterwäsche ist in Mint eingelegt, das kühlt, wenn Schweiß draufkommt", nennt Götz eine Innovation, die gerade am heißen Norisring Gold wert ist. Auch einen Helmkühler gibt es, der den feucht-warmen Kopfschutz mittels Gebläse schnell wieder einsatzbereit macht.


Hier können Sie das Nürnberger Rennwochenende vom Norisring in unserem Ticker noch einmal nachlesen!


Im Schrank, in dem Familienfotos hängen, hat Götz "ein bisschen Deo" und weitere persönliche Sachen deponiert: "Ich habe Glücksbringer dabei von meiner Freundin, meinem Bruder, Familie und Freunden, Armbänder und einen Ring." An einer Halskette trägt er eine Batman-Figur und ein Go Kart: "Meine Maskottchen."

Eher spartanisch ausgestattet ist der fensterlose Truck des BMW Teams RMG, für das Marco Wittmann und Timo Glock fahren. Jeder Pilot hat ein Sofa und eine zwei Meter hohe Box für die Kleidung, die den Bereich vor neugierigen Blicken abschirmt. Die beiden Piloten kennen sich lange und gut, ihr "Zusammenleben" im Truck funktioniert problemlos. "Hier drin können wir uns umziehen, hinlegen, vorbereiten", sagt Wittmann. "Es ist einfach ein kleiner Rückzugsort." Auf einem kleinen Fernseher laufen die Rahmenserien. "So kann man immer sehen, wie die Bedingungen draußen auf der Strecke sind, zum Beispiel, wenn sich plötzlich das Wetter ändert", erklärt Wittmann.

Ebenfalls unspektakulär sieht es im Truck der beiden Norisring-Sieger Nico Müller und Edoardo Mortara vom Audi Team Abt aus. Zwei Liegen stehen sich gegenüber, an der Stirnseite gibt es eine kleine Ablage mit Fernseher und Kühlschrank. "Das reicht vollkommen", sagt Müller. "Wir sind sowieso kaum hier. Morgens um halb acht deponieren wir unser Zeug und ziehen uns um, dann haben wir Meetings, Pressetermine und sitzen im Auto." Besonders am Norisring ist der Truck für die Fahrer wenig attraktiv, sagt Müller: "Wir essen am liebsten in unserer Hospitality. Die ist am Dutzendteich aufgebaut, und dort ist es einfach wunderschön."

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