Nürnberger Basketballer Doreth setzt Zeichen gegen Rechts

19.9.2018, 11:36 Uhr
"Ich dachte mir, dass es das richtige Umfeld ist, um so eine Aktion zu starten": Bastian Doreth und Deutschlands beste Basketballer stellen sich klar gegen Rechtspopulismus.

© Daniel Reinhardt/dpa "Ich dachte mir, dass es das richtige Umfeld ist, um so eine Aktion zu starten": Bastian Doreth und Deutschlands beste Basketballer stellen sich klar gegen Rechtspopulismus.

NN: Herr Doreth, wie viel Hass ist Ihnen entgegengeschlagen, nachdem Sie sich öffentlich gegen Hass positioniert haben?

Bastian Doreth: Aus dem näheren Umfeld habe ich Hundert Prozent Unterstützung erfahren, alles andere hätte mich auch gewundert. Was das Internet angeht, habe ich bislang keine Kommentare gelesen, aber natürlich ist mir klar, dass es nicht allen gefällt.

NN: Sie sind normalerweise sehr aktiv in den sogenannten sozialen Netzwerken, haben Sie die bewusst gemieden?

Doreth: Ich habe bislang noch keine Zeit gehabt, aber ehrlich gesagt, will ich mich auch nicht mit etwas beschäftigen, das mir schlechte Laune macht.

NN: In letzter Zeit haben Sie das aber offenbar doch etwas häufiger getan. Was war der konkrete Anlass, die Mitspieler in der Nationalmannschaft zu einem gemeinsamen Statement zu bewegen und sich der Kampagne "Wir sind mehr" anzuschließen?

Doreth: Die Situation in Chemnitz in den vergangenen Wochen. Wobei das nur die Spitze des Eisberges war, denn seitdem die Flüchtlingsthematik immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, gibt es ja die verschiedensten Positionierungen zu dem Thema. Und da die Nationalmannschaft Strahlkraft besitzt, vor allem für junge Leute einen Vorbildcharakter hat und wir einige Spieler mit Migrationshintergrund haben, dachte ich mir, dass es das richtige Umfeld ist, um so eine Aktion zu starten.

NN: Hat es große Überzeugungskunst gebraucht?

Doreth: Null. Bei den Spielern sowieso nicht, was aber sehr erfreulich war, dass auch die Trainer und der Verband positiv angetan waren.

NN: Die Mutter von Dennis Schröder stammt aus Gambia, es gibt Spieler mit türkischen Wurzeln, spielen die kulturelle Unterschiede eine Rolle?

Doreth: Eigentlich nicht, weil jeder bei uns im Team gleichgestellt ist. Natürlich prägen die verschiedenen Einflüsse die Mannschaft, aber das ist beim Basketball ja schon lange nichts Ungewöhnliches. Und wenn man sieht, dass gegen bestimmte Gruppen gehetzt wird und fremdenfeindliche Aussagen getroffen werden, dann sollte man sich positionieren. Erst recht, wenn man selbst betroffen ist.

NN: Der Vater Ihrer Frau stammt aus Guinea, sie ist dunkelhäutig, sind Sie dadurch selbst schon mit Rassismus konfrontiert worden?

Doreth: Ich weiß, dass meine Frau Probleme hatte und in gewissen Situationen Rassismus gespürt hat. Persönlich habe ich zusammen mit ihr noch nichts erlebt, aber ich glaube, dass das oft nur eine Frage ist, ob man zur falschen Zeit am falschen Ort ist.

NN: Bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft hat man es nach dem Wirbel um Mesut Özil bis heute nicht geschafft, ein gemeinsames Zeichen gegen Ausgrenzung zu setzen.

Doreth: Es ist eine Frage, wie sicher sich die Leute sind, gemeinsam ein Statement setzen zu können. Mir war ganz wichtig, dass uns der Verband unterstützt und der Verband wiederum hat sich sehr darüber gefreut, dass die Aktion von den Spielern kam und nicht von irgendeiner Marketingagentur oder der Presseabteilung. Das macht die Aktion noch besonderer.

NN: Jetzt sind Sie selbst großer Fußball-Fan. Sind Sie enttäuscht, dass von den deutlich prominenteren Kollegen relativ wenig kommt?

Doreth: Man darf das nicht verallgemeinern. In Dortmund sind die Spieler am Wochenende zum Beispiel mit dem Slogan "Borussia verbindet" aufgelaufen. Und was heißt enttäuscht? Ich bin schon der Meinung, dass man eine Verantwortung hat. In den USA wird ja gerade diskutiert, ob Sportler überhaupt berechtigt sind, politische Meinungen nach außen zu tragen. Ich finde, wir sind es. Wir sind auch Bürger und es herrscht Meinungsfreiheit. Aber ich kann auch verstehen, wenn andere Sportler davor Angst oder Respekt haben, denn es kommt natürlich Gegenwind. Aber wenn man hinter der Sache steht, dann lohnt sich der Mehraufwand.

NN: Der Basketball wurde in den USA erfunden, hat also in Europa von Grund auf sozusagen einen Migrationshintergrund. Spielt das eine Rolle im Umgang miteinander?

Doreth: Na ja, inzwischen sind ja auch beim Fußball viel mehr Nationen vertreten. Ich glaube, innerhalb des Sports gibt es nahezu kein Rassismusproblem, dafür lebt der Sport Werte vor, die das gar nicht zulassen. Basketball hat afroamerikanische Wurzeln, das trägt natürlich dazu bei, dass es Normalität ist, mit schwarzen Spielern zusammenzuspielen, schwarze Spieler als Vorbilder zu haben oder auch Spieler vom Balkan. Der Austausch gehört dazu, wer damit nicht zurechtkommt, ist hier falsch.

NN: Dass Dennis Schröder oder Ismet Akpinar die Nationalhymne nicht mitsingen, ist im Basketball noch nie thematisiert worden.

Doreth: Nein, auch nicht innerhalb der Mannschaft. Wenn jemand nicht mitsingen möchte, dann ist das sein gutes Recht und es denkt niemand, dass er deshalb mit weniger Herzblut dabei ist. Die jeweiligen Gründe interessieren mich auch nicht.

NN: Aus ästhetischen Gründen ist es ja auch manchmal besser, wenn nicht alle mitsingen.

Doreth: Für mich war es immer ein Kindheitstraum, die Flagge zu sehen und die Nationalhymne zu singen und deswegen bin ich leidenschaftlich dabei. Würde man aber nur mich hören, würde ich es wohl sein lassen, weil sonst alle die Halle verlassen.

NN: Was entgegnen Sie den Menschen, die sagen: Profi-Sportler haben doch keine Ahnung, welche Sorgen die "gewöhnlichen" Leute umtreiben?

Doreth: Da machen sich es die Leute ein bisschen zu einfach. Gerade im Basketball haben sich viele Spieler von ganz unten nach oben gekämpft und sind trotzdem nah an ihren Wurzeln. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie und wohne immer noch in der Südstadt, also mitten im Leben.

NN: Bald stehen die Landtagswahlen an. Laut Umfragen wird die Partei, die Schulter an Schulter mit Nazis durch Chemnitz marschiert ist, deutlich zulegen. Macht Ihnen das Angst?

Doreth: Ja sicherlich. Das ist eine Entwicklung, die man respektieren sollte, denn diese Leute werden von unseren Mitmenschen gewählt. Da muss man sich fragen, woher das kommt, denn einfach so schließt man sich ja nicht so einer Partei wie der AfD an.

NN: Warum empfinden Sie die AfD als problematisch?

Doreth: Sie treten mit zwei Gesichtern auf. Sie treffen immer wieder rechte Aussagen, werden sie dann damit konfrontiert, versuchen sie das ganze zu verharmlosen. Das ist eine Scheinheiligkeit, um sich nicht völlig fremdenfeindlich zu positionieren, aber wenn man näher hinguckt, weiß man, dass es so ist.

NN: Haben Sie keine Angst, dass Sie durch Ihre Initiative Fans verlieren?

Doreth: Nein. Ich hoffe, dass die Fans, die in Bayreuth in die Halle kommen oder mich gut finden, ohnehin die gleichen Werte vertreten. Und wenn wir nicht auf gleicher Wellenlänge liegen, dann ist es mir um die auch nicht schade. Und wenn wir dadurch zwei Fans verlieren, dann zahle ich die fehlenden Ticketeinnahmen gerne aus meiner eigenen Tasche.

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