Ohne die Hilfe der Familie geht beim Triathlon nichts

9.7.2012, 09:58 Uhr
Am Streckenrand wird beim Challenge Roth nicht nur gejubelt, sondern auch fleißig geholfen.

© dpa Am Streckenrand wird beim Challenge Roth nicht nur gejubelt, sondern auch fleißig geholfen.

Zwischen diesen beiden Küssen liegt das Auf und Ab eines ganzen Triathlon-Tages. Voller Vorfreude sind Michael Hofmann und seine Lebensgefährtin Nury Vogel am Morgen, als sie sich im Startbereich des Challenge Roth zum Abschied küssen. Er macht sich danach auf zum Schwimmen im Main-Donau-Kanal, sie eilt zu ihrem Helfer-Posten am Streckenrand. Ein bisschen Trost, ein bisschen Bedauern, aber auch viel Stolz legt Nury in den Kuss, den sie Michi knapp zehn Stunden später beim Wiedersehen im Ziel gibt.

3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer Laufen – das ist hart. Für die Wettkämpfer, aber auch für ihre Angehörigen, die um drei Uhr früh mit aufstehen, ab sechs Uhr am Streckenrand mitleiden, ihre Stimmkraft fürs Anfeuern aufbrauchen, sich die Ellbogen beim Ratschen-Schwingen ruinieren und in passenden Momenten Getränke und Kohlehydrat-Gels beschaffen. Und die, wenn sie aus dem Ausland anreisen, ihren Jahresurlaub der Betreuung opfern.

Immer wieder nervös

„Das ist schon unser 15. Langstrecken-Triathlon“, erklärt Shannon Kemp, die aus Kanada kommt und am Fuß des Solarer-Berges für ihre Tochter und ihren Schwiegersohn schreit. „Und ich bin jedes Mal wieder nervös.“ Ihr erstes Mal erlebt dagegen Gerda Bartsch aus Schwand. „Ich bin richtig aufgeregt“, sagt sie kurz bevor sich ihre Tochter Katja am Schwimmstart in den Neoprenanzug zwängt. Dabei ist die 55-Jährige wettkampferfahren, hat selbst mit ihrem Mann Konrad schon oft an Rad-Trophys teilgenommen und läuft Marathon. Aber dabei zuschauen, wie sich die 28-jährige Tochter ins Abenteuer Langstrecken-Triathlon stürzt, ist etwas anderes. Ihr 57-jähriger Mann wirkt ruhiger, aber besorgt. „Hoffentlich holt sich Katja beim Radfahren keinen Platten“, sagt er. Sebastian Bartsch, Katjas Mann, gibt sich dagegen ganz abgeklärt. „Ich weiß, was sie kann“, sagt der 27-Jährige. „Katja hat einen Dieselmotor. Der ist unkaputtbar.“



Gemeinsam geht’s für die drei erst zum Schwimmstart und dann zur Radstrecke. Danach teilen sie sich auf. Konrad Bartsch radelt nach Schwand, einem der Wendepunkte der Marathonstrecke. Seine Aufgabe: Die Tochter mit Cola, Wasser und Gel zu versorgen. Seine Frau und sein Schwiegersohn dagegen erwarten die Athletin bereits am zweiten Laufkilometer und versuchen, sie möglichst die ganze Strecke über zu begleiten.

Katjas Dieselmotor funktioniert zuverlässig. „Sie ist lächelnd aufs Rad gestiegen“, sagt ihr Ehemann nach dem Schwimmen. „Sie ist wirklich gut drauf“, analysiert er das Radrennen. „Das Laufen geht prima“, meldet er von der Marathonstrecke. Dabei ist die letzte Disziplin die riskanteste für die Sportstudentin, die in Wolkersdorf lebt. In den Wochen vor dem Wettkampf hat ihr Knie immer wieder gezwickt. Heute sieht es nicht danach aus. Der Tag wird auch für ihre Familie zum Feiertag.



Die Miene von Nury Vogel wird dagegen ernster. Dabei ist sie gar nicht so nah dran an ihrem Lebensgefährten: Sie und ihre Söhne Fabian und Oliver sind als Helfer in die Wettkampf-Organisation eingebunden. Nury schwimmt außerdem noch in einer Staffel. Aber die drei versuchen, so viele Informationen wie möglich darüber zu ergattern, wie es Michael Hofmann geht. Schließlich will der 31-jährige Feuerwehrmann den Titel als Firefighter-Weltmeister verteidigen.

Zehrender Wind

Doch der 13-jährige Fabian, der in der Wechselzone zwischen Radfahren und Laufen die Kleiderbeutel ordnet, erfährt kurz vor halb zwölf Uhr per Handy: „Michi hatte einen Platten. Das hat ihn fünf Minuten gekostet. Dabei war er vorher so gut.“ Sein 15-jähriger Bruder Oliver hält den Athleten auf der Laufstrecke wassergetränkte Schwämme zur Erfrischung hin. Auch Hofmann greift danach – und lächelt. Richtig gut geht es ihm allerdings nicht. Der Gegenwind auf der Radstrecke hat Kraft gekostet.



Nury Vogel verschlägt ihr Helferjob ab Nachmittag ins Ziel. „Jetzt heißt es nur noch warten“, sagt sie, nachdem die schnellsten Männer angekommen sind, mit Blick auf ihren Lebensgefährten. Der erreicht das Ziel nach 9:10:04 Stunden – später, als erhofft. Und sehr erschöpft. Immerhin: Seinen Titel hat er verteidigt. Nury stützt und küsst ihn kurz – dann arbeitet sie weiter.

Beatrice, mit zwölf Jahren die Jüngste der Familie, beobachtet den Zieleinlauf von der Tribüne aus. Sie hatte den Tag mit der Oma verbracht. Die Analyse der Zwölfjährigen, die schon Schülertriathon-Erfahrung gesammelt hat: „Letztes Jahr war Michi besser. Aber diesmal war er auch gut. Ich bin stolz auf ihn.“

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