Radball: Die Weltmeister hörten den Weckruf

28.11.2017, 13:28 Uhr
Radball: Die Weltmeister hörten den Weckruf

© Foto: Robert Mlady

STEIN — Natürlich sind Bernd und Gerhard Mlady mit dem Ziel nach Dornbirn gefahren, Weltmeister zu werden. Bernd hatte doch bereits nach Bronze vor Jahresfrist beim WM-Debüt in Stuttgart erklärt, halbfertig könne er nicht aufhören.

"Halbfertig" schienen die beiden Cousins diesmal schon früher zu sein. Aber: Abgerechnet wird am Schluss – und da triumphierte das Steiner Duo nach einem Wochenende, an dem es die Skala der Emotionen von ganz unten bis ganz oben ausreizte – und stand für Deutschland am Schluss doch noch ganz oben. Den letzten Titel für Deutschland holte ein Duo 2010.

Warum es für die Mladys in den Vorjahren nicht klappte, warum selbst die Leistungen gegen Tschechien (6:3) und Belgien (4:3) wenig überzeugend ausfielen, das 2:5 gegen den Mitkonkurrenten Schweiz sogar uninspiriert wirkte – dafür gab es hinterher kaum Erklärungen.

"Irgendwie eine Barriere" hatte Bernd Mlady gefühlt, "irgendwie noch nicht richtig ins Turnier gefunden" hatte Gerhard. Die erste Folge: Heimtrainer Kurt Mlady sah sich, in Absprache mit Bundestrainer Matthias König, zu einer "hochemotionalen Besprechung" veranlasst, die beiden Cousins "machten sich jeder seine eigenen Gedanken" (Gerhard) und am Ende stand die zweite Folge: eine tolle Steigerung, "weil wir vielleicht die Klatsche, warum auch immer, gegen die Schweiz als Weckruf gebraucht haben" (Bernd).

Das 3:3 gegen Weltmeister Österreich, der bis dahin seine Dominanz der Vorjahre wieder zur Schau gestellt hatte und kaum aufzuhalten schien, leitete die Wende ein. Die Steiner spielen auf Augenhöhe.

Gerhard im Tor steigerte sich von Schuss zu Schuss, ein mehr als schmerzhaft per Kopf abgewehrter Viermeter, der das 3:3 endgültig sicherte, erwies sich nicht als Handicap, sondern als Belebung. Zu spüren bekam das zuerst Frankreich beim 5:0, danach Tschechien beim 7:1, vor allem jedoch die Schweiz im Halbfinale. Das Selbstvertrauen war immens groß, plötzlich bestätigte das Steiner Duo sein Weltklasse-Niveau und die Ansicht des RMC-Vorsitzenden, der im Vorfeld das zuletzt starke Nervenkostüm seiner Schützlinge als gewichtigen Grund für seine Zuversicht genannt hatte. 1:0 hieß es am Ende durch Bernd Mlady.

Das Resultat war nicht typisch für diese beiden Mannschaften, aber zum einen spielten beide Feldspieler hochkonzentriert und zum anderen erwies sich der Steiner Torwart als unüberwindbare Mauer. Die Revanche für das ärgerliche 2:3 vor einem Jahr in Stuttgart war gelungen, das Traum-Endspiel gegen Österreich erreicht.

Mitgefühl mit Österreich

Dass dort, sozusagen in der Höhle der Löwen, in einem hochklassigen Finale noch das i-Tüpfelchen mit dem 4:3 gelang, wertete die Leistung zusätzlich auf. Patrick Schnetzer, immerhin bereits fünf Mal Weltmeister, blieb mit seinem Partner Markus Bröll der erhoffte Titelgewinn im eigenen Land versagt.

Enttäuschung pur, für die Gerhard Mlady bei aller Begeisterung über den eigenen Triumph "eine Menge Mitgefühl" aufbrachte, genauso wie die Österreicher ihren deutschen Gegnern den Titel gönnten und sie auf dem "Stockerl" auf die Schultern nahmen.

Man kennt und respektiert sich eben in der großen Radball-Familie. Immerhin lag Bernd Mlady mit seinem Wunsch für die zweite WM-Teilnahme richtig: "Alles wie im Vorjahr, nur mit anderer Reihenfolge auf den Medaillenplätzen."

Und die Zukunft? Da hat Kurt Mlady vorgesorgt: 25 Eintrittskarten für die WM in Lüttich/Belgien sind bereits bestellt und bezahlt. Deutlicher kann die Aufforderung an Sohn Bernd und Neffe Gerhard nicht sein.

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