Reile: "Die Liebe zu diesem Sport wird nie vergehen"

19.7.2014, 11:57 Uhr
Reile:

© Hippel

Herr Reile, können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie das erste Mal einen Basketball in der Hand hatten?

Juan Reile: Ich muss ungefähr acht Jahre alt gewesen sein. Mein Vater hat selbst Basketball gespielt und hat mich dann oft zu den Freiplätzen mitgenommen. Am Anfang wollte niemand mit mir spielen, weil ich noch so klein und unerfahren war, das hat sich dann bald geändert.

Wo haben Sie denn gespielt?

Reile: In Erlangen-Büchenbach gab es bei den Vereinen und nahe gelegenen Schulen ein paar schöne Anlagen, auf denen wir spielen konnten — zumindest so lange, bis sich die Nachbarn beschwert haben, weil es zu laut war. Weshalb wir uns dann auch bald einen Platz gesucht haben, der etwas abseits lag, wo wir auch Musik hören konnten.

Klingt nach der klassischen Basketball-Romantik unter freiem Himmel. Darf man sich das tatsächlich so vorstellen: ein Ghettoblaster, ein paar pubertierende Jungs und ein Ball?

Reile: Genauso war es. Manchmal haben wir gegrillt und im Ghettoblaster rotierten die Hip-Hop-Kassetten. Handys hatten wir ja noch keine. Auf die Musik habe ich allerdings gar nicht so geachtet, ich wollte vor allem spielen.

Was offensichtlich ganz gut geklappt hat. Wie wichtig war das Training auf den Freiplätzen?

Reile: Unglaublich wichtig, denn dort habe ich die Grundlagen meines Spiels entwickelt und vor allem den Spaß an diesem Sport. Ohne den Spaß wäre ich auch niemals in den Verein gegangen.

Vom Schulhof zum Verein ist es ein großer Schritt, den viele junge Menschen gar nicht gehen.

Reile: Mein Bruder hatte bereits in Erlangen im Verein gespielt, dann aber wieder aufgehört, weshalb ich auch nicht mehr mitgegangen bin. Irgendwann wollte ich aber wissen, wie gut ich wirklich bin und ob ich mich weiterentwickeln kann.

Das hat ganz ordentlich funktioniert. Damit aus einem guten Sportler aber auch ein erfolgreicher wird, braucht es auch immer Förderer. Wer war das bei Ihnen?

Reile: Zunächst einmal mein Vater. Er hatte selber bei der Armee und später in Erlanger Vereinen Basketball gespielt und solange er da war, habe ich mich immer mit ihm über mein Spiel ausgetauscht. Und dann waren es natürlich meine Trainer in Erlangen, in Herzogenaurach und schließlich in Nürnberg.

Reile:

© Schreiter

Sie haben ab 2008 in Nürnberg gespielt. Erst stand auf Ihrem Trikot „Falke“, dann „Franken Hexer“, irgendwann „Nürnberger Basketballclub“ und zuletzt „rent4office“. Kann man überhaupt eine Beziehung zu einem Verein aufbauen, wenn sich der Name ständig ändert?

Reile: Mit den Namen habe ich mich eigentlich nie beschäftigt. Entscheidend ist das Team und ob es als solches zusammenfindet.

Mit den Jahren hat sich nicht nur der Name immer wieder verändert, Sie haben in Nürnberg eigentlich komplett verschiedene Basketball-Ären erlebt.

Reile: Ja, das kann man so sagen. Früher war die Halle im BBZ bei
den Spielen noch völlig anders aufgebaut, die Zuschauer sind gekommen und gegangen, was zwischenzeitlich auch sehr traurig war, aber als wir vor allem am Ende der letzten Saison so erfolgreich waren, herrschte eine tolle Stimmung. Es fühlen sich inzwischen wieder mehr Menschen mit dem Team verbunden.

Auch nach der vergangenen Saison gab es wieder einen großen Umbruch. Ralph Junge ist als Trainer und Sportlicher Leiter gekommen, es soll ein neues Nachwuchskonzept geben, wie beobachten Sie diese Entwicklung?

Reile: Als ich erfahren habe, dass Ralph Junge kommen wird, wusste ich, dass sich einiges ändern wird. Er hat in Ehingen eine unglaublich erfolgreiche Mannschaft entwickelt, obwohl sie einen sehr geringen Etat hatten. Er steht für eine konsequente Förderung von jungen Spielern.

Und Sie fühlen sich mit 27 nicht mehr jung genug, um da mitzuhalten, oder hatte die Verpflichtung des neuen Trainers keinen Einfluss auf die Entscheidung, Ihre Karriere zu beenden?

Reile:

© Matejka

Reile: Nein, mit der Verpflichtung von Ralph Junge hatte das nichts zu tun. Er weiß, wie ich spiele, und er wollte auch, dass ich weitermache. Ich hätte gerne mit ihm gearbeitet, aber die Doppelbelastung mit Beruf und Basketball ist zu groß geworden.

Sie waren in der vergangenen Saison der Einzige in der Mannschaft, der Zweitligabasketball gespielt und nebenher noch gearbeitet hat.

Reile: Ja, ich bin um 8 Uhr morgens im Büro gewesen, habe täglich sieben Stunden gearbeitet, dann hatte ich zwei Stunden Pause, bin zum Training und danach direkt ins Bett. Wenn man am Wochenende dann auch noch acht Stunden bis nach Cuxhaven zum Auswärtsspiel fährt, ist wieder ein ganzer Tag weg. Es fehlt einem die Erholungszeit, man schläft wenig, hat kaum Zeit für Freunde und Familie. Ich habe mir das dann während der vergangenen Saison gut überlegt und bin zu der Entscheidung gekommen, dass ich nicht mehr beides machen kann.

Zumal die Skala, wie viel man als Sportler trainieren kann, nach oben offen ist. Wenn kein Training ist, kann man zum Beispiel in den Kraftraum.

Reile: Den Kraftraum habe ich kein einziges Mal von innen gesehen, obwohl ich es vielleicht ab und zu nötig gehabt hätte.

Sie haben einen offenen Brief geschrieben, um Ihr Karriereende bekanntzugeben.

Reile: Ja, das war mir wichtig. Ich wurde um ein Statement für die Pressemitteilung gebeten und dann habe ich einfach mal angefangen zu schreiben. Ich glaube, so etwas wird persönlicher, wenn man es in seinen eigenen Worten formuliert.

Reile:

© Sportfoto Zink

Im Profi-Sport ist es inzwischen unüblich, so lange für einen Verein zu spielen, was hat Sie hier gebunden?

Reile: In Nürnberg habe ich eine Chance bekommen. Irgendwann hatte ich dann noch den Job, meine Freundin lebt hier, also gab es keinen Grund zu wechseln.

Hatten Sie nie das Gefühl, vielleicht wechseln zu müssen, um noch erfolgreicher zu werden?

Reile: Na ja, früher als Jugendlicher war das Ziel natürlich die NBA. Irgendwann kapiert man dann, dass das wohl nichts mehr wird und „höchstens“ noch die Bundesliga drin ist. Letztendlich war ich aber einfach hier so tief verwurzelt, dass ein Wechsel nie infrage kam. Ich kann jungen Spielern auch nur raten, eine Ausbildung abzuschließen oder ein Studium zu beginnen, bevor man sich ausschließlich auf Basketball konzentriert.

Welcher NBA-Spieler hing bei Ihnen früher als Poster an der Wand?

Reile: Von Michael Jordan und Kevin Garnett war ich großer Fan, aber an der Wand hing Allen Iverson. Als dann die Freundin kam, mussten die Poster weg. Dafür hat sie ein Bild von mir aufgehängt.

In guter NBA-Tradition wird Ihre Trikotnummer, die 9, beim NBC künftig nicht mehr vergeben.

Reile: Das ist eine große Ehre. Die Fans hatten das ja auch im Internet gefordert, das macht einen schon sehr stolz. Vielleicht wird das Trikot ja sogar noch irgendwann unters Hallendach gehängt.

Was würden Sie denn als den Höhepunkt Ihrer Karriere bezeichnen?

Reile: Es gibt da kein bestimmtes Spiel, schön war einfach, wenn wir uns als Team gut verstanden haben und dann noch erfolgreich waren.

Was macht Juan Reile mit der neu gewonnenen Freizeit?

Reile: Ich werde viel mit Freunden unternehmen. Und ich habe wieder mehr Zeit, auf den schönen Plätzen in Nürnberg und Erlangen Basketball zu zocken.

Es endet da, wo es begonnen hat.

Reile: Definitiv. Die Liebe zu diesem Sport wird nie vergehen.

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