Risikofaktor unter dem Sattel

21.4.2015, 20:25 Uhr
Risikofaktor unter dem Sattel

© Foto: Thomas Scherer

Wer rund um den Hölzleshof am Rande Oberasbachs den Blick in die Ferne schweifen lässt, sieht die Sonne am klaren Himmel strahlen. Das Bild ist idyllisch und beruhigend zugleich, einen Haken gibt es aber: Pferdeäpfel auf dem Boden – und die sind an jenem Abend allgegenwärtig. Auf dem weitläufigen Gelände organisierte der Bayerische Landesverband erstmals die Deutsche Meisterschaft im Modernen Fünfkampf der A-Jugend (Jahrgang 1997 bis 2000). Während das Reiten in Oberasbach stattfand, ging es im Nürnberger Stadtteil Katzwang beim Laufen, Schwimmen, Schießen und Fechten heiß her.

Wer sich genauer mit der Sportart in der Region beschäftigen will, kommt um Thomas Hierl nicht herum. Als Vater von fünf aktiven Athleten ist er quasi ein wandelndes Lexikon des Fünfkampfs. Warum also der Oberasbacher Hof als Austragungsort eines deutschlandweiten Vergleichs? „Das hat eine längere Vorgeschichte“, sagt Hierl, „der Fünfkampf wurde in den vergangenen Jahren von Bonn, Brandenburg und Berlin dominiert“. Bayern spielte dabei keine Rolle, auch wenn sich beim Post-SV Nürnberg seit vielen Jahren knapp 30 Sportler der olympischen Disziplin widmen.

Vor gut einem halben Jahr zog es die Nürnberger für das Springreiten auf den Pferdehof im Fürther Landkreis. Denn, so beschreibt es Hierl, für einen guten Wettkampf braucht es gut ausgebildete Pferde – und die fand man in der Nachbarstadt. Da lag es nahe, die guten Bedingungen auf dem Hölzleshof zu nutzen und dort erstmals die Deutsche Meisterschaft auszurichten.

Rund um die Reithalle und auf den weitläufigen Wegen hört man allerlei Dialekte; gemein ist allen Dialogen aber eines: der bevorstehende Wettkampf, denn das Reiten kann als Schlüsseldisziplin des Fünfkampfs beschrieben werden. Wer hier nach vier Fehlern disqualifiziert wird oder nicht ausreichend punktet, kann sich einen Spitzenplatz so gut wie abschminken. Verschärft werden die Bedingungen noch durch die Tatsache, dass die Sportler die Pferde nicht kennen. Erst kurz vor dem Start wird ihnen ein Vierbeiner zugelost, auf dem sie sich nur kurz einreiten dürfen.

Das sorgt natürlich nicht bei allen für Freude. Nach den ersten Startern fließen bei einigen die Tränen, das fremde Pferd wollte partout nicht springen. Für Jochen Richter macht genau das den Reiz des Fünfkampfs aus: „Da kann absolut nichts vorhergesagt werden, auch der Weltmeister kann einmal ein schlechteres Pferd erwischen“, sagt der Trainer des Post-SV. Beim Schwimmen oder Laufen wisse man, wer schneller sei, „auf dem Pferd ist es irgendwo eine Glückssache“. Manch einer hatte in Oberasbach kein Glück und hadert sichtlich mit der Situation.

Das leuchtet ein: 85 Euro Startgeld musste jeder Sportler zahlen, dazu die Anfahrtskosten über mehrere hundert Kilometer. Da will jeder möglichst weit vorne dabei sein, denn nur wer bei der DM gut abschneidet, kann auch wertvolle Punkte für die Rangliste ergattern. Diese wiederum entscheidet maßgeblich darüber, wer zu den Weltmeisterschaften entsandt wird. Wen die Eltern also nicht mit Geld und Zeit unterstützen, der hat in diesem Sport wenig Chancen. Hierl und Richter hadern mit diesem Fakt, für sie ist die Sportförderung in Deutschland einfach zu gering, viele der Sportler sind Sportsoldaten oder Polizisten. Ein Problem, das der Fünfkampf aber nicht exklusiv hat.

Schon vor dem Wettkampf prophezeite das Duo nur einem der hiesigen Vertreter eine gute Platzierung: Hierls Sohn Tobias. Am Ende reichte es nicht für den großen Wurf, der sechste Rang war dennoch die beste Position aller bayerischen Starter. An der Spitze dominierte Berlin mit vier Sportlern. Bayern muss weiter aufholen, die erste DM auf hiesigem Boden war ein guter Beginn.

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