Roland Kastner: "Hätten uns damals was anhören dürfen"

13.1.2017, 13:00 Uhr
Roland Kastner:

© Archiv der SpVgg Greuther Fürth

FN: Herr Kastner, 491 Pflichtspiele für einen Verein kommt einem Treueschwur gleich. Wie nahe stehen Sie dem Kleeblatt heute noch?

Roland Kastner: Die Spielvereinigung in dem Sinn gibt es ja nicht mehr. Heute haben wir ja die SpVgg Greuther Fürth. Ich verfolge das natürlich, aber aus der Ferne.

FN: Gehen Sie noch ins Stadion?

Kastner: Das geht auch wegen der Anstoßzeiten nicht. Freitags um 18.30 Uhr stehe ich noch im Geschäft (Kastner betreibt einen Sportartikelladen, d. Red.), am Samstagmittag ebenso. Ich habe heute andere Prioritäten: Ich habe eine Frau, meine Tochter und zwei Enkelkinder. Für die habe ich durch das Geschäft schon nur den Sonntag, den will ich nicht noch im Stadion verbringen.

FN: Das Geschehen verfolgen Sie aber?

Kastner: Natürlich. Ein paar Dinge kann ich nicht ganz nachvollziehen, ich bin aber auch nicht so nah dran. Wenn man sich die 2. Liga so ansieht, wäre es nicht schwer, eine gewisse Rolle zu spielen, wenn man ein bisschen was in die Mannschaft investieren würde. Aber vieles andere stimmt ja, der wirtschaftliche Faktor ist save.

Solidarität mit Mielitz

FN: Was halten Sie als ehemaliger Torwart vom Umgang mit Sebastian Mielitz, der sich einen neuen Verein suchen soll und derzeit nur noch mit zweiten Mannschaft trainieren darf?

Kastner: Das habe ich so bisher nicht gekannt, dass die Spielvereinigung so mit einem Spieler umgeht. Ich kann nicht verstehen, warum man einen Spieler, der sich scheinbar nichts zu Schulden hat kommen lassen, so aussortiert. Ihn dagegen kann ich verstehen. Wenn ich Vertrag habe, warum dann gehen, wenn ich mich vielleicht finanziell verschlechtern würde?

FN: Ist Balazs Megyeri in Ihren Augen besser als Mielitz?

Kastner: Für die zweite Bundesliga ist doch der Mielitz ein Riesentorwart. Als Torhüter bist du aber immer das schwächste Glied in der Kette. Die Gegentore, die wir in der letzten Saison bekommen haben, kann man leicht am Torwart festmachen, so kann man vieles andere vertuschen.

Highlight gegen die Bayern

Roland Kastner:

© Andreas Goldmann

FN: Was hat sich am Torwartwesen seit Ihrem Karriereende geändert?

Kastner: Es gibt keine Torhüter mehr, die den Strafraum beherrschen. Die meisten sind ja nur noch groß und stark auf der Linie. Sicher, das Spiel ist schneller geworden, die Bälle fliegen anders. Manchmal fragt man sich schon, warum der Torwart nicht drei Schritte herauskommt.

FN: Wie ist das bei Manuel Neuer?

Kastner: Auch nicht anders. Auf der Linie sind die alle super, aber wenn man sieht, wie oft Tore aus dem Fünfmeterraum heraus erzielt werden – wir hätten uns damals dafür etwas anhören dürfen.

FN: An welche Stationen Ihrer Laufbahn denken Sie heute noch zurück?

Kastner: Da gibt es einige Highlights: Damals bei einem Turnier in Nürnberg, da stand ich mit, ich meine, 20 Jahren im Finale gegen die großen Bayern im Tor und habe das Elfmeterschießen gewonnen. Oder als wir damals Dortmund im DFB-Pokal geschlagen haben, auch der Aufstieg in die Bayernliga. Ein negatives Highlight war das Spiel bei 1860 München, wo wir nach 30 Minuten schon 0:5 hinten gelegen sind.

Nach dem Fußball ist die Familie Trumpf

FN: Gibt es noch Kontakt zu ehemaligen Mitspielern?

Kastner: Nicht mehr großartig. Neulich war Oli Zettl (Kleeblatt-Stürmer von 1987-94) mal da. Peter Löwer (Kleeblatt-Keeper von 1963-81, d. Red.) habe ich in der Bundesligasaison mal Karten besorgt. Aber man lebt ja nicht in der Vergangenheit, man muss sich auch mal anderweitig orientieren.

FN: Haben Sie nach der SpVgg daran gedacht, weiter Fußball zu spielen?

Kastner: Nein. Ich habe mit einer Rückenverletzung aufgehört. Wenn ich mich heute hinwerfe, ich komme ja nicht mehr hoch. Außerdem habe ich gesagt, wenn ich mit Fußball fertig bin, will ich Zeit für meine Familie haben.

FN: Welche Rolle spielt der Fußball heute noch in Ihrem Leben?

Kastner: Ich bin noch immer am Fußball interessiert, aber es ist nicht mehr so, dass ich ihn anderen Dingen vorziehen würde. Das liegt auch daran, dass es immer mehr nur noch Kommerz ist. Fußball war mal Fußball – ich bin gespannt bei den ganzen Veränderungen, ob das Interesse der Zuschauer noch so groß bleiben wird.

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