Ruthenbeck: "Es wird Veränderungen geben"

21.5.2016, 12:08 Uhr
Sehnt sich nach Ruhe: Stefan Ruthenbeck blickt auf eine anstrengende Saison zurück.

© Sportfoto Zink / MeZi Sehnt sich nach Ruhe: Stefan Ruthenbeck blickt auf eine anstrengende Saison zurück.

Ein bisschen Fachliteratur im Urlaub dabei?

Ruthenbeck: Nein, das Motto ist: kein Fußball. Ich fahre mit meiner Familie in die Türkei, habe mir zwei Bücher gekauft, einen Krimi und den großen Antikriegsroman "Durchbruch bei Stalingrad" von Heinrich Gerlach. Mich interessiert deutsche Geschichte. Aber das Handy wird immer im Anschlag sein...

Ruthenbeck: Ich hoffe nicht, mit den Verantwortlichen hier ist alles abgesprochen. Ich brauche auch diese Ruhe, weil die letzten drei Jahre für mich sehr anstrengend waren. In Aalen hatten wir damals keinen Sportdirektor, also haben Michael Schiele und ich alles geplant. Auch die letzten Wochen hier waren sehr anstrengend, weil mit dem Misserfolg Unruhe aufgekommen ist.

Sie führen eine Fernbeziehung, die Familie lebt bei Koblenz. Funktioniert das?

Ruthenbeck: Die Distanz zur Familie ist Idealzustand, denn du kannst einer Familie das gar nicht zumuten, zwölf bis 14 Stunden Arbeiten am Tag, fünf bis sechs Mal die Woche. Wir besuchen uns regelmäßig gegenseitig übers Wochenende, das klappt ganz gut.

Herr Ruthenbeck, es folgen die Fragen der Kleeblatt-Fans, die sie im Rahmen des Gewinnspiels an nordbayern.de geschickt haben: Warum sitzt unser Trainer immer so still und regungslos auf der Bank?

Ruthenbeck: Das sehe ich anders und es gibt genügend Gegenbeispiele. Ich bin doch auf den Platz gelaufen, als Stiepermann das Tor gemacht hat. In Heidenheim war ich vor den Fans Goran Sukalo in den Armen gelegen. Aber bei einem 1:0 in der dritten Minute, da bin ich auch cool und versuche, überlegt zu sein. Denn ich habe es schon erlebt, dass ich nach einem frühen 1:0 abgegangen bin wie Schmidts Katze und habe dann 1:4 verloren. Da muss man auch mal cool bleiben, also ich habe nicht mit einem 1:0 in der dritten Minute die Champions League gewonnen.

Sind Sie im Falle eines Aufstiegs auch so ein Feiertier wie Ihr Vorgänger Mike Büskens?

Ruthenbeck: Ich bin auch jemand, der dann feiern kann. Aber ich würde diesen Akt den Spielern überlassen. Ich mache das dann lieber mit mir selber aus und mit denen, die mir an dem Tag nahe stehen, wie das Trainerteam.

In England hat es ein Außenseiter geschafft, die Meisterschaft zu gewinnen. Wann darf man in Fürth mit so etwas rechnen?

Ruthenbeck: Erst mal müssen wir dafür aufsteigen in die erste Liga. Ich finde es schon mal gut, dass die Frage das Wort "Außenseiter" beinhaltet, weil wir das auch in der zweiten Liga sind. Wir gehören nicht automatisch zu den Top sechs Mannschaften der zweiten Liga. Da für eine Überraschung zu sorgen, ist immer möglich. In dieser Saison gab es jetzt keine, aber das hat ja Darmstadt im Vorjahr gezeigt. Wir in Fürth merken ja auch diese Saison, dass etwas mehr hätte gehen können. Was wäre gewesen, wenn wir gegen Kaiserslautern gewonnen hätten am 16. Spieltag? Da wäre ich gespannt gewesen, ob wir nicht die Rolle von Nürnberg hätten einnehmen können. Die Fans sollten wissen: Wenn du in eine Saison gehst, sollte immer alles möglich sein. Es kann aber auch genauso nach hinten wie nach vorne gehen. Diese Liga ist so eng beieinander. Auch wenn das eine Phrase ist, aber so ist es.

Wie ist die taktische Anweisung des Trainers bei Eckbällen?

Ruthenbeck: Das variiert und hängt auch vom Plan des Gegners ab. Generell gilt: Je mehr Personal im Sechzehner ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner den Ball bekommt. Jetzt kann man sagen: Dadurch, dass nicht zwei Spieler an der Mittellinie bleiben, kommen mehr gegnerische Spieler vors eigene Tor. Doch umgekehrt öffne ich dadurch auch mehr Räume, in die die Leute hineinlaufen können. Es ist immer schwerer zu verteidigen, wenn einer mit Anlauf in den Raum reingeht, als wenn der Raum schon besetzt ist.

Wie weit ist die Personalplanung für die kommende Saison gediehen?

Ruthenbeck: Es wird Veränderungen geben, das ist immer so. Wie viele es geben wird, hat nicht allein der Verein in der Hand. Spieler weckten Begehrlichkeiten oder sind unzufrieden. Es bringt nichts, einen Spieler zu halten, der keinen Bock mehr auf Fürth hat. Gemeinsam mit Herrn Hack und Herrn Yildirim schauen wir uns um, um den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.

Darmstadts Trainer Dirk Schuster vergibt in jedem Training Punkte und der schlechteste Spieler muss dann ein rosa Trikot mit der Aufschrift "Fehleinkauf" tragen. Das soll motivieren. Gibt es etwas Ähnliches bei der Spielvereinigung?

Ruthenbeck: Ist das Ansporn? Das kann auch demütigend sein. Was macht denn ein Spieler, wenn er dreimal hintereinander das Trikot anhat? Mit sowas arbeite ich nicht, zumal wir hier junge Spieler entwickeln wollen. Bei mir werden die Spieler nach einer schlechten Trainingswoche bestraft, indem sie nicht spielen. Die Spieler wissen hier, sie müssen abliefern.

Duzen oder siezen Sie sich innerhalb des Vereins?

Ruthenbeck: Im Trainerteam sind wir alle per du. In der Mannschaft habe ich einigen erfahrenen Spielern das Du angeboten, zum Beispiel Marco Caligiuri. Die jungen Spieler siezen mich.

Warum spielte Benedikt Röcker in der Rückrunde kaum noch eine Rolle?

Ruthenbeck: Nach der 0:2-Niederlage gegen Sankt Pauli habe ich eine Konteranfälligkeit ausgemacht. Daher wollte ich auf ein anderes Innenverteidigerpärchen setzen, was eine Zeit lang auch aufgegangen ist. Caligiuri wollte ich nicht rausnehmen, weil er sehr schnell und der Kapitän ist. Marcel Franke hat sehr ordentlich gespielt. Er hat keine bessere, sondern eine andere Qualität als Benno. Zumal Franke erst 22 Jahre alt ist. Aber Benno hat sehr professionell reagiert, und er hat gezeigt, dass er Zweitligaformat hat. Er ist wichtig für die Mannschaft. Manchmal ist es eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Benno sagt das auch: Es gab keinen Grund zu wechseln.

Warum stellen Sie meist nur eine Sturmspitze auf?

Ruthenbeck: Wenn ich mit einer zweiten Spitze spielen müsste, würde das heißen, dass einer aus dem Zentrum raus müsste. Das wäre dann Robert Zulj, der an 21 Toren beteiligt war. Robbie ist so ein Zwischending, Robbie ist auch kein richtiger Zehner, kein zentraler Stürmer, er ist eine Neuneinhalb. Gegen den Ball agieren wir ja mit 4-4-2, mit dem Ball im 4-3-3 oder 4-2-3-1, einfach, um genug Personal im Zentrum zu haben. Wenn du Fußball spielen willst, brauchst du Personal im Zentrum und nicht zwei Stürmer, die an vorderster Front in einer erwartenden Haltung sind. Die deutsche Nationalmannschaft spielt ohne Stürmer, genau darum geht es. Es geht darum, viele Möglichkeiten zu haben, Räume zu besetzen. Und 4-4-2 macht dich statisch. Außer du hast Spielertypen wie Füllkrug und Burgstaller in Nürnberg, sie sind auch keine richtigen Neuner, sie bewegen sich nach außen.

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