Sellins wechselvolles Jahr: Sportlich pfui, dafür privat hui

7.12.2017, 17:13 Uhr
Gleich zwei Daumen-Verletzungen warfen Erlangens Neuzugang Johannes Sellin zurück.

© Sportfoto Zink / OGo Gleich zwei Daumen-Verletzungen warfen Erlangens Neuzugang Johannes Sellin zurück.

Das hatte er sich alles ganz anders vorgestellt, als er in Melsungen in seiner Wohnung saß und sich Gedanken über seine Zukunft machte. Da hatten die Verantwortlichen der MT Melsungen Johannes Sellin eröffnet, dass sein auslaufender Vertrag nicht verlängert, er durch
seinen Nationalmannschaftskollegen Tobias Reichmann auf Rechtsaußen ersetzt werde. Im Januar 2017 unterschrieb der 26-Jährige – er feiert an Silvester Geburtstag – beim HC Erlangen und ahnte noch nicht, welch Unbill ihm das Jahr 2017 bescheren würde.

"Meine ganze Karriere war ich komplett verschont von Verletzungen", was sich allerdings bereits in Melsungen änderte: Im Februar zog er sich einen Muskelfaserriss zu. Mitte September kam’s in Erlangen noch schlimmer: Im Spiel gegen den VfL Gummersbach brach er sich den Daumen der rechten Hand und fiel sechs Wochen aus. Kaum zurück auf der Platte riss Anfang November in der linken Wurfhand am Daumen ein Band vom Knochen ab.

Anders als erhofft

Vor der fälligen Operation sinnierte Sellin noch, er werde wohl in ein tiefes Loch fallen. Was dann aber doch ein wenig anders kam. "Ich war davon ausgegangen, dass die komplette Hinserie weg ist. Dann wurde mir nach der OP gesagt, dass das Band nicht mit Stücken vom Knochen rausgerissen ist, sondern einfach 'nur' ausgerissen, dass das die Verletzungszeit von sechs bis sieben Wochen auf vier bis fünf verkürzt. Da war man dann doch ein bisschen glücklich", blickte er zurück. Am 11. Dezember wird der stabilisierende Draht entfernt, und der Rechtsaußen hofft darauf, bei den beiden Weihnachtsspielen wieder mitwirken zu können.

"In diesem Jahr ist wirklich einiges zusammengekommen, aber das gehört zum Sport dazu. Am Ende kann ich froh sein, dass ich mir 'nur' den Finger gebrochen und nicht das Kreuzband gerissen habe", sieht der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Handballer das Glas eher halb voll als halb leer. Und das trotz der Tatsache, dass es in Erlangen nicht nur für ihn persönlich, sondern auch für das gesamte Team des HCE in der Hinrunde ganz anders gelaufen ist als erhofft oder wohl auch erwartet. "Dass man sich in so einer Sportart auch mal verletzt, ist völlig normal – früher oder später kommt es dazu."

Mit Frau und Hund

Sportlich pfui, dafür privat hui, so kann man das Jahr 2017 aus der Sicht von Johannes Sellin auch sehen. So hat er seine aus Brasilien stammende Frau kurz vor dem Jahreswechsel standesamtlich in Melsungen und im Sommer auch kirchlich in Kassel geehelicht. Und dann kamen vor wenigen Tagen mit einem halben Jahr Verspätung auch noch die letzten fehlenden universitären Unterlagen aus der Heimat seiner Frau "Sie ist Fachärztin für Dermatologie, muss aber ihr Studium noch anerkannt bekommen und einen fachspezifischen Sprachtest machen, ob sie eben auch die ganzen Begriffe kann. Danach möchte sie noch eine Prüfung ablegen, um zu zeigen, dass sie fähig ist, einen Patienten aufzunehmen", erzählt der sichtlich stolze Gatte. "Dann könnte sie anfangen, sich um eine Stelle zu bewerben." Wofür sie seit der Ankunft in Erlangen täglich drei Stunden in einem Sprachkurs Deutsch paukt.

Pläne für 2018 haben die Sellins somit genug. Außerdem wäre da noch die junge Hündin, die sie sich vor einiger Zeit zugelegt haben und die ihren Besitzer bei den täglichen Spaziergängen während seiner Verletzung auf andere Gedanken bringt. "Wenn man verletzt ist, hat man mit der Reha und all den anderen Dingen mehr zu tun, als wenn man normal im Training ist", hat Sellin in diesem Jahr gelernt. So hat er jetzt auch mehr Muße, seine Aufgaben im Haushalt zu erledigen. "Ich bin für die Wäsche zuständig", verrät er, ebenso, dass das Waschen und Aufhängen mit seiner Verletzung "mindestens doppelt so lang dauert wie sonst. Aber da unterstützt mich meine Frau", erzählt er mit einem Grinsen.

Und dann wollen die beiden noch die Gegend genauer erforschen: "Erlangen gefällt mir sehr gut, in Nürnberg waren wir bisher kaum. Aber wir fühlen uns schon sehr wohl." Und dann hofft seine Frau Julia auf Schnee. "Sie hat das zwar letztes Jahr in Melsungen schon mal erlebt, aber so viel Schnee auf einmal live, das war neu für sie – und wir haben schon Bilder zu ihrer Mutter nach Brasilien geschickt, die demnächst zu Besuch kommt und sich ebenfalls schon auf Schnee freut."

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