SpVgg-Fangruppen laden Flüchtlinge in den Ronhof ein

9.4.2015, 11:27 Uhr
SpVgg-Fangruppen laden Flüchtlinge in den Ronhof ein

© Zink

Als die Mannschaften einlaufen, sitzt Azad auf dem Zaun der Nordtribüne, beobachtet das Treiben und hält eine Fahne hoch. "Refugees welcome" ist darauf zu lesen, "Flüchtlinge willkommen". Zuvor hatten die Fans symbolisch Fußbälle gegen eine auf Stoff gemalte Mauer geworfen, auf der die Worte Rassismus und Diskriminierung geschrieben waren - und diese damit einstürzen lassen.

Eingestürzt ist auch Azads Haus in Syrien, "es war 900 Quadratmeter groß, quasi eine Villa, alles kaputt". Der blutige Bürgerkrieg nagt an dem 34-Jährigen, das schwingt in jedem Satz mit, wenn er von seiner Flucht erzählt. Sie war aber die einzige Möglichkeit für den Familienvater, dem Tod zu entkommen und dem Sinn seines Namens nahe zu kommen: Freiheit.

"Jeder Mensch will frei leben, aber das war in Syrien nicht möglich", sagt Azad, der seit neun Monaten in Fürth wohnt. Fünf Stunden am Tag geht er zur Schule, sein Deutsch reicht schon aus, um sich über die vergangenen Monate zu unterhalten. Bald will er endlich arbeiten und nicht mehr nur herumsitzen.

Geschichten wie diese haben auch die Fans der SpVgg aufgerüttelt. Seit längerem helfen viele von ihnen in den Asylunterkünften und begleiten die Flüchtlingen seit Dezember gar bei jedem Heimspiel in den Ronhof. Dabei wurde aber klar, dass der angedachte Platz in der Südkurve des Stadions zu isoliert war und viele Lust auf Stimmung, Fahnen und Gesänge hatten. "Wir wollen, dass die Menschen nicht alleine irgendwo im Stadion sitzen, sondern mitten unter uns stehen und sich dort wohlfühlen", sagt Fabian Northmann von den "Horidos".

Im eigens gegründeten Arbeitskreis aus Anhängern, Fanprojekt und der Caritas erwuchs in den vergangenen Monaten die Idee, Fans und Asylbewerber näher zusammen zu bringen - auch abseits der Spiele. Den Auftakt bildete ein Kennenlern-Tag, an dem die Fanszene und ihr Handeln erklärt wurden, beim 0:3 gegen 1860 München waren dann erstmals knapp 20 Flüchtlinge Teil des Treibens auf der Nordtribüne.

Echte Freundschaften entstanden

Die SpVgg entsprach dem Wunsch der Fans nach Karten gern: "Wir versuchen, als Verein unseren Teil beizutragen, denn das Engagement aus der Fanszene ist überragend", sagt Fanbeauftragter Nicolas Heckel, "dass die Flüchtlinge mittlerweile ihren Platz auf der Nordtribüne haben zeigt, dass hier aktive Integration gelebt wird".

In die Lobeshymnen stimmt auch Matthias Kosubek vom Fanprojekt mit ein, "denn ohne die Fans würde in dieser Thematik gar nichts laufen". Etwa 15 Personen treffen sich regelmäßig, um neue Aktionen zu planen und den Geflüchteten das Leben in der neuen Heimat zu erleichtern. "Teilweise sind daraus schon echte Freundschaften geworden", sagt der Sozialarbeiter, "die Jungs helfen etwa auch bei Behördengängen".

Die neu angekommenen Flüchtlinge im ehemaligen Möbelhaus Höffner sollen ebenfalls nicht vergessen werden. Um ihnen nach einem Leben im Krieg und abenteuerlichen Fluchten nicht zu viel zuzumuten, sitzen sie auf der ruhigeren Gegengerade, "wo sie näher dran am Geschehen und nicht isoliert wie in der Südkurve sind", sagt Flüchtlingsberater Stefan Pfeiffer von der Caritas.

In Block 12, wo die Trommelrhythmen erklingen und die Fans ihre Mannschaft nach vorne treiben, ist auch Azad mittendrin. Viel Anlass zur Freude bietet das Spiel zwar nicht, aber Azad ist dennoch glücklich - aus anderen Gründen:

Seine Frau und sein Kind dürften demnächst kommen, erzählt er mit strahlenden Augen. Nach Fürth, in die Freiheit.

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