Stolz und Spaß: Ice-Tigers-Legende will in die Playoffs

17.1.2019, 12:28 Uhr
Stolz und Spaß: Ice-Tigers-Legende will in die Playoffs

© Sportfoto Zink / ThHa

Es ist nicht ganz ungefährlich, direkt nach dem Training mit Martin Jiranek sprechen zu wollen. Eigentlich soll er nur beantworten, ob ihm diese Aufgabe, für die er selbst eigentlich den Kanadier Kevin Gaudet ausgesucht hatte, ob ihm dieser Aufgabe Spaß mache. Eine eher rhetorische Frage. Jiranek selbst sieht das offensichtlich auch so. Er braucht nur vier Sätze, um auszuweichen, den Fragesteller als Gegenspieler zu missbrauchen. Er benutzt seinen Schläger, deutet einen Check freundlicherweise nur an und schnappt sich einen Puck, den nur er zu sehen vermag.

Ja, Martin Jiranek hat Spaß daran, die Thomas Sabo Ice Tigers doch noch in die Playoffs zu führen.

Doppelbelastung für den Vorzeige-Tiger 

Also, vielleicht. Noch hat der Krefelder EV als Zehnter sieben Punkte Vorsprung auf den Elften. Die Ice Tigers aber haben noch zwei Spiele aus ihrer Absenz beim Spengler Cup nachzuholen, und am Sonntag (17 Uhr/Sport1) die Gelegenheit, in Krefeld zu punkten. Für Jiranek zählt aber ohnehin zunächst nur das Heimspiel gegen den EHC Wolfsburg am Freitagabend (19.30 Uhr), dann Krefeld, dann das Gastspiel in Düsseldorf am Mittwoch, dann das nächste Spiel und das nächste und das nächste. Eine typische Trainerantwort, aber nicht falsch.

Jiranek ist derzeit viel mehr Trainer als Sportdirektor. Zusammen mit Co-Trainer Mike Flanagan bereitet er Trainingseinheiten vor, arbeitet daran, jede Spielsituation zu automatisieren, seinen Spielern Sicherheit zu geben. Er formuliert Ansprachen, bereitet Spiele nach, sichtet die Videoaufzeichnungen kommender Gegner. Er lässt trainieren und danach geht er ins Büro, um "Sachen auf der Managerseite zu machen, die ich machen muss". Erst am Abend, so gegen halb neun, macht er sein Smartphone, nein, nicht aus, aber er stellt es leise, um sich mit seiner Frau zu unterhalten, über die zwei Söhne, über die Schule, über das Leben. Und natürlich geht es auch da ein wenig um Eis und Training. Benedikt und Vincent spielen auch Eishockey. Natürlich.

Er war schon einmal Trainer der Ice Tigers. Kurz vor Weihnachten 2014 hatten sie beschlossen, Tray Tuomie zu beurlauben. Sportdirektor Jiranek übernahm, mit der Hilfe von Rob Wilson, dem späteren Erfolgstrainer, dessen Rückkehr nach Kanada die Leistungen der Mannschaft bis heute prägt. "Das war damals kein Problem, das war kurz", sagt er heute. In dieser Saison aber übernahm er bereits nach vier Spieltagen. Den Fehler, Kevin Gaudet nach Nürnberg geholt zu haben, wollte er selbst korrigieren. Seitdem ist er Trainer, Sportdirektor und in der Kritik.

"Zu viel vom Fleisch"

Jiranek stellte um, kehrte von Gaudets konservativem Eishockey-Stil zurück zu Wilsons pragmatischem Ansatz. Nur gelang es ihm nicht, die Mannschaft zu stabilisieren. Gerade im Herbst hat ihn der Arbeitsaufwand geschützt, für die Angriffe der Versalkommentatoren auf Facebook hatte er hoffentlich keine Zeit. Den verständnislosen Nachfragen der Journalisten musste er sich stellen, so steht es in seinem Arbeitsvertrag: Wie, die Ice Tigers suchen gar nicht erst nach einem neuen Trainer? Nein, sie glaubten, den richtigen zu haben.

Die Aufregung hat sich gelegt, auch weil die Ice Tigers seitdem immer mal wieder bewiesen haben, dass sie auch über 60 Minuten überzeugend Eishockey spielen können. Unbewusst ist es Jiranek gelungen, mit seiner Ruhe und seiner geduldigen Art auch im Umfeld für Ruhe zu sorgen, trotz der seit Wochen unveränderten Tabellensituation. "Ich will einfach nur helfen", sagt Jiranek, er spricht davon, "competitive" zu sein, ehrgeizig, ein Wettkampftyp. Und gesteht Stolz ein. "Manchmal will ich viel. Vielleicht zu viel." Er überlegt und präzisiert: "Ich beiße mehr vom Fleisch herunter als ich herunterschlucken kann."

Suche nach seinem Nachfolger

Das mag seine Art sein zuzugeben, dass die Doppelbelastung diesmal zu lange andauert. Aber dann führt er schon wieder Übungsformen vor, ein DEL-Schiedsrichter hätte ihn längst wegen hohen Stocks für zwei Minuten auf die Strafbank geschickt. Einen prominenten TV-Kommentator hat er kürzlich im persönlichen Gespräch mit seiner Leidenschaft beeindruckt und mit seiner Überzeugung, auch diese Saison um Playoffs zu verlängern. Den Eindruck beweist er jeden Tag.

Trotzdem suchen die Ice Tigers nach seinem Nachfolger. Wie sehr er als Sportdirektor in die Suche involviert ist, bleibt offen. Geschäftsführer Wolfgang Gastner erzählt von vielversprechenden Gesprächen mit seinem "Wunschkandidaten". Bremerhavens Thomas Popiesch und Augsburgs Mike Stewart haben keinen Vertrag für die neue Saison. Was sagt Jiranek dazu? "Ich denke nicht so weit. Ich denke nur ans nächste Wochenende."

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