Tore, Taktik und Tirol: Das Fürther Trainingslager-Fazit

29.7.2016, 13:35 Uhr
Abschied aus Tirol: Die Fürther Profis sind wieder auf dem Heimweg nach Franken.

© Sportfoto Zink / WoZi Abschied aus Tirol: Die Fürther Profis sind wieder auf dem Heimweg nach Franken.

Am Donnerstagvormittag herrschte eine gelöste Stimmung beim letzten Training vor der Abreise. Beim "Rondo", dem Spielchen, in dem zwei Spieler den Ball erobern müssen, den die anderen im Kreis um sie herum zirkulieren lassen, wurde viel gelacht. Aber – und das ist das eigentlich Wichtige – der Ball prallte in einer beeindruckenden Genauigkeit von einem Fuß zum anderen. Die Szene steht exemplarisch für die Stimmung im Kader: Von Spieler eins bis 24 fühlt sich jeder integriert, zeigt Leistung und hat Spaß dabei. Dahinter steckt viel Arbeit.

Noch nach dem Test gegen Drittligist SG Sonnenhof Großaspach (2:2) haute ein angesäuerter Stefan Ruthenbeck dazwischen, führte Gespräche vor allem mit Spielern aus der bisherigen Stammformation. Das Ergebnis lieferten Robert Zulj und Co. unverzüglich. In den beiden Vergleichen mit den türkischen Erstligisten übernahm der Österreicher, für den nach wie vor kein Angebot einging, die Regie, als Jurgen Gjasula mit Leistenschmerzen ausfiel. Heute weiß man: Eine entzündete Zahnwurzel scheint die Ursache gewesen zu sein, zum Saisonstart dürfte der Albaner aber fit sein.

Da im Laufe der Tage in Tirol auch Sebastian Heidinger mit einem Bänderriss ausschied, konnten sich Spieler aus der zweiten Reihe in Szene setzen. Auf beeindruckende Art – das sahen auch Ruthenbeck und Manager Ramazan Yildirim so - taten das George Davies, Daniel Steininger, Zlatko Tripic und vor allem Khaled Narey auf den Flügeln. Letztgenannter wird nicht nur wegen der Verletzung von Heidinger in der ersten Elf stehen.

Für Niko Gießelmann wird die vierte Spielzeit, in die er mit dem Kleeblatt geht, wohl auch die schwerste. Genau vor einem Jahr wertete Ruthenbeck ihn als Spielführer-Kandidat als Typ in der Mannschaft auf, doch sportlich stagniert er seither.

Große Hoffnung macht das Auftreten von Sercan Sararer. Mit Szenenapplaus bedachten die mitgereisten Edelfans die zwei 30-Minuten-Einsätze in den vergangenen beiden Tests. "Er reißt mit", freut sich Ruthenbeck über den Rückkehrer, immerhin für 20 Minuten Vollgas reicht seine Fitness schon. Seine unwiderstehlichen Dribblings leiteten in beiden Partien Tore ein.

 

"Kräfteverhältnisse haben sich nicht verschoben"

An seiner mangelnden Torgefahr arbeitete auch Zlatko Tripic. Der Norweger präsentiert sich im Trainingslager traditionell als einer der Gewinner, muss nach eineinhalb Jahren in Fürth aber endlich in Pflichtspielen Konstanz zeigen. Dass sich auch Steininger und Davies in der Liga zeigen dürfen, ist nach dieser Trainingsleistung wahrscheinlich. Trotzdem wird es gegen 1860 München in eineinhalb Wochen keine allzu großen Überraschungen geben. Bis auf Narey wird wohl kein Neuling in der Startelf auftauchen. "Die Kräfteverhältnisse haben sich nicht verschoben", beobachtete der Trainer, "aber wir sind besser als letztes Jahr."

In der Innenverteidigung hat sich Marcel Franke neben dem alten und neuen Kapitän Marco Caligiuri festgebissen, auf den offensiven Flügeln führt an Sebastian Freis, der zuletzt die torreichste Saison seiner Karriere hingelegt hat, und Supertalent Veton Berisha kein Weg vorbei. Mittelstürmer Ante Vukusic ist nach einem halben Jahr sportlich und als Teamplayer in Fürth angekommen.

Als Alternative zu seinem Spielertyp wünscht sich Ruthenbeck Serdar Dursun. Der Probespieler empfahl sich für einen Vertrag, "er spielt dreckig, bindet mehrere Gegenspieler", schwärmt Martin Meichelbeck, der Direktor Sport beim Kleeblatt. Nicht ganz so viel Eigenwerbung betreiben konnte der zweite Probespieler. Der 27-jährige Cabral vom FC Zürich reiste extra ein zweites Mal an, um sich in einem weiteren Test zu zeigen. Yildirim und Ruthenbeck gefiel seine Ruhe und Übersicht im zentralen defensiven Mittelfeld, "vor allem im Spiel ohne Ball". Es wurde aber auch klar, dass er der Mannschaft erst im Laufe der Saison helfen könnte.

Der Manager hätte auch noch einen weiteren Spieler für die Sechser-Position im Visier, zum Saisonstart steht wohl Andreas Hofmann auf dem Platz, wobei auch die Jungspunde Benedikt Kirsch und Tobias Pellio schnell Ruthenbecks Spielidee verstanden haben. Über allem stand in dieser Vorbereitung, die Defensive zu stabilisieren, während im vergangenen Jahr noch die taktische Variabilität wichtig war. Hat der Gegner den Ball, stellen sich die Fürther im 4-4-2 auf, "das ist der Anker", nennt es der Coach. Es sei nur noch mehr Geduld gefordert, sein Sturm könne keine zwei Minuten ohne Ball auskommen.

"Trotz der Rochade haben's alle kapiert." Trotz zweier Abwehrschnitzer im letzten Test gegen Akhisar, die zu den Gegentoren führten, herrschte die gewünschte Ordnung. Die ist auch nötig, denn auch in Tirol haben die Verantwortlichen des Kleeblatts registriert, wie die Konkurrenz in der zweiten Liga aufgerüstet hat. S chon der erste Gegner, die Münchner Löwen, demonstrieren die Ambitionen. Die sind bei den Fürthern diesmal vorsichtig formuliert: Besser als in der Vorsaison wollen sie sein, sagt Yildirim. Damals war es Platz neun. Am Samstag um 16.30 Uhr steigt in Weinstadt, Baden-Württemberg, die Generalprobe gegen den VfB Stuttgart.

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