Über den Rheinsteig für einen guten Zweck

8.4.2013, 14:56 Uhr
Über den Rheinsteig für einen guten Zweck

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Die Kulisse konnte nicht schöner, spektakulärer oder geschichtsträchtiger sein: Beim Start in Bonn der Blick auf den Petersberg und das Gästehaus der Bundesrepublik, vorbei am Grab von Bundeskanzler Konrad Adenauer, in Unkel dann Schloss Marienfels, dem ehemaligen Wohnsitz von TV-Star Thomas Gottschalk, später die Rheinbrohler Ley mit dem Beginn des römischen Limes und der sagenumwobene Felsen der Loreley, auf dem der Legende nach eine Nixe dort ihre langen, goldenen Haare gekämmt und die Schiffer mit ihrem Gesang in den Tod gezogen hat und schließlich Wiesbaden mit seinen Kurbädern – den ältesten in Europas. Das sind die Etappen, über die der 320 Kilometer lange Rheinsteig führt. Kerstin Ehler hat in acht Tagen jetzt laufend für einen guten Zweck den Fernwanderweg durch das Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal absolviert.

Die frühere Handballerin des ASV-Pegnitz und inzwischen ambitionierte Ultraläuferin hatte Rheinsteiglauf-Organisator Rolf Mahlburg im Vorjahr in Thüringen beim Rennsteig, dem größten Landschaftslauf Europas, getroffen. Beim Plausch während des 72 Kilometer langen Laufes war dann schnell die Idee geboren, heuer auch am Rhein zu starten: „Da mache ich mit, zumal ich in der Startliste einen bekannten Namen gefunden habe: Günther Jauch.“ Den Namensvetter des TV-Entertainers kannte Kerstin Ehler vom Schwäbischen Alb Marathon, einem Ultralauf über 50 Kilometer Länge.

Zweifel schnell verflogen

Während der Vorbereitung auf den Rheinsteig kamen der 46-Jahre alten Fränkin dennoch Zweifel. Kondition, Gesundheit und Lauftagebuch mit mehreren Tausend Lauf- und Trainingskilometern sprachen spontan für einen Start im Rheingau. Allerdings: „320 Kilometer Wegstrecke über acht Tage, also jeden Tag meist mehr Kilometer als die klassische Marathondistanz über 42 Kilometer - eine solche Tour habe ich bislang noch nicht gelaufen. Noch dazu waren mehr als 11 000 Höhenmeter in den Weinbergen zu absolvieren.“ Ausschlaggebend war jedoch: „Wer sich für die Teilnahme entscheidet, entscheidet sich auch für ´schrittweise Hilfe` im Sinne des Mottos der Aktion laufendhelfen.de“, so Kerstin Ehler.

Denn beim Rheinsteiglauf folgte sie dem Motto „gesunde Muskeln für kranke Muskeln“ und wollte jedem Kilometer durch eine Spende einen tieferen Sinn geben. Der Erlös wurde im Ziel an den Verein „aktion benni & co e.V.“ übergeben und findet damit Verwendung bei der Forschung nach dem heilenden Medikament gegen die unheilbare Krankheit Duchenne-Muskledystrophie - dem Schicksal von etwa 3500 Jungen in Deutschland. So kamen diesmal 14 000 Euro zusammen.

Kalt und windig – aber trocken

Knapp 30 Läufer gingen die gesamte Distanz an. Tag für Tag stießen zu der Gruppe, die in ihren einheitlichen Laufshirts schon von weiten auffiel, immer wieder Etappenläufer dazu. „Zum Glück hatte der Wettergott ein Einsehen mit uns. Teilweise war es zwar sehr kalt und windig, aber es blieb die ganze Zeit trocken.“ Die Stimmung war stets gut, auch der letzte und abgekämpfteste Läufer wurde am Treffpunkt mit einer La-Ola-Welle empfangen.

Schlägt bei Marathonläufern schon meist bei Kilometer 30 der „Mann mit dem Hammer“ zu, wenn der mentale und körperliche Einbruch nach der gewaltigen Anstrengung droht, wie ist die Stimmung dann erst bei einer mehrtätigen Tour? „Klar gab es auch bei mir immer wieder ein Tief. Vor allem die Strecke am siebten Tag ab Rüdesheim hat mir zu schaffen gemacht. Die ersten drei Etappen waren für mich aber die härtesten, es waren auch die längsten mit jeweils über 50 Kilometern.“

Schwerer“ Kopf und müde Beine

Dazu kamen extremer Muskelkater in den Oberschenkeln vom Bergablaufen und immer wieder mentale Probleme. „Am schwierigsten war für mich – im Kopf wie in den Beinen – morgens beim Start zu wissen, dass man, erst am späten Nachmittag oder am Abend wieder in einer Unterkunft sein wird. Hätte es geregnet, wäre es noch schlimmer gewesen. So tat es nur weh, nach einer Pause wieder loszulaufen.“

Freilich war es nicht wichtig, als erster am Etappenort zu sein, sondern gemeinsam das Lauferlebnis entlang des Rheins zu genießen. Zwar sind die Eindrücke noch nicht sortiert, müssen noch hunderte von Bildern gesichtet und dem „geschundenen“ Körper Ruhe und Regeneration gegönnt werden – eine neue Herausforderung hat Kerstin Ehler aber schon in Sicht. Im Sommer begleitet sie Anton Luber aus Nürnberg bei den „100 Meilen von Berlin“. Über 160 Kilometer geht es mit dem blinden Laufpartner am 17. und 18. August dann Hand in Hand ebenfalls geschichtsträchtig entlang der ehemaligen Grenze und den früheren Todesstreifen rund um das einstige „West-Berlin“.

Zum Laufblog von Kerstin Ehler.

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