Unkonventionelles Training: FCN-Gegner Schalke im Check

21.11.2018, 05:50 Uhr
Raus mit dem Frust! Auch der ehemalige Nürnberger trifft für Schalke momentan das Tor nicht.

© PATRIK STOLLARZ Raus mit dem Frust! Auch der ehemalige Nürnberger trifft für Schalke momentan das Tor nicht.

So ist die Lage: Nach einem desaströsen Saisonstart mit fünf Niederlagen und dem Sturz ans Tabellenende schien sich der Vizemeister der vergangenen Saison zwischenzeitlich etwas stabilisiert zu haben. In den nächsten fünf Bundesliga-Partien sammelte das Team von Trainer Domenico Tedesco immerhin zehn Punkte und tankte vor allem in der Champions League neues Selbstbewusstsein, wurde dann von starken Frankfurtern (0:3) aber wieder brutal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Als Vierzehnter hat Schalke ebenso wie der Tabellennachbar aus Nürnberg nur noch einen Punkt Vorsprung auf den Relegationsplatz. In der Länderspielpause verlor ein B-Team ein Testspiel bei Zenit St. Petersburg mit 1:2.


Beeindruckend: Auf internationalem Parkett zeigte der stolze Champions-League-Teilnehmer ein ganz anderes Gesicht als in der Liga. Nach einem 1:1 gegen den FC Porto, einem 1:0 bei Lokomotive Moskau sowie einem 0:0 und 2:0 gegen Galatasaray Istanbul winkt dem Altmeister das Achtelfinale. Schon nächsten Mittwoch in Porto könnten die Königsblauen den Einzug in die K.-o.-Runde der Königsklasse perfekt machen.

Ausbaufähig: Im Sturm herrscht meist Flaute. Gerade mal acht Tore hat Schalke erzielt und stellt damit neben Schlusslicht Stuttgart das harmloseste Team der Liga. Um die Trefferquote zu verbessern, ließ Tedesco zuletzt sogar immer wieder Abschlüsse auf kleine Eishockeytore üben. "Wir sind als Mannschaft nicht gierig genug. Wir haben zu wenig Spieler, die geil auf Tore sind", klagte Guido Burgstaller, der allerdings selbst in elf Einsätzen erst einmal getroffen hat. Der Einsatz des Österreichers gegen seinen Ex-Verein ist wegen Leistenproblemen fraglich. Seine Sturmkollegen Mark Uth (Muskelfaserriss) und Breel Embolo (Mittelfußbruch) fallen definitiv aus, Cedric Teuchert befindet sich nach einer Teilruptur der Hüftbeugesehne noch im Aufbautraining.


Im Fokus: In seiner ersten Saison auf Schalke galt der vom Zweitligisten Erzgebirge Aue gekommene Tedesco als die Trainerentdeckung des Jahres, der neue Nagelsmann sozusagen. Auf Anhieb führte der gebürtige Italiener, der den DFB-Lehrgang für Fußballlehrer an der Hennes-Weisweiler-Akademie als Jahrgangsbester mit der Gesamtnote 1,0 abschloss und gerne wortreich über Taktik doziert, S04 zur Vizemeisterschaft. Deshalb genießt der 33-Jährige trotz der brisanten Situation immer noch das volle Vertrauen von Sportvorstand Christian Heidel. "Mehr Rückendeckung, als ich bekomme, kann man nicht verlangen", weiß Tedesco, "Zweifel kann ich niemandem vorwerfen." Der 33-Jährige selbst ist nach wie vor überzeugt, dass mit ihm die Wende gelingt. Sollte es allerdings gegen den Club schiefgehen, könnte sich der Wind drehen, denn auch die Kritik an der oft unansehnlichen, offensiv einfallslosen Spielweise wächst. Und Geduld war in Gelsenkirchen eigentlich schon immer eine fremde Tugend.


Die Bilanz spricht klar für die Gastgeber. In 54 Bundesliga-Duellen gab es 25 Schalker Siege, nur 15-mal behielt der Club die Oberhand, 14-mal teilte man sich die Punkte. Vor allem in Gelsenkirchen gab es für die Franken selten etwas zu holen (vier Siege, acht Remis, 15 Niederlagen). Bei seinem bislang letzten Gastspiel in der Veltins-Arena ging ein resigniert wirkender 1. FCN am 10. Mai 2014 mit 1:4 unter – und war damit endgültig abgestiegen.


Man kennt sich: Dass sich Schalke im Winter bei den Freunden aus Franken bedient, hat mittlerweile schon Tradition. Im Januar 2016 wechselte Mittelfeldtalent Alessandro Schöpf die Farben, 2017 folgte Nürnbergs Top-Torjäger Guido Burgstaller, 2018 Eigengewächs Cedric Teuchert. Letzterer konnte sich aber noch nicht durchsetzen und verletzte sich dann auch noch Mitte Oktober bei einem Einsatz in der deutschen "U 21"-Auswahl. Ebenfalls nur ein Reservistendasein führen die beiden Ex-Fürther Abdul Rahman Baba und Johannes Geis. Als Tedescos Co-Trainer fungiert der frühere Club-Profi und gebürtige Nürnberger Peter Perchtold.


Und sonst so? Stolze acht Millionen Euro hat Schalke dieser Tage investiert. Allerdings nicht in einen neuen Stürmer, sondern in einen Startplatz in der "League of Legends European Championship" – einem populären Fantasy-Computerspiel, in dem man Festungen erobern muss und gegen Magier, Monster oder Ninjas kämpft. Schalke ist damit laut "Süddeutscher Zeitung" der erste europäische Fußballklub, der groß in ein E-Sport-Genre ohne Fußballbezug einsteigt – und baldmöglichst Weltmeister werden möchte. Na denn: "Haut drauf, wenn ihr Schalker seid!"

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