Verbeugung vor einem besonderen Spieler

20.7.2012, 06:56 Uhr
Marek Mintal (zweiter von rechts) trainierte am Donnerstag ein letztes Mal im Kreise seiner alten Profi-Kameraden vom 1. FC Nürnberg.

© Sportfoto Zink / MaWi Marek Mintal (zweiter von rechts) trainierte am Donnerstag ein letztes Mal im Kreise seiner alten Profi-Kameraden vom 1. FC Nürnberg.

Marek Mintal kommt alleine, eine Viertelstunde vor der Pressekonferenz. Im Frankenstadion wird ein wenig aufgetischt, aber Mintal bleibt lieber an der frischen Luft. Die nächsten Fragen wird er noch früh genug hören; Katharina Wildermuth, die Pressesprecherin des 1.FC Nürnberg, wird später erzählen, dass es im Moment mehr mediale Begehrlichkeiten gebe als zu Mintals Zeit als Bundesligaprofi – dann fällt einem wieder ein, dass Marek Mintal ja gar kein Bundesligaprofi mehr ist. Trotzdem wird im Pressekonferenzraum gleich mehr Betrieb herrschen als vor einem Bundesligaspiel.

Mintals Mannschaft ist jetzt das Regionalligateam des 1.FC Nürnberg, am Sonntag beginnt die Saison mit einem Heimspiel gegen den SC Erlangen-Eltersdorf; im Frankenstadion werden ungefähr so viele Zuschauer sein wie jetzt gleich Medienvertreter im Pressekonferenzraum. Mintal erzählt draußen von ein paar Trainingstagen in Oberammergau. Viele ältere Leute wohnten im gleichen Hotel wie die Nürnberger Regionalliga-Fußballer, und viele, erzählt Mintal, plagten sich mit ihrem Alter. Das, sagt Mintal, sei gut gewesen für die jungen Fußballer, von denen einige von großen Karrieren träumen – „zu sehen, wie gut es ihnen geht, wie es im Leben weitergehen kann, und dass Gesundheit nicht so selbstverständlich ist“.

„Zeigen, wie es geht“

Dankbarkeit, das wird er während der Pressekonferenz dann gleich zweimal sagen – wie dankbar er um die Jahre beim Club ist, wie dankbar er ist, wieder zu Hause zu sein, in Nürnberg. Wie er sich freut auf die Regionalliga, „den Jungs zu zeigen, wie es geht – auf dem Platz und auch im privaten Leben“. „Unsere Heimat“ wird er Nürnberg, wo seine Söhne Jakub und Sebastian zur Welt kamen, nennen und sagen: „Es ist eine Ehre, für diesen Verein und diese Stadt zu spielen“ – und dann fällt einem zum einen auf, dass es nur ganz wenige Fußballspieler gibt, die solche Sätze sagen können, ohne dass es aufgesetzt oder unnötig pathetisch klingt. Und zum anderen, dass es wahrscheinlich gar keine Rolle spielt, ob Marek Mintal, 34 Jahre alt, in der Bundesliga spielt oder in der Regionalliga. „Wichtig ist, dass Marek wieder daheim ist“, wird Trainer Dieter Hecking sagen.

Am Samstag verbeugt sich dieser ganze Club noch einmal vor Marek Mintal, der 2003 aus dem slowakischen Zilina nach Nürnberg kam, wo er Bundesliga-Torschützenkönig wurde und DFB-Pokalsieger. Die Generation Mintal führte einen Club, dessen größte Erfolge bis dahin noch in Schwarzweißbildern festgehalten werden mussten, in die Neuzeit, und Trainer Hans Meyer sagte nach der Berliner Endspiel-Sommernacht 2007, dass diese Nürnberger Pokalsieger eine großartige, wunderbare Mannschaft seien – er meinte damit nicht nur die Art ihres Fußballs.



Die Ära schien, mit dem Abstieg 2008, jäh beendet, es wirkte ein wenig wie ein besonders grausames ironisches Zitat aus einer an Pannen und Peinlichkeiten so reichen Vereinsgeschichte, aber Marek Mintal führte seinen Club zurück nach oben – die Ära Mintal steht bis heute für einen Verein, der über Jahrzehnte verlorenes Vertrauen zurückgewinnen konnte. Dieser Club blieb eine emotionale Heimat, die Mintal mit so vielen Menschen teilt; spielte der Club besonders schön, skandierten sie noch Marek Mintals Namen, als der schon – zum Abschluss der Karriere – für ein Jahr zu Hansa Rostock gegangen war.

Es ist jetzt ein bisschen anrührend, wie viele Menschen sich über Marek Mintals Rückkehr freuen, obwohl er ja gar nicht mehr in der Bundesliga spielt – wahrscheinlich nicht, indes man, wie Dieter Hecking während der Pressekonferenz auch sagt, „ja niemals nie sagen sollte – manchmal geht eine Tür auf“; es ist wahrscheinlich der Satz, der in den meisten Notizblöcken am dicksten unterstrichen wird. Marek Mintal lächelt.

Morgen spielt Mintal noch einmal in der Nürnberger Bundesligamannschaft, zu Gast zu seinem Abschiedsspiel ist der deutsche Meister und Pokalsieger Borussia Dortmund – das Beste, was der deutsche Fußball zu bieten hat. „Kein typisches Abschiedsspiel“, sagt Hecking, sei es, sondern auch ein ernsthafter Test, aber es handelt sich ja auch nicht um einen typischen Abschied; jetzt, da Mintal wieder daheim ist.

Am Sonntag, wenn der SC Erlangen-Eltersdorf im Frankenstadion vorspielt, wird Marek Mintal trotzdem fehlen – respektive nur auf der Bank sitzen, wie der Verein mitteilt, und Mintal sagt, dass das schon stimmt: „Ich sitze auf der Bank – zu Hause im Garten.“ Die Nacht zuvor soll schließlich lang werden, es kommen so viele alte Freunde nach Nürnberg, und bevor die Pressekonferenz beginnt, hat Marek Mintal noch einen kleinen Ratschlag eher fürs private Leben: „Es ist sicher besser, wenn du nicht mit dem Auto kommst.“

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