Vom Balljungen zum Profi: Kirschs märchenhafter Aufstieg

26.7.2016, 18:31 Uhr
Benedikt Kirsch ist einer von sechs Jungprofis bei der SpVgg Greuther Fürth und drängt in den Profikader.

© Sportfoto Zink / WoZi Benedikt Kirsch ist einer von sechs Jungprofis bei der SpVgg Greuther Fürth und drängt in den Profikader.

 

Mindestens einen Fan hat Benedikt Kirsch schon. Es ist Hansi Pfann, der Metzger aus Nürnberg-Neunhof, der am Rande einer Trainingseinheit sagt: "Des Kirschla, des g'fällt mir." Und so geht es durchaus auch einigen anderen der nach Tirol gereisten Kleeblatt-Anhänger. Nur der in Menschenführung schlaue Trainer hält den Ball flach. "Wir haben gesehen, wir sind nicht abhängig von einer Person", ist sein Urteil nach dem Testspiel gegen den türkischen Erstligisten Rizespor (1:0).

Kirsch sei, ebenso wie Nicolai Rapp, "verlässlich". Kirsch durfte gegen die Türken Jurgen Gjasula im zentralen Mittelfeld vertreten, weil jener mit Problemen am Schambein pausiert. Doch anstatt zu feixen, dass jetzt eventuell sein Stern aufgegangen ist, fühlt der junge Kirsch mit. "Ich weiß, wie sich das anfühlt. Ich hoffe, dass es bei ihm nicht schlimm ist, er ist ein wichtiger Spieler."

Gjasula als Vorbild

In dieser Aussage schwingen zwei Dinge mit: Zum einen war eine Schambeinentzündung Kirschs erste große Verletzung. Im vergangenen Jahr setzte sie ihn ein halbes Jahr außer Gefecht. Ausgerechnet in einer so wichtigen Phase eines jungen Fußballers, in der er zum Karrieresprung ansetzen kann. "Schambein ist eine komplizierte Geschichte. Du merkst die Schmerzen erst nach der Belastung zu Hause auf der Couch, doch mit der Zeit wird es immer schlimmer."

Zum anderen geht es ihm um Gjasula selbst. Der 30-Jährige ist fußballerisch ein Vorbild. Kirsch bewundert, "wie er die Bälle spielt, seine Technik". Auch er ist fürs zentrale Mittelfeld ausgebildet worden, auch er kann diese gefährlichen Bälle in die Spitze spielen, die Ruthenbeck sehen will, möchte dafür ständig den Ball haben.

Eingelebt in Franken

Als Erstklässler bei Jahn Regensburg, ab dem zwölften Lebensjahr im Nachwuchsleistungszentrum der Spielvereinigung, brachte man ihm bei, was man auf der Position acht tun muss. Kirsch ist im 1000-Seelen-Dorf Hohenschambach in der Oberpfalz aufgewachsen. In den ersten drei Jahren fuhr er noch mit dem Zug zum Training, mit 15 zog er ins Jugendinternat des Vereins. Nach seinem Abitur am Helene-Lange-Gymnasium trat er das Studium der Wirtschaftswissenschaften an, das wegen der Karrierechance gerade ruht.

In seiner Männer-WG übernimmt er bereits Verantwortung für die nächste Generation an Kleeblatt-Talenten. Sein Mitbewohner ist Valentin Gressel aus der Fürther B-Jugend. "Er ist wie ein kleiner Bruder für mich, ich passe auf den auf", erzählt er. Und man muss schon genauer hinhören, um den Oberpfälzer Dialekt noch herauszuhören. Die acht Jahre in Fürth haben abgefärbt, in jeglicher Hinsicht. "Klar bin ich Fan", reflektiert er, "nach so vielen Jahren lebt man das Kleeblatt mit."

"Auf dem Platz frech sein"

Es ist genau die Geschichte, die die Fans hören wollen: Vom Balljungen zum Profi. Und dann sagt er auch noch so Sätze wie "es ist eine Ehre, es ins Profiteam zu schaffen". Schließlich könne er sich noch daran erinnern, wie er den Spielern im Ronhof den Ball zugeworfen hat, "jetzt stehen die neben mir auf dem Platz". Es müsse jedoch niemand Angst haben, er vergesse vor lauter Ehrfurcht den Konkurrenzkampf.

"Der Respekt ist zwar immer da", bekennt er - nach dem Training schnappen sich er, Dominik Schad (19), Marius Funk (20), Nicolai Rapp (19), George Davies (19) und das Küken Tobias Pellio (18) ohne Murren das Ballnetz, was etwa ein Jurgen Gjasula nicht mehr tun muss. "Aber", wirft Kirsch ein, "man darf auf dem Platz frech sein und sich etwas zutrauen." Hansi Pfann werden solche Worte freuen. Außer ihn aber, beruhigt Kirsch den Interviewer, habe er noch nicht wirklich eine Fangemeinde aufgebaut. "In der Stadt erkennt mich eigentlich keiner", sagt er und lacht. Es scheint, er kommt damit ganz gut zurecht.

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