Von der Zuschauer-Tribüne auf die glatte Eisfläche

FÜRTH - Schiedsrichter-Nachwuchs ist ein problematisches Thema in allen Sportarten. Eishockey macht da keine Ausnahme, im Gegenteil. Warum man trotzdem zur Pfeife greift, erzählen den FN zwei Neulinge aus dem Landkreis: Thomas Köwer, 22, Student für Angewandte Chemie aus Veitsbronn, und Niklas Zwingel, 16, Schüler an der Fürther FOS aus Oberasbach.

Roland Aumüller wird bei den DEL-Spielen der Nürnberger Ice Tigers in der Arena schon mit Missfallenskundgebungen empfangen, bevor er überhaupt zum ersten Mal gepfiffen hat. Der Referee aus Oberbayern hat sich in vielen Jahren den Ruf als Buhmann Nummer eins nicht nur bei den Fans erworben.

Ein wissendes Lächeln huscht über die Gesichter von Thomas Köwer und Niklas Zwingel, als sein Name fällt. Sitzen sie als Eishockeyfans seit Jahren doch häufig auf der Tribüne. Abhalten von ihrer Idee, selbst zur Pfeife zu greifen, konnte sie dieses Beispiel jedoch nicht. Im Gegenteil, Spaß an ihrer neuen Aufgabe nennen beide als Hauptargument dafür, Anfang Oktober den dreitägigen Schiedsrichterlehrgang besucht und erfolgreich absolviert zu haben.

Fans und Helfer

Ihr Interesse am schnellsten Mannschaftsspiel wurde von den Vätern geweckt. In der Familie von Thomas Köwer ist „Eishockey Gesprächsthema wie woanders Fußball“, das Interesse geht weit über die Nürnberger Ice Tigers hinaus, Länderspiele und Weltmeisterschaften gehören zum Programm — als Fans und vor allem als Helfer. Animiert vom älteren Bruder spielt er Skater Hockey bei den Nürnberg Knights, ist dort seit Sommer auch Schiedsrichter. Da war der Schritt aufs Eis nur folgerichtig.

Auch Niklas war seit dem sechsten Lebensjahr regelmäßig bei den Ice Tigers in der Arena, zusammen mit seinem Vater Albert Zwingel, den Fußballern in der Region als langjähriger Spieler des ASV Zirndorf bekannt. Weil Eishockey zu aufwändig war, zeitlich vor allem, spielte der Sohn Handball, bis in ihm, etwas älter geworden, die Idee reifte, „es mal als Schiedsrichter zu probieren, um doch noch direkt zum Eishockey zu kommen“. Der erste Schritt ist getan, die Aufregung jüngst vor dem Debüt als Schiedsrichter in Höchstadt war so groß, „dass ich in der Nacht vorher nicht schlafen konnte“.

Denn kaum war der Lehrgang vorbei, vollgestopft mit all der unumgänglichen Theorie, wurden sie „ein bisschen ins kalte Wasser geworfen“ (Köwer), sprich: auf Kleinschüler- und Knabenmannschaften in Nordbayern „losgelassen“. Wenn sie Termine nicht sperren, werden sie künftig jedes Wochenende eingeteilt; übrigens ist Dieter Erdl, der ehemalige Torwart des EHC 80, der für ihren Bereich zuständige Schiedsrichter-Obmann. Selbstverständlich stellt er ihnen erfahrene Unparteiische an die Seite, die den Neulingen Sicherheit vermittelt und Ratschläge gegeben haben. Tipps zum besseren Stellungsspiel sind dabei, Hinweise, sich von Zurufen nicht beeinflussen zu lassen.

Die ersten Eindrücke nennen beide „insgesamt nur positiv“, vom Stress einmal abgesehen, denn Niklas Zwingel, mit seinen 16 Jahren ohnehin einer der jüngsten Schiedsrichter, war trotz aller Vorbereitung und der vielen Spiele in der Zuschauerrolle „doch noch überrascht, auf wie viel man auf dem Eis plötzlich achten muss“. Und Thomas Köwer, schon vorgewarnt vom Skater Hockey, hat als wichtigste Erkenntnis festgestellt, „dass sich die Situationen auf dem Eis ganz anders darstellen als für den Zuschauer auf der Tribüne“. Näher dran am Geschehen sei man als Schiedsrichter, habe aber dafür generell weniger Überblick.

Spaß muss stimmen

Und wie groß ist der Ehrgeiz an der Pfeife, gibt es schon irgendwelche Ziele? „Nun ja, die Bayernliga wäre schon eine schöne Erfahrung“, sagt Thomas Köwer mit dem Zusatz: „Und wenn es noch weiter geht, sage ich auch nicht nein…“ Niklas Zwingel nickt zustimmend. Die Zeit ist dabei unwichtig, der Spaß muss stimmen. Dabei hat gerade er die erste unliebsame Erfahrung schon hinter sich, obwohl sich das Duo nach den bisherigen, allerdings noch leicht überschaubaren Eindrücken auf dem Eis einig ist, dass bei Neulingen generell ein Auge zugedrückt wird. Aber: „Bei einem 1:10-Rückstand der Gastmannschaft waren es natürlich unsere Strafzeiten“, erinnert er sich an verbale Schuldzuweisungen — mit einem Lächeln sogar. Vielleicht, weil er in diesem Moment an den DEL-Kollegen Roland Aumüller gedacht hat…