Vorstellungsrunde beim Meister: Bamberg beginnt

22.8.2017, 10:42 Uhr
Vorstellungsrunde beim Meister: Bamberg beginnt

© Brose Bamberg

Am Anfang steht tatsächlich ein Stuhlkreis. Neben dem Spielfeld in der Trainingshalle von Brose Bamberg haben Betreuer Sitzgelegenheiten aufgebaut, einen Ball brauchen sie beim Auftakttraining zur neuen Saison nicht. Die Spieler sind in Freizeitklamotten gekommen, noch sieht man ihnen allen die Sommerferien an. Es wird viel gelacht, selbst die blassesten Charaktere haben eine gesunde Gesichtsfarbe mit in die Halle in Strullendorf gebracht, schon bald werden sich in diesen Gesichtern aber wieder die Strapazen ablesen lassen, die ein Leben als Profisportler mit sich bringt, das überwiegend in Turnhallen mit künstlichem Licht, in Reisebussen und Hotelzimmern stattfindet.

Ein Stuhlkreis also. So wie man ihn von Seminaren kennt, bei denen Menschen etwas über Selbstfindung, Führungsstärke oder Kreativität lernen. Vor einem Jahr hatten sie bei Brose Bamberg keine große Vorstellungsrunde nötig, die Neuzugänge ließen sich an einer Hand abzählen. Diesmal ist das anders.

Dass das Personal im Sport schneller wechselt als in anderen Lebensbereichen, ist normal, in Bamberg fiel der Umbruch im Sommer nach Jahren der Kontinuität diesmal allerdings deutlich größer aus. Fast die halbe Mannschaft des Meisters und Pokalsiegers folgte den Angeboten aus Boston, Madrid oder Istanbul, Sportdirektor Daniele Baiesi verabschiedete sich zum FC Bayern, selbst über einen neuen Namen wurde zwischenzeitlich laut nachgedacht.

"...., also fangen wir neu an"

Andrea Trinchieri hat all das kalt gelassen oder zumindest lässt er sich nichts Gegenteiliges anmerken. "Es war das Ende einer tollen Reise, mit tollen Typen", sagt Bambergs Trainer über den 11. Juni dieses Jahres, als sie zum dritten Mal in Folge in der eigenen Arena ausgelassen Bier verschütten und den Meistertitel feiern durften. Zum dritten Mal, seit der Italiener vor drei Jahren Cheftrainer in Bamberg geworden ist. Der Kern der Mannschaft ist in dieser Zeit zusammengeblieben und ist irgendwann zu groß für die deutsche Basketball-Metropole in Oberfranken geworden. "Ich bin glücklich für meine Spieler, dass sie tolle Klubs gefunden haben", sagt Trinchieri, "aber dieser Verein hier ist immer noch da, die Trainingshalle auch, also fangen wir neu an."

Neugeborener Ringträger

So sieht das auch Nikos Zisis, der griechische Guard, den sie nur noch "Herr der Ringe" nennen, weil er fast alles gewonnen hat, was man im Basketball gewinnen kann. Ein bisschen wie "neugeboren" fühle es sich an mit den vielen neuen Kollegen, sagt er, und: "Wir hatten eine tolle Zeit, aber wir dürfen nicht den Fehler machen und zu viel über die Vergangenheit reden. Auch in der neuen Mannschaft steckt viel Talent und Qualität."

Den Sommer hat er wie immer, seit er nicht mehr für die Nationalmannschaft aktiv ist, in seiner Heimat verbracht und hat dort etwas Erstaunliches erlebt: Immer häufiger sprechen ihn Fans auf Bamberg an und loben ihn stellvertretend für den "schönen Basketball, der dort gespielt wird". Auf das Lob aus einem basketballverrückten Land wie Griechenland darf man sich durchaus etwas einbilden.

"Viele bunte Farben"

Vielleicht hat Zisis diese Geschichte im Stuhlkreis erzählt, auch Andrea Trinchieri will den Neuen zunächst einmal klarmachen, was es bedeutet, für Bamberg zu spielen. In der Euroleague werden sie weiterhin ein Außenseiter sein, auch wenn die meisten ihrer Verpflichtungen den Wettbewerb bereits kennen. Quincy Miller (24) zum Beispiel, der bereits bei Roter Stern Belgrad und Maccabi Tel Aviv unter Vertrag stand oder die Veteranen Ricky Hickman (31), Bryce Taylor (30) und Daniel Hackett (29), der sich im Moment noch mit der italienischen Auswahl auf die EM vorbereitet.

Als Problem sieht Trinchieri es jedenfalls nicht, dass er seine Ideen nun erst wieder erklären muss. "Es ist eine Herausforderung", sagt er, "aber ich liebe Herausforderungen." Den Neuanfang beschreibt er mit einem weißen Blatt Papier, das er nun mit "vielen bunten Farben" bemalen darf. Was für ein Gemälde am Ende dabei herauskommen wird, weiß er noch nicht. Erste Ideen hat er in einem Stuhlkreis gesammelt.

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