Weitermachen: HCE will an gezeigte Leistung anknüpfen

15.10.2017, 11:21 Uhr
Ist ein "kommunikativer Typ" und steht deshalb hoch im Kurs bei Interimstrainer Wannenmacher: Erlangens Rückraum-Spieler Nico Büdel.

© Sportfoto Zink / DaMa Ist ein "kommunikativer Typ" und steht deshalb hoch im Kurs bei Interimstrainer Wannenmacher: Erlangens Rückraum-Spieler Nico Büdel.

Die Mannschaft war schon in der Kabine verschwunden, Helfer begannen damit, die Werbebanden aufzuräumen, da saß Tobias Wannenmacher noch immer auf einem Klappstuhl und diskutierte mit Nico Büdel, seinem Spielmacher. Wannenmacher wirkte nicht erschöpft, dafür war sein Körper noch zu sehr mit Adrenalin geflutet. Aber die Müdigkeit würde später noch zuschlagen wie eine Keule – denn auf diesem Stuhl hatte er die 60 Handballminuten zuvor nicht gesessen. Keine Sekunde.

Der 39-Jährige stand und lief, er schrie, er klatschte in die Hände, er ruderte mit den Armen, redete mit seinen Spielern, lachte, umarmte, ja, er küsste sogar Rückraumspieler Nikolai Link einmal auf die Wange. Wannenmacher versprühte Lockerheit und Zuversicht, Biss und Leidenschaft – es hätte nur noch gefehlt, dass er sich selbst einwechselt. "Das war viel positive Energie, die ich einbringen wollte", sagte der Interimscoach, der den HC Erlangen vom beurlaubten Robert Andersson übernommen hatte.

Alle sind in der Pflicht

Wannenmacher soll die Leichtigkeit zurückbringen, den Spaß am Handball vermitteln, die Verunsicherung vertreiben. "So etwas", sagte Nico Büdel, der Spielmacher, zwar, "funktioniert nicht von jetzt auf gleich. Aber er kommuniziert viel, vermittelt uns Sicherheit und Vertrauen. Ich denke schon, dass das funktionieren kann." Vor 6460 Zuschauern in der Max-Schmeling-Halle, beim ungeschlagenen Tabellenführer, funktionierte es immerhin eine Halbzeit lang.

"Wanne kommuniziert viel", sagte auch Michael Haaß, der Kapitän. Doch das war nicht alles. Dadurch, dass Wannenmacher alle bis auf den Schweden Marcus Enström zum Einsatz brachte, sogar die drei Nachwuchsspieler Christopher Bissel, Michael Haßferter und Maximilian Lux, nahm er alle in die Pflicht. Jeder wird gebraucht, das ist das Signal.

Kommunikation ist der Schlüssel

Nur Haaß konnte am Ende seine Enttäuschung nicht ganz verstecken: Wannenmacher hatte nicht etwa ihn, den 120-fachen Nationalspieler und Weltmeister auserkoren, die Mannschaft zu führen, sondern Konkurrent Nico Büdel, der erst vor der Saison vom HSC Coburg gekommen war. Das war personell die einzige Änderung. Ansonsten tauschte der Trainer in der Partie viel, rotierte. "Wir brauchen einen Mittelmann, der das Vertrauen genießt, und zwei Zuarbeiter."

Doch in Berlin durfte dann nur Jonas Link offensiv ein wenig zuarbeiten, Haaß rutschte in der Spielmacher-Hierarchie von Rang eins auf drei ab. "Wir haben uns im Trainerteam dazu entschieden, Nico mehr Verantwortung zu übertragen, auch, weil er ein kommunikativer Typ ist", begründete der Interimscoach. Und es ist die Kommunikation auf dem Feld, die für ihn der Schlüssel ist: "Es kann nicht sein, dass wir immer erst eine Auszeit brauchen, um unsere Spielzüge umzustellen. Das müssen die Jungs selber hinbekommen." Weil das nicht funktionierte, gab Erlangen die lukrative Führung aus der Hand. Berlin hatte nach dem 13:10 (24.) die Deckung offensiver umgestellt, Erlangen kam damit nicht zurecht. Berlin durfte vier Toren in Folge werfen und einem 14:13 in die Pause gehen.

Vertrauen auf Büdel

Bis dahin war es Erlangen gelungen, eine stabile, bewegliche Deckung zu stellen. Offensiv wartete der Gast auffällig geduldig auf den rechten Moment, um mit Kreativität zuzuschlagen, auch unter Zeitdruck gelangen so Treffer gegen den ungeschlagenen Tabellenführer. Das ließ das Selbstbewusstsein wachsen, Nikolai Link, der vier Tore warf, zeigte dabei wohl die größte Metamorphose. "Wir vergeben obendrein vier Siebenmeter, da sieht man, dass noch viel mehr drin ist. Aber die Körpersprache war ja schon einmal eine ganz andere", freute sich Wannenmacher.

Als Berlin das Tempo anzog, ging der Mut kurzzeitig verloren. "Wir sind ins alte Schema zurückgefallen", ärgerte sich Büdel. Angeführt vom starken Steffen Fäth stellten die Füchse auf 22:16 (42.), spätestens beim 26:19 (50.) war die Vorentscheidung gefallen. Erlangen gab aber nie auf, fing sich wieder – "es war ein Schritt nach vorne", fand Michael Haaß. "Ich glaube, die Jungs haben gecheckt, wie es laufen kann", sagte Tobias Wannenmacher. Am Sonntagmittag in Minden wollen sie sich dann auch mit Zählbarem belohnen.

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