"Weltklasse": HCE-Torwart Katsigiannis ist in Topform

28.11.2017, 14:22 Uhr
Wenn die Angst zu groß wird, so wie hier bei Michael Allendorf gegen einen unglaublichen Nikolas Katsigiannis, wirft man schon auch mal am Tor vorbei.

© Sportfoto Zink / WoZi Wenn die Angst zu groß wird, so wie hier bei Michael Allendorf gegen einen unglaublichen Nikolas Katsigiannis, wirft man schon auch mal am Tor vorbei.

Es ist eine beliebte Frage unter Sportjournalisten, welche Szenen von besonderen Spielen im Gedächtnis hängen bleiben. Mal ist es ein Tor, erzielt kurz vor der Schlusssirene, mal ist es der Moment der ersten Einwechslung in der Bundesliga, mal die Sekunde, in der man den Pokal in die Luft stemmen darf. Und manchmal ist es das Gesicht eines Torwarts.

Hätte man also Tobias Reichmann am späten Samstagabend diese Frage gestellt, er hätte wohl geantwortet: Nikolas Katsigiannis.

Immer, wenn der Europameister und amtierende Champions-League-Sieger mit Ex-Klub Kielce, auf den Erlanger Torhüter zulief, immer wieder, wenn in seinem Blickfeld dieses gelbe Trikot auftauchte, diese Hose mit den langen Strümpfen, dieser Torwart, dem Strähnen der schulterlangen Haare verschwitzt im Gesicht hingen, bekam es Reichmann mit der Angst vor dem Versagen zu tun. "Ich muss versuchen, in die Köpfe der Spieler zu kommen", verriet Nikolas Katsigiannis. Nur wenn er darin umherspukt wie ein Gespenst in einem Schloss, werden selbst die besten Werfer plötzlich unsicher. 

Entnervter Europameister 

Dreimal lief Reichmann allein auf Katsigiannis zu, allen enteilt, allein auf weiter Flur. Dreimal scheiterte der Melsunger Star am spektakulär haltenden Erlanger Keeper. "Ich versuche die Spieler zu beobachten", so Katsigiannis, "und zu warten, welche Bewegungen sie machen. Manchmal bin ich dann eben schnell genug." Gegen Melsungen war Nikolas Katsigiannis erstaunlich häufig schnell genug: 43,9 Prozent der Würfe auf sein Tor parierte der 35-Jährige, eine nahezu unglaubliche Zahl. In der zweiten Halbzeit konnte er seine Quote sogar noch um fast acht Prozent steigern, auf 47,6 Prozent oder zehn von 21 Torwürfen – "weltklasse", wir sogar Gästetrainer Michael Roth attestierte.

An einem normalen Tag hätte das wohl gereicht für einen Sieg, Erlangens Pech war, dass auch Nebojsa Simic im Melsunger Tor bei 41 Prozent lag. Wenngleich Katsigiannis reihenweise Würfe von Nationalspielern und Europameistern parierte, Simic die vom letzten Erlanger Aufgebot.

"Ich habe mich vor dem Spiel erinnert, was Martin Stranovsky vor unserem Sieg gegen die Rhein-Neckar Löwen einst gesagt hatte: 'Wenn Katze einen guten Tag hat, können wir jeden schlagen'." Daraus zog Katsigiannis seine Energie, verriet er. "Katze ist eine starke Konstante", lobte Trainer Adalsteinn Eyjolfsson, "ich bin froh, dass er so stark hält. Dann muss ich mich nicht auch noch im Tor sorgen. Kompliment an Katze!" Der profitiert auch von Eyjolfssons akribischer Arbeit mit der Deckung: "Wir sind gut ins Spiel gekommen", meinte der Torwart, "haben gut Abwehr gespielt. Dann gibt das viel Selbstvertrauen." Immer wieder sprang Katsigiannis in seiner akrobatischen Art den Werfern entgegen, immer wieder bekam er ein Körperteil an den Ball. Und so brannte er sich immer mehr in den Köpfen der Melsunger Angreifer ein, entschärfte drei Siebenmeter, knipste eine beeindruckende Atmosphäre in der Arena an – und sicherte letztlich mindestens den Punktgewinn.

"Es ist mit die schwierigste Situation im Sport, wenn du unten drin bist, seit zehn Spielen nicht mehr gewonnen hast, da wieder rauszukommen", meinte Katsigiannis, "das geht nur Schritt für Schritt – da haben wir heute Moral bewiesen." Wenn sie so weiter kämpfen, findet der Keeper, "werden wir da auch rauskommen". Und er hinein – in die Köpfe der Angreifer. 

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