Wenn die Tage aus Ringen und Pferden bestehen

9.8.2017, 15:00 Uhr
Wenn die Tage aus Ringen und Pferden bestehen

© Foto: Thielert

Turnen kann manchmal grausam sein. Philipp Boy kann ein Lied davon singen. Die Olympischen Spiele 2012 sollten sein Turnier werden. Zweimal hatte der deutsche Weltklasseturner schon Silber bei Weltmeisterschaften geholt. Doch Olympia ist eine andere Hausnummer. Auch und vor allem für Turner. Vier Jahre Training, vier Jahre Schweiß. Für ein Ziel. Doch für Philipp Boy ging in diesem Olympiajahr alles schief. Der Traum von der Medaille zerplatzte.

Nach dem Turnier folgte der Rücktritt. Mit 25 Jahren. Für Spitzenturner ist das schon alt. 25 Jahre alt ist auch Leandro Eckstein, der seit Oktober letzten Jahres für den TB Erlangen turnt. Zu alt ist er aber noch nicht, schließlich turnt Eckstein nur in der Landesliga 2. In einer ganz anderen Kategorie, als eben jener Philipp Boy, den der Schwabe aber als sein Vorbild bezeichnet. "Das hat mich damals auch ein bisschen runter gezogen. Ich fand ihn immer sehr sympathisch und er war ein super Turner. Er hätte dann für die nächste Olympiade halt noch einmal vier Jahre lang alles reinstecken müssen und am Ende weißt du ja auch nicht, ob etwas dabei herumkommt", sagt Eckstein. Spitzenturnen ist kein Kindergarten.

Wer es hier schaffen möchte, der muss es wirklich ernst meinen. Für Leandro Eckstein war und ist Turnen dagegen nur ein Hobby. Doch selbst in der Landesliga ist es ein äußerst zeitintensives Hobby. "Ich versuche, sechsmal die Woche etwas zu machen. Von Montag bis Samstag. Am Sonntag hat halt alles zu, aber ein Tag Pause ist ja auch in Ordnung", sagt der gebürtige Schwabe, der möglichst dreimal die Woche in der Halle trainiert und zusätzlich dreimal ins Fitnesstudio geht. "In meiner Heimat habe ich noch öfter trainiert. Hier gibt es halt nur bestimmte Hallenzeiten", sagt Eckstein, der in Erlangen Wirtschaftsingenieurwesen studiert. "Natürlich muss man viel trainieren und eine Menge Zeit reinstecken, aber wenn man das macht, geht es auch voran"

Trainingsfleiß zahlt sich aus

Immerhin: der Trainingsfleiß scheint sich auszuzahlen. Nach den ersten beiden Ligawettkämpfen führen die Erlanger Turner mit 16 Ranglistenpunkten die Tabelle der Landesliga 2 im Geräteturnen an. Und nach zwei von vier Wettkampftagen ist Eckstein sogar Führender der Gesamteinzelwertung. Am ersten Wettkampftag hatte er satte sieben Punkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten. Im Turnen eine Welt.

"Das ist natürlich ein schöner Bonus für mich. Aber letztlich geht es um den Erfolg der Mannschaft. Ich hoffe, wir werden am Ende auch Meister – die Chancen dazu sind auf jeden Fall da", sagt Eckstein und ergänzt: "Wenn wir uns zusammenreißen und konzentriert bleiben, können wir hoch in die Landesliga 1."

Über jener Landesliga 1, gibt es in Bayern noch vier weitere Leistungsklassen, ehe sich die Spitzenturner des MTV Stuttgart oder die TG Saar in der 1. Bundesliga messen. Dorthin schaffen es die Erlanger freilich nicht. Hier steht der Spaß im Vordergrund. "Als Kind ging das beim Kinderturnen eher von den Eltern aus und eigentlich hatte ich gar keine Lust", sagt Eckstein, "mit zehn, elf, zwölf ging es aber schon los mit professionellerem Training. Dann hat es mir auch mehr Spaß gemacht. Mittlerweile könnte ich nicht mehr ohne. Es ist ein Bestandteil meines Lebens."

Ein harter Weg

Das war es für den deutschen Weltklasseturner Philipp Boy seinerzeit auch. "Wenn man es wie er wirklich professionell durchziehen will, dann muss man aber schon ein außerordentliches Talent mitbringen und mit fünf, sechs Jahren schon in diverse Kader kommen. Beim Turnen ist das ein ganz harter Weg." Das klingt dann tatsächlich nicht mehr nur nach Spaß. Den kann Leandro Eckstein dagegen in Erlangen mit seinen Kollegen haben. Mit dem nötigen Ernst beim Training, aber auch mit einem angemessenen Studentenleben.

Keine Kommentare