Wie Stollen Klaus Mösle den Platz im Tor kosteten

6.7.2009, 00:00 Uhr
Wie Stollen Klaus Mösle den Platz im Tor kosteten

© Zink

Unnötig war die 1:2-Niederlage gegen die Schwaben, auch wenn in deren Reihen ein gewisser Guido Buchwald aufgelaufen war. «Selbst als der Norbert Schlegel seinen Liberoposten aufgegeben hat und nur noch stürmte, haben wir vorne nichts reingebracht. Dabei waren wir besser als die Stuttgarter», erinnerte sich Günther Gerling, der damalige Trainer der A-Junioren des 1. FCN.

Und plötzlich schwärmte die ganze Runde von den Qualitäten Schlegels. «Mit so einem Libero hast du als Torwart gar nicht großartig denken müssen, der hat alles weggeräumt», warf Klaus Mösle ein, der damals mit Roland Flach die ganze Saison über um den Platz im Club-Gehäuse kämpfte. Ähnlich klang es bei Flach: «Das war der Beste, mit dem ich zusammengespielt habe!»

Gerling wiederum ist das «unwahrscheinliche Timing» Schlegels vor allem bei Standards im gegnerischen Strafraum in Erinnerung geblieben. «Klaus Suchanek hat geflankt, und Schlegel hat die Dinger reingeköpft – das war eine unserer besten Waffen damals. Aber gegen Stuttgart hat auch das nicht geklappt.»

Schlegel müssen die Ohren geklungen haben – ist er neben Klaus Mösle (Jugend-Torwarttrainer beim Club sowie Coach beim Landesligisten SV 73) der einzige, der aktuell noch im Fußballgeschehen aktiv ist – als Trainer. Schlegel holte mit dem Landesligisten SV Memmelsdorf beim Erdinger Meister-Cup den Titel, während seine früheren Mitspieler in Erinnerungen schwelgten. Neben Thomas Brunner und Alois Reinhardt (war während des Treffens für den DFB unterwegs) war Schlegel auch im Profibereich der wohl Erfolgreichste: Er schaffte mit dem Club und dem 1.FC Saarbrücken den Aufstieg in die Bundesliga, in der er auch für Hertha BSC Berlin und insgesamt 59 Mal auflief. Daneben bestritt er satte 257 Zweitligaspiele, zuletzt für die SpVgg Fürth, deren Amateure er auch zwischen 2002 und 2004 trainierte.

Mit Klaus Mösle und Flach hatte Gerling gleich zwei seiner früheren Schützlinge um sich, die im Tor gestanden hatten – später stieß mit Mösles älterem Bruder Michael noch ein weiterer erfolgreicher «Goalie» und Ex-Cluberer zu der Runde –, was ihn zu der Feststellung animierte, dass «ich immer sehr gute Torwarte gehabt habe».

Und plötzlich war die alte «Stollen-Geschichte» wieder präsent: Flach war verletzt gewesen, Mösle sollte im Viertelfinale spielen. Doch kurz vor dem Anpfiff setzte heftiger Regen ein, Mösles Fußballschuhe hatten nur abgelaufene Stollen. Gerling forderte ihn auf, binnen fünf Minuten die Stollen zu wechseln, sonst werde Flach eingesetzt. «Und der alte Schlamper hat die Stollen nicht rechtzeitig heruntergebracht, war eine Minute zu spät dran, so dass Flach im Tor stand». Noch ärgerlicher für Mösle war, dass kein einziger Schuss aufs Club-Tor kam – «da hätte ich mit Badeschlappen spielen können», kommentierte er 30 Jahre später den 8:0-Sieg trocken.

Doch zurück zum verlorenen Endspiel: Da warf der einstige Mittelfeldakteur Wolfgang Gunselmann nachdenklich ein, «dass wir in den Partien vor dem Finale wirklich gut gespielt haben, aber im Endspiel waren wir einfach schlecht». Gunselmann, der heute in Coburg lebt, ist einer aus dem damaligen Team, der heute mit Fußball nichts mehr zu tun hat.

Gunselmann war 1979 vom 1.FCN in die Zweite Liga zur SpVgg Bayreuth gewechselt und anschließend noch für den Bayernligisten VfL Frohnlach aktiv. «Ich habe wohl zu früh aufgesteckt, hätte noch zwei Jahre beim Club bleiben sollen – bei dessen Truppe damals hätte ich es vielleicht doch noch gepackt.»

Doch die Anekdoten aus längst vergangenen Zeiten nahmen nur einen kleinen Teil der über fünf Stunden in Anspruch, die die einstigen Club-Akteure zusammensaßen – auch wenn das letzte Treffen immerhin fünf Jahre zurücklag. Natürlich wurde über den 1.FC Nürnberg der Gegenwart, den Wiederaufstieg und Personalia diskutiert. Aber auf einmal ging es um gesellschaftspolitische Themen, die Kinder und Jugendlichen von heute, und das nicht allein aus der sportlichen oder fußballerischen Warte. Dazu konnte Gerling einiges beisteuern, da er Realschulrektor in Roth und auch noch Vizepräsident und Chef des Nachwuchs-Leistungszentrums des ewigen Rivalen SpVgg Greuther Fürth ist und so viel mit jungen Leuten zu tun hat. Auch haben die meisten der damaligen Jungfußballer selbst (teilweise schon erwachsene) Kinder oder betreuen Jugendmannschaften.

Plötzlich war es hochpolitisch, ging es um den Einfluss der Medien auf Kinder, um Fragen von Erziehung und Disziplin, dem manchmal unermesslichen Selbstbewusstsein Jugendlicher heute – da war der gemeinsame Anknüpfungspunkt dann wieder – auch und gerade im Fußball.

Stets im Redegeschehen mit dabei – und immer für eine Anekdote gut – war Franz Heitzer, der heute in Regensburg lebt. Der talentierte Stürmer, der vom Club innerhalb der zweiten Liga zum SSV Ulm gewechselt war, sitzt nach einem Verkehrsunfall im Rollstuhl und arbeitet Teilzeit in einem Krankenhaus. Für einen Lacher war er in seinem breiten Oberpfälzisch stets gut, so auch, als er von seiner Kontaktaufnahme mit Gerling vor dem Wiedersehen berichtete, als er die alten Mitstreiter für das Wiedersehen zusammentrommelte.

Eines Vormittags hatte er bei Gerling angerufen und dessen Mutter am Telefon, die er als Ehefrau des Ex-Trainers ansprach. Daraufhin klärte ihn diese auf, ihr Sohn sei nicht daheim. Einen Tag später beim nächsten Versuch bat er die Frau am anderen Ende der Leitung, ihm ihren Sohn Günther zu geben. Die wiederum erklärte ihm dann offenbar etwas pikiert, ihr Mann sei nicht da.

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