WM-Affäre: Freshfields-Report gibt am Freitag Antworten

29.2.2016, 15:39 Uhr
Der Freshfields-Report soll Antworten liefern, die der ehemalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (M.) bisher nicht geben konnte oder wollte.

© Patrick Seeger/dpa Der Freshfields-Report soll Antworten liefern, die der ehemalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (M.) bisher nicht geben konnte oder wollte.

An wen genau flossen die verdächtigen Millionen? Welcher große Name wusste wann wovon? Und vor allem: Wurde die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland nun gekauft oder nicht? Viereinhalb Monate nach der Enthüllung der WM-Affäre erhofft sich der deutsche Fußball in dieser Woche endlich handfeste Antworten auf diese schwerwiegenden Fragen. Am Freitagmittag stellen die Ermittler von Freshfields Bruckhaus Deringer in Frankfurt am Main ihren Untersuchungsbericht vor. Die Wirtschaftskanzlei war vom DFB mit der Aufklärung des Skandals beauftragt worden. Eine Woche der Wahrheit also für den deutschen Fußball? Oder doch nicht?

Ein Problem der WM-Affäre ist ihre schiere Dimension. Auf der einen Seite hat sie schon jetzt den Rücktritt des DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach bewirkt, den Ruf von Franz Beckenbauer beschädigt und Steuerrazzien bei weiteren Mitgliedern des WM-Organisationskomitees ausgelöst. Auf der anderen Seite sind aber zentrale Zusammenhänge noch immer nicht geklärt. Zum Beispiel: Was genau geschah mit den 6,7 Millionen Euro, die im Zentrum der Affäre stehen?

Als gesichert gilt mittlerweile, dass der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus diese Summe im Auftrag der deutschen WM-Macher an die Finanzkommission des Weltverbands Fifa überwies, Beckenbauer als Chef des OK unterschrieb seinerzeit den Schuldschein. Der Franzose bekam sein Geld auch 2005 über den Umweg eines Fifa-Kontos wieder zurück - allerdings vom WM-OK bewusst verschleiert und falsch deklariert.

Ungereimtheiten und Merkwürdigkeiten

Was zwischendurch mit den 6,7 Millionen passierte, wissen nach wie vor nur die direkt Beteiligten. Sicherten sich die Deutschen damit bloß einen Organisationszuschuss, wie Beckenbauer, Niersbach und Co. bis heute behaupten? Oder verwendete die Finanzkommission das Geld, um 2002 den Wahlkampf des damaligen Fifa-Präsidenten Joseph Blatter zu finanzieren? Eine These ist nach wie vor auch, dass damit am Ende Stimmen von Wahlmännern der Fifa-Exekutive gekauft wurden.

Seit November vernahmen die Freshfields-Mitarbeiter teilweise auch mehrfach Protagonisten wie Beckenbauer, Niersbach oder Theo Zwanziger. Hilfreich könnte auch sein, was parallel bei der Aufklärungsarbeit der diversen Fifa-Skandale herauskommt. Mit großer Wahrscheinlichkeit reichen aber auch eine monatelange Ermittlungsarbeit und eine Pressekonferenz an diesem Freitag noch nicht aus, um den Skandal vollständig aufzuklären. Es gebe noch viele "Ungereimtheiten, Merkwürdigkeiten, die zeigen, dass wichtige Akteure des Sommermärchens noch immer viel zu vergeben haben", schrieb der Spiegel, der die Affäre im vergangenen Oktober ans Licht brachte.

Rauball: "Wir wollen das aufklären"

"Wir werden am Freitag zunächst einmal die Untersuchungs-Ergebnisse zur Kenntnis nehmen und dann die Bewertungen vornehmen. Dann werden wir über die kurz-, mittel- und langfristigen Konsequenzen zu reden haben", sagte Rainer Koch, einer der beiden Interimspräsidenten des DFB. Sein Amtskollege Reinhard Rauball betonte noch einmal: "Es war immer unsere Grundauffassung, zu sagen: Wir wollen das aufklären."

Der Umgang des deutschen Fußballs mit der WM-Affäre bleibt aber trotz solcher Aussagen ein ganz eigenes Kapitel in diesem Kriminalstück. Auch führende Repräsentanten des Bundesliga versuchten zunächst, die Spiegel-Berichterstattung zu skandalisieren oder zentrale Figuren wie Niersbach und Beckenbauer zu verteidigen. Mittlerweile lässt sich die Affäre nicht mehr kleinreden oder gar leugnen. Der DFB stellte sogar schon sicher, dass mögliche Schadensersatzforderungen gegen Beckenbauer, Niersbach oder Zwanziger nicht verjähren.

Was dabei gern in den Hintergrund gerät, sind die dubiosen Deals, die rund um die WM-Vergabe außerhalb des OK abgeschlossen wurden. Warum schloss der Kirch-Konzern als Inhaber der Übertragungsrechte laut Spiegel einen üppigen Beratervertrag mit einem Libanesen namens Elias Zaccour, der "in der Szene den Ruf eines gewieften Stimmenbeschaffers für WM-Aspiranten genoss"? Warum bestritt der FC Bayern München ausgerechnet in jenen Ländern Freundschaftsspiele, aus denen Wahlmänner der Fifa kamen? Auch das ist möglicherweise Teil dieses weit verzweigten Skandals. Und deshalb dürfte der Freshfields-Report am Freitag die WM-Affäre mit Sicherheit erhellen, aber kaum beenden.

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