WM-Kolumne: Lahms Kritik hilft vor allem Philipp Lahm

13.7.2018, 18:32 Uhr
Der größte Erfolg seiner Karriere: Vor vier Jahren stemmte Philipp Lahm den WM-Pokal in die Höhe. Nach der Weltmeisterschaft in Brasilien beendete der Kapitän seine Nationalmannschaftskarriere.

© Marcus Brandt, dpa Der größte Erfolg seiner Karriere: Vor vier Jahren stemmte Philipp Lahm den WM-Pokal in die Höhe. Nach der Weltmeisterschaft in Brasilien beendete der Kapitän seine Nationalmannschaftskarriere.

Vor genau vier Jahren lagen sich Philipp Lahm und Joachim Löw nach dem gewonnenen WM-Finale im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro in den Armen. Lahm der Weltmeister-Kapitän und Löw der Weltmeister-Trainer - beide auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Schon immer pflegten beide ein vertrauensvolles Verhältnis zueinander. Was Löw wollte, setzte Lahm um. Umso heftiger dürfte den Bundestrainer der Rundumschlag seines ehemaligen Lieblingsschülers treffen.

Ungewöhnlich deutlich kritisierte der ehemalige Bayern-Spieler im sozialen Netzwerk LinkedIn den Führungsstil bei der deutschen Nationalmannschaft. Unter der Überschrift "Wenn ausbleibende Veränderungen Erfolg verhindern" bezeichnet der 34-Jährige die modernen Profis als kickende Ich-AGs, die Joachim Löw mit seinem bisherigen Führungsstil nicht mehr in den Griff bekommen habe. "Das Trainerteam muss seine Individualisten motivieren und steuern. Wenn sie sich nicht von allein in die Richtung bewegen, wo man sie haben möchte, müssen sie eben mit klarer Ansprache dazu gebracht werden", schreibt Lahm in seinem Posting. Und weiter: "Diese klare Ansprache hätte es zum Beispiel gebraucht, als die Affäre um Mesut Özil und İlkay Gündoğan um das gemeinsame Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hochgekocht ist. Özil (und anfangs auch Gündoğan) sahen keine Notwendigkeit, sich öffentlich zu äußern und zu erklären. Diese Notwendigkeit hätte man ihnen schnell und nachhaltig vermitteln müssen, um nach außen – und nach innen – Identität zu stiften."

Lahms offener Brief ist eine Abrechnung mit dem DFB, die insbesondere Joachim Löw und Oliver Bierhoff gilt. Den Zeitpunkt der öffentlichen Kritik hat der ehemalige DFB-Verteidiger klug gewählt. Mehr als zwei Wochen nach dem deutschen WM-Aus spricht kaum einer mehr über das blamable Auftreten der Nationalmannschaft in Russland. Lahms Posting hätte sich wahrscheinlich unmittelbar nach der 1:2-Pleite gegen Südkorea in die Flut der Kritik anderer ehemaliger Nationalspieler eingereiht und nicht für ein derartiges Medienecho gesorgt, wie es aktuell der Fall. 


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Doch was will Lahm erreichen? Der "Unternehmer und Influencer", wie er sich selbst auf seiner LinkedIn-Seite bezeichnet, positioniert sich. Lahm hat in der Vergangenheit schon häufiger angekündigt, dass er wieder zurück ins Fußballgeschäft möchte. Nachdem es mit einem Engagement beim FC Bayern vor gut einem Jahr nicht geklappt hat, schielt der Weltmeister jetzt auf Bierhoffs Job. Lahm weiß, dass der Sportdirektor , der erst vor kurzem seinen Vertrag verlängert hat, angezählt ist. Lahms Aussagen sind zwar unbequem, aber auch richtig. Bierhoff hat zweifelsfrei gute Arbeit für den DFB geleistet, seit dem WM-Titel 2014 aber auch Fehler gemacht. Für einen Neuanfang wäre ein Typ wie Philipp Lahm  vielleicht genau der richtige Mann. Dann könnte es heißen: Was Lahm will, setzt Löw um. 

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