Zu Besuch im Massage-Zelt beim Challenge Roth

22.7.2014, 10:53 Uhr
Jonas Kraus massiert die aufgequollenen Füße der Triathleten.

Jonas Kraus massiert die aufgequollenen Füße der Triathleten.

Der Sieger kam am Sonntag nach knapp acht Stunden ins Ziel. Die Amateure haben bis zu 15 Stunden gebraucht. Nach einem Tag voller Sport konnten manche nur noch über die Ziellinie humpeln. Im Versorgungszelt durften sie sich endlich hinlegen.

Drinnen geht es zu wie in einem Bierzelt auf der Kirchweih. Es gibt zu Essen und zu Trinken, es ist laut und es stinkt nach Schweiß. Alle reden über das Unglaubliche, dass sie an diesem Tag geleistet haben: 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen. Etwas Ruhe nach der Anstrengung finden die Triathleten im Regenerationsbereich. 100 Biertische dienen hier als Massage-Liegen. Sie sind zwar etwas hart, aber praktikabel bei der Masse an Menschen. Die Sportler stehen Schlange. Rund 3500 sind dieses Jahr in Roth gestartet, dazu 650 Staffeln.

Seit 14 Uhr stehen Kristina Weinzierl und Annette Scholz neben den Liegen. Alle 20 Minuten liegt ein neuer Sportler vor ihnen. Etwa 20 hat jede von ihnen schon durchgeknetet. „Man spürt kleine Knoten wie Erbsen in den Beinen“, sagt Scholz. „Das sind verkrampfte Muskelfasern und die müssen wir lösen.“

Viele Athleten liegen völlig fertig auf den Tischen. Sie starren an die Decke, an der die Flaggen der 62 Teilnehmer-Nationen hängen. Andere haben die Augen geschlossen und manche schlafen hier sogar ein. „Wir passen die ganze Zeit auf den Kreislauf auf, damit niemand bewusstlos wird“, erklärt Weinzierl. Das kommt durchaus vor und die Sanitäter sind gleich nebenan. „Sie finden genau die richtige Stelle“, lobt die Staffel-Läuferin, die gerade massiert wird. „Im Moment tut es höllisch weh, aber ich weiß, dass es danach besser wird.“

Die beiden jungen Frauen helfen zum ersten Mal beim Triathlon. Sie sind im ersten Lehrjahr in der Ausbildung zur Physiotherapeutin in Nürnberg und ihre Lehrerin hatte nach Freiwilligen gesucht. Vier aus ihrem Kurs haben sich gemeldet. Geld bekommen sie für ihren Einsatz nicht, aber Übung. „In der Schule massieren wir uns immer gegenseitig, aber da spürt man keine Verhärtungen“, sagt die 19-jährige Scholz. Hier schon.

Zwei Blasen und eine blutige Zehe hatte Jonas Kraus am Sonntag schon in der Hand. „Aber an den Stellen massiert man ja nicht“, sagt der 26-Jährige aus Erlangen. Stattdessen knetet er die Waden und streicht mit der Faust über den Oberschenkel. Er schüttelt die Beine mit beiden Händen durch und fährt mit den Daumen an den sich abzeichnenden Muskeln entlang. „Ich achte aufs Gesicht, wenn der Blick verkrampft, dann packe ich etwas weniger fest zu“, sagt Kraus. Der Sportlerschweiß schreckt ihn nicht ab. „Wir waschen uns nach jedem die Hände.“ Dazu hilft Massage-Öl die Hautreibung zu verringern. „Aber es darf nicht zu viel sein, sonst geht der Griff verloren.“

Weniger Kater dank der Massage

Fest zupacken darf Kraus an den Füßen. Er versucht das Gewölbe wieder aufzurichten, das bei jedem Schritt wie ein Stoßdämpfer wirkt. „Nach so einem Tag ist die Sohle total verspannt“, sagt er. „Die Füße fühlen sich aufgequollen an.“ Die Massage fördert die Durchblutung. Es gelangt neuer Sauerstoff in die Muskeln und Schadstoffe werden besser abtransportiert. „Durch die starke Belastung sammeln sich Abfallprodukte des Stoffwechsels an“, erklärt Kraus. Zum Beispiel Milchsäure. „Das verändert das Milieu des Muskels und er kann sich nicht so gut erholen.“ Die Überlastung verursacht kleine Risse, sogenannte Mikrotraumata, die für den Muskelkater verantwortlich sind. Nach der Massage können sie besser abheilen. „Muskelkater werden die morgen aber trotzdem alle haben“, ist sich der angehende Physiotherapeut sicher.

„Wie kann ich das je wieder gut machen?“, fragt ein Triathlet als Kraus mit ihm fertig ist. Manche fragen sogar nach einer Trinkgeldkasse. Sie glauben nicht, dass die Helfer, das freiwillig und kostenlos machen. Aber ein Sparschwein gibt es nicht. Kraus hilft gern: „Ich finde es super, dass die Leute zu uns an den Tisch humpeln und danach aufstehen und es geht ihnen viel besser – das ist ein gutes Gefühl“, sagt er. Selbst teilnehmen möchte er aber auf keinen Fall: „Nene, ich massiere lieber.“ Seinen „Massage-Triathlon“ hat Kraus wie die Profi-Sportler nach acht Stunden überstanden. „Morgen habe ich wahrscheinlich Muskelkater in den Händen, wir sind es nicht gewohnt, so lange zu massieren.“

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