Streit um Baugebiet in Stein

20.6.2015, 06:00 Uhr
Streit um Baugebiet in Stein

© Foto: Armin Leberzammer

Es geht um 16 700 Quadratmeter in Deutenbach, auf denen Mehr- und Einfamilienhäuser entstehen sollen. Die Grundstückseigentümerin möchte damit die Mittel für den Bau eines Mehrgenerationenhauses erwirtschaften. An eine Kinderkrippe oder eine Tageseinrichtung für Senioren ist gedacht. Zwar hat die Stadt Stein den Bebauungsplan dafür weit vorangetrieben, aber noch braucht sie die Zustimmung des Kreistages, um den Schutz für die Fläche aufzuheben.

Schon im Dezember 2014 hatte sich der Kreistag damit befasst und zunächst Ja zum Wunsch der Stadt Stein gesagt. Im Nachgang war jedoch aufgefallen, dass Naturschutzverbände nicht an dem Verfahren beteiligt worden waren. Landrat Matthias Dießl setzte daher den Beschluss vom Dezember aus und das Thema gelangte erneut auf die Tagesordnung, dieses Mal im Umweltausschuss des Kreises.

Die Untere Naturschutzbehörde hatte inzwischen die Bedenken des Bundes Naturschutz (BN) geprüft. Sie sah die geplante Änderung als gering an: „Es spricht aus fachlicher Sicht nichts dagegen, die Landschaftsschutzverordnung Stein in diesem Fall aufzuheben“, fasste Landrat Dießl zusammen.

Unterstützend erwähnte der Steiner Kreisrat Bertram Höfer (CSU), dass es sich bei dem betreffenden Areal lediglich um 0,2 Prozent der gesamten geschützten Fläche handle. Dies sei wohl nicht als grober Eingriff zu betrachten. Höfer erwähnte zudem, dass Stein dafür eine Ausgleichsfläche in Roßtal schaffe.

Für die beiden Grünen-Kreisräte Marianne Schwämmlein und Norbert Schikora ging es aber längst nicht nur um das Steiner Projekt, sondern auch um den Präzedenzfall. „Das könnte Vorbildcharakter für andere Gemeinden haben“, sagte Schwämmlein. Und Schikora fügte an, dass bereits weitere Steiner Anlieger Interesse bekunden würden, auch ihre Flächen in Bauland umzuwandeln.

„Auch wir haben uns gefragt, ob wir einen Präzedenzfall schaffen“, sagte Andreas Lessmann, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde. Er verneinte das aber mit dem Hinweis, dass das Gelände zu zwei Dritteln landwirtschaftlich genutzt werde, es würden keine Wege hindurchführen, außerdem sei es größtenteils eingezäunt. Letzteres sei zwar nicht erlaubt, werde aber, weil es ein Altfall sei, toleriert. Die Fläche habe keinerlei Erholungswert für die Bürger.

Bei vier Gegenstimmen empfiehlt der Umweltausschuss dem Kreistag, der am Montag, 29. Juni, tagt, den Schutz aufzuheben und den Weg für die Bebauung freizumachen.

Vor der letzten Sitzung, die das Vorhaben noch stoppen könnte, formiert sich nun Widerstand. Er kommt von den Grünen aus der Stadt und dem Kreis, aber auch von nicht an Parteien gebundenen Bürgern, die gegen die Bebauung Unterschriften sammeln. Ihnen stehen diejenigen gegenüber, die in Stein Bauplätze suchen. Die sind nämlich in der Stadt rar. Eine Tatsache, die alle Steiner Stadtratsfraktionen veranlasst hatte, neue Baugebiete zu fordern.

Vor Ort informiert

Bei einer Infoversammlung, zu der die örtlichen Grünen eingeladen hatten, machten sich immerhin rund 50 Bürger vor Ort ein Bild. Mehrheitlich standen sie dem Vorhaben sehr kritisch gegenüber, mit dem von der Eigentümerin beauftragten Landschaftsarchitekten Michael Voit kam aber auch ein Befürworter zu Wort.

„Wir sprechen hier von einem Promilleanteil des Landschaftsschutzgebiets, das in Bauland umgewandelt werden soll“, betonte Voit. Außerdem grenze das betreffende Grundstück direkt an die bebaute Jagdstraße, was für ein Schutzgebiet recht ungewöhnlich sei.

„Nein, wir sprechen hier von einem Tabubruch“, schlug Voit prompt deutlicher Widerspruch entgegen. Der räumte ein, die geplante Umwidmung sei „kein ganz alltäglicher Vorgang“ und er könne die Bedenken nachvollziehen. Aufgrund des in seinen Augen äußerst geringfügigen Eingriffs werde das gesamte, über 750 Hektar große Landschaftsschutzgebiet als Ganzes aber nicht beeinträchtigt.

Das sehen die Kreis- und Stadträte der Grünen sowie Vertreter des BN bekanntermaßen anders. „Uns fehlt hier das Abwägen zwischen privaten Interessen der Eigner und denen der Allgemeinheit“, kritisiert Schikora. Er wirft dem Landratsamt Widersprüche zwischen Wort und Tat vor. So sei die geplante Installation eines Klimaschutzmanagers im Kreis unglaubwürdig, wenn gleichzeitig geschützte Natur bebaut werden solle.

„Wir müssen um jeden Baum kämpfen“, so Schikora. Die angedachte Ausgleichsfläche kann dabei weder die Kreisräte noch die meisten Anwesenden versöhnen. „Eine Ausgleichsfläche in Roßtal bringt mir als Anwohner doch rein gar nichts“ — dafür gab es Applaus.

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