Tag und Nacht ein bisschen Brahms

28.1.2018, 18:25 Uhr

Wie der österreichische Gastdirigent Christoph Campestrini in seinen einführenden Worten zum Programm erklärte, drehten sich alle drei Stücke des Abends um Johannes Brahms, obwohl kein einziges Stück von ihm sei, zumindest nicht in der dargebotenen Form.

Am meisten Brahms gab es natürlich in Johannes Brahms’ Sonate für Klarinette und Klavier in f-Moll, allerdings in der Orchesterfassung von Luciano Berio. Genau darin lag allerdings ein Problem. Stargast Daniel Ottensamer, Solo-Klarinettist bei den Wiener Philharmonikern, spielte mit unglaublich viel Ausdruck, seine Klarinette kam aber durch die im Vergleich eher wuchtige Orchestrierung Berios nicht so gut zur Geltung, wie sie das in der originalen Kammermusikversion getan hätte.

Dies zeigte sich vor allem im 1. Satz, auch wenn die Symphoniker Rücksicht auf den Solisten nahmen und die Oboe ein gelungenes Zwiegespräch mit der Klarinette fand. Im 2. Satz war die Komposition ausgewogener – und Ottensamer konnte beweisen, wie er mit seinem weichen Ton so leise spielen konnte, dass es an die Grenzen der Hörbarkeit ging, wobei sein Ton immer noch klar blieb.

Etwas weniger Brahms gab es zum Auftakt des Abends in Arnold Schönbergs "Verklärte Nacht", das 1899 als Streichsextett komponiert wurde und 1917 bzw. 1943 in der vorliegenden Form von Schönberg selbst für Streichorchester umgeschrieben wurde, ein von Brahms in entscheidendem Maße beeinflusstes Fin-de-siècle- Stück.

Basierend auf einem Gedicht Richard Dehmels setzt es ein Beziehungsgespräch über ein uneheliches Kind hochromantisch in Musik um, wobei die Symphoniker durch ihre sehr saubere Interpretation überzeugten. Zur Verdeutlichung der Tages-Nacht-Thematik des Abends diente die wechselnde Beleuchtung. Laut Campestrini wäre auch der Einfluss Sigmund Freuds hörbar gewesen, was natürlich zu einem "Beziehungsgespräch" passt, wie auch zu etwaigen Identitätskrisen, die in der Brahms’schen Klarinettensonate aufscheinen.

Den Abschluss des Konzerts bildete Robert Schumanns Symphonie Nr. 3 Es-Dur ("die Rheinische"), von Campestrini und den Symphonikern so schwungvoll und erfrischend rübergebracht, dass es einfach nur Spaß machte zuzuhören. Wobei, hatte Schumann 1850 vielleicht schon eine Vorahnung, dass dieses Gefühl der Lebensfreude nur von kurzer Dauer sein würde und sein junger Freund Brahms 1853 ein Auge auf seine Frau Clara werfen und den hellen Tag zur dunklen Nacht machen würde?

Ein Fall für Dr. Freud…

 

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