Tiergarten Nürnberg: Endstation für Bimmelbahn

6.9.2008, 00:00 Uhr
Tiergarten Nürnberg: Endstation für Bimmelbahn

© Stefan Hippel

«Da wird dem Tiergarten eine Attraktion fehlen«, meint eine Besucherin aus der Oberpfalz, als sie während der Fahrt in Richtung Streichelzoo vom Aus für die Tiergartenbahn erfährt. Mit ihren Kindern sei sie bei jedem Zoobesuch eingestiegen, jetzt sitzt sie mit ihrer dreijährigen Enkelin auf der Holzbank. An ihr lässt sich studieren, was vor allem Kindergartenkinder an dieser Fahrt begeistert. Es ruckelt und zuckelt, ab und zu kommt ein Signalton der Lok, jedes Winken kommt von den Menschen auf dem Fußweg garantiert zurück.

Pächter Willi Geier, der vor acht Jahren seinen Job als Kundendienstleiter eines Autohauses mit dem Chefposten bei der Tiergartenbahn tauschte, geht nach eigenen Worten «mit einem weinenden und einem lachenden Auge.« Natürlich, sagt der 59-jährige Neumarkter, schmerze ihn der Abschied vom Tiergarten. Andererseits könne er ab dem kommenden Jahr wieder mal den Sommer genießen. Die Arbeitszeit an der Tiergartenbahn sah nämlich so aus: In sieben Monaten sieben Tage in der Woche Betrieb, im Herbst einen Monat lang Lok und Waggons einwintern, dann vier Monate Pause.

«Jim Knopf« der Bahn

Bewältigt hat er diese zeitweise Non-Stop-Belastung dank der Unterstützung seiner Ehefrau Monika, die an den Wochenenden und an den Feiertagen immer zur Stelle war. Und dann gibt es noch den Fahrer Rudi Heinrich. Der 71-jährige Nürnberger, der sich als ehemaliger Kampfsportler gut gehalten hat, wird seine Arbeit vermissen, und das nicht nur wegen des Zuverdienstes zur Rente. «Jim Knopf« sei sein von den kleinen Fahrgästen vergebener Spitzname, «als Lokführer rangierst Du für die Kinder gleich hinter dem Nikolaus.«

Auch behinderte Besucher nutzten die Tiergartenbahn mit Begeisterung. «Die kriegst Du gar nicht wieder weg«, sagt Heinrich. Stolz sind beide Bahnbetreiber darauf, dass sie den Preis seit sechs Jahren stabil gehalten haben. Die einfache Fahrt vom Giraffengehege zum Streichelzoo kostet für Erwachsene einen Euro, für Kinder 50 Cent. Für Hin- und Rückfahrt sind 1,50 beziehungsweise ein Euro zu bezahlen.

Geld sitzt nicht locker

Trotzdem - und das gehörte für Geiger und Heinrich zu den unschönen Seiten ihrer Arbeit - habe es immer wieder Beschwerden gegeben. Man habe doch schon eine Tiergartenkarte gekauft, der Tarif sei zu hoch. Zwar sei es nachvollziehbar, dass bei vielen Besuchern das Geld nicht mehr so locker sitze, meinen beide, aber wer sich über den Preis beschwere, soll sich doch einmal auf dem Volksfest umsehen. Und dass es Willi Geier nicht ums Abzocken geht, zeigt das Verkaufsgespräch, das er im Beisein des Reporters mit einer Kundin führt. «Sie wollen Hin- und Rückfahrt? Nehmen sie doch erstmal den einfachen Fahrschein. Sonst verpassen Sie doch unseren Streichelzoo.«

Was wird aus den beiden Lokführern? Rudi Heinrich wird ab 15. September nur noch Rentner sein. Auch Willi Geier verlegt sich auf die ruhigeren Seiten des Daseins. Hat er Lust auf ein Comeback? Schließlich will der Tiergarten ja versuchen, nach der Einweihung der Lagune in voraussichtlich drei Jahren eine neue Trasse für die kleine Bahn zu finanzieren. Diese soll bis dahin bei der Firma MAN eingelagert werden.

Der Neumarkter will an eine Rückkehr aber gar nicht denken. Denn selbst wenn das Projekt klappen sollte, wäre er ja doch zu alt. Also ist bald «Schluss mit Lustig«.