Tiki Küstenmacher zu Gast in Gunzenhausen

23.1.2016, 08:00 Uhr
Tiki Küstenmacher zu Gast in Gunzenhausen

© Foto: Popp

Jeder kennt das: Ein neues Jahr hat gerade begonnen, und man brennt nur so vor Euphorie, die gefassten Vorsätze in die Tat umzusetzen. Doch schon in den ersten Januarwochen stellt sich die Begeisterung für die neue Diät ein, das Joggen macht doch keinen Spaß und das Rauchen wollte man ja eigentlich eh nie aufhören. Woran aber liegt es denn, das diese ganzen guten Vorhaben schon so früh scheitern?

„Wir alle haben einen kleinen wuscheligen Freund, der stellt uns manchmal ein Bein, aber er kann uns auch das Leben retten“, so begrüßt Thomas Fischer von der Buchhandlung Fischer das Publikum in der gut besuchten Stadthalle. „Alle haben Limbi, aber wenige wissen es, ihn zu benutzen“, und genau das wollen die Besucher an diesem Abend lernen.

Werner Tiki Küstenmacher betritt die Bühne und hat die Zuhörer sofort auf seiner Seite. Er stellt auf charmante Weise die Ergebnisse der letzten zehn Jahre Gehirnforschung vor. Angefangen mit dem Aufbau des menschlichen Gehirns, konzentriert sich Küstenmacher, wie er sich selbst nennt, vor allem auf den sehr komplexen Neocortex und auf das limbische System oder den „Limbi“, so der Spitzname des Autors für diesen Teil des Gehirns.

Im Alltag eine Bremse

Dem Neocortex verdankt der Mensch das differenzierte Denkvermögen sowie die Selbstreflexion. Allerdings arbeitet dieser Teil des Gehirns eher behäbig und kann keine schnellen Entscheidungen treffen. Hier kommt der Limbi ins Spiel, der innerhalb von Millisekunden reagiert, und evolutionstechnisch gesehen der Retter der Menschheit ist. Wenn etwa in längst vergangen Tagen plötzlich ein Säbelzahntiger vor einem unserer Vorfahren stand, war der schnelle Impuls von Limbi maßgebend, um lebend aus der Situation heraus zu kommen, während der Neocortex einige Minuten gebraucht hat, um die Situation überhaupt zu verarbeiten.

Aber Limbi kann im Alltag auch oft eine Bremse sein. Denn ihn zu etwas zu zwingen, ist nahezu unmöglich, wie eine neurowissenschaftliche Studie bewiesen hat.

Limbi, erläutert Küstenmacher seinem Publikum, ist nicht nur sehr stark sondern auch sehr assymetrisch aufgebaut. Er kann in sieben Emotionen unterteilt werden: Trauer, Furcht, Ekel, Überraschung, Ärger und Freude, und davon ist nur eine einzige Gefühlsregung positiv. So kann der Mensch schnell eine pessimistische Sicht auf die Welt entwickeln, und nimmt Verbesserungen nicht so schnell wahr.

Dennoch ist keiner seinem wuschligen Freund wehrlos ausgeliefert. Schon Viktor Frankl hat gesagt: „Man muss sich auch von sich selber nicht alles gefallen lassen.“

Damit man das gewünschte Ziel erreichen kann, ist es sehr wichtig, mit Limbi zusammenzuarbeiten. Die wichtigste Motivation dabei sind die drei Arten der Freude: die Vorfreude, die durch den Neuromoderator Dopamin iniziiert wird, die Nachfreude, die durch Endorphine entsteht, und die Bindungsfreude, bei der mithilfe von Oxytocin ein Gefühl der sozialen Verbundenheit entsteht. Wenn diese Stoffe im Gehirn vorliegen, zum Beispiel durch die Vorfreude auf einen Urlaub, kann man sehr gut mit Limbi zusammenarbeiten.

Ein weiterer Weg zum Glück entsteht durch die „Gamifizierung“. „Spielen tut Limbi gut“, sagt Küstenmacher. Deshalb sollte man versuchen, jede Aufgabe und jedes Ziel möglichst spielerisch anzugehen.

Ein großes Problem im Alltag ist nach Küstenmachers Worten allerdings die sogenannte „Zuvielisation“: der Neocortex ist in seiner Komplexität fähig, mehrere Informationen gleichzeitig zu erfassen. Aber der Limbi, der für die emotionale Verarbeitung zuständig ist, kennt Multitasking nicht. Er braucht Pausen, auch wenn er Stress kurzzeitig gut aushält.

Limbi kommuniziert über somatische Marker, das heißt, er benutzt den Körper, um sich bemerkbar zu machen. Geht es ihm nicht gut, hat man oft physische Beschwerden wie Erbrechen oder Schweißausbrüche. In solchen Fällen ist es wichtig, mithilfe des Neocortex das Wohlbefinden des Limbischen Systems wieder herzustellen. Das kann etwa durch das Verlassen der unangenehmen Situation oder durch umlenken auf ein anderes Thema geschehen. Es ist wichtig den Optimismus zu behalten, legt Küstenmacher dem Publikum ans Herz. Auch bei guten Vorsätzen kann man mit dem Großhirn die Aufmerksamkeit von Limbi auf die positiven Aspekte lenken und ihn so überreden, mitzuarbeiten.

Nach dem Prinzip „Suche die Lücke“ wird auch in Fahrsicherheitstrainings gearbeitet. Man lernt mit dem Auto gewissen Hindernissen auszuweichen, indem man sich nicht auf die Hürden fokussiert, sondern auf die Zwischenräume, durch die man problemlos fahren kann.

Und genau so soll man auch lernen mit seinem Limbi, umzugehen, lautet Küstenmachers Ratschlag. Man soll ihn pflegen und dafür sorgen, dass es ihm gut geht, und seine Aufmerksamkeit auf die positiven Aspekte lenken.

Am Ende dieser sehr unterhaltsamen und lehrreichen Veranstaltung geht man mit dem Wissen nach Hause, dass man sich ruhig einmal zurücklegen kann, und sogar sollte. Denn wenn man ein Ziel vor Augen hat, ist es besser, mit dem eigenen Schweinehund befreundet zu sein als sich ständig mit ihm zu streiten. Dann steht auch dem Glück nichts mehr im Weg. Und vielleicht schafft man es mithilfe dieser Tipps, seine Vorsätze fürs neue Jahr doch noch umzusetzen.

 

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