Unsicherheiten auf beiden Seiten beim Thema Asyl

20.1.2015, 20:00 Uhr
Bürgermeister Bernd Bogner (stehend) und Fachleute auf dem Podium beantworteten die Fragen der Zuhörer.

© Münster Bürgermeister Bernd Bogner (stehend) und Fachleute auf dem Podium beantworteten die Fragen der Zuhörer.

Als Vertreter der örtlichen Kirchengemeinden waren Pfarrerin Ursula Butz-Will und Pfarrer Dr. Alexander Reichelt, sowie Diakon Markus Weinländer anwesend. Werner Wolter, ein erfahrener Bürgermeister in Sachen Asylbewerber-Unterbringung aus der Nachbargemeinde Hartenstein, berichtete von seinen Erfahrungen. Die Polizei wurde von Inspektionsleiter Hans Meixner vertreten.

Bürgermeister Bogner sprach in seiner Anfangsrede von der dringenden Notwendigkeit humanitärer Hilfe, aber auch von der großen Herausforderung für jede Gemeinde. Er appellierte, die Aufgabe gemeinsam zu bewältigen, in Happurg hat sich bereits ein Helferkreis formiert. Er sprach von Unsicherheit auf beiden Seiten und bat um ein vorurteilsfreies Handeln. Melanie Zuric vom Landratsamt Nürnberger Land erläuterte die Wichtigkeit der dezentralen Unterbringung. Die Asylbewerber, die in Happurg im ehemaligen Gasthof Roth am Marktplatz einziehen werden (es gibt Platz für 40 Menschen), kommen wahrscheinlich aus der zentralen Einrichtung in Zirndorf.

Täglich kommen dort bis zu 100 neue Asylbewerber an, vor Weihnachten waren es sogar bis zu 200 Personen täglich. Aktuell sind es Asylbewerber aus dem Kosovo und Albanien. Menschen aus diesen beiden Ländern werden wohl auch in Happurg Einzug halten. Ob es Familien, oder einzelne Personen sein werden, darüber konnte an diesem Abend noch keine Aussage gemacht werden. Die Unterbringung in den dezentralen Einrichtungen ist für die Dauer bis zum Abschluss des Aufnahmeverfahrens vorgesehen. Aktuell kann das noch eine längere Zeit in Anspruch nehmen. Den Asylbewerbern würde Essensgeld, ein Taschengeld sowie die Unterkunft vom Landratsamt zur Verfügung gestellt werden.

Happurg lernt von Hartenstein

Bürgermeister Wolter aus Hartenstein berichtet von seinen Erfahrungen. Die Gemeinde zählt 220 Einwohner und hat bereits seit 1 ½ Jahren 70 Asylbewerber im Ort untergebracht. Er erläutert, welche Eckpunkte gleich zu Anfang für ein unproblematisches Zusammenleben wichtig sind. Oberste Priorität hat für ihn die Selbstversorgung der Asylbewerber. Diese Erfahrung musste die Gemeinde Hartenstein erst machen. Zu Anfang gab es Essenspakete für die neuen Bewohner, da landeten Unmengen von Lebensmitteln im Müll.

Darüber ärgerte sich natürlich die einheimische Bevölkerung. Nachdem auf die Selbstversorgung, sprich die Auszahlung von Essensgeld umgestellt worden ist, können die Menschen nun einkaufen, was sie auch essen und verarbeiten möchten. Mülltrennung sei für die meisten Asylbewerber auch ein Fremdwort. Grüne Tonnen und gelbe Säcke blieben unbeachtet und wurden daher für die Einrichtung abgeschafft.

"Vernünftiges Maß"

Wolter rief den Landkreis noch mal dazu auf, die Asylbewerber in vernünftigem Maß auf die Orte zu verteilen. Denn aktuell könnten in Hartenstein noch weitere 50 Personen untergebracht werden, das erscheine ihm dann doch angesichts der Einwohnerzahl als zu viel. Die fehlende Einkaufsmöglichkeit in Hartenstein ist für die Asylbewerber natürlich auch ein Problem. Aus der Bevölkerung kommen keine Problemmeldungen, so die Aussage des Bürgermeisters. Er findet die Gründung einer Helfergruppe in Ordnung, warnt aber vor Überaktivität. Er meint damit zum Beispiel die Sammlung von Kleidung etc. Da gelte es erst abzuwarten, was dann wirklich gebraucht werde. Und das entscheidet sich erst, wenn man genau weiß, ob Familien mit Kindern, oder einzelne Personen in die Unterkunft einziehen werden. In der ersten Phase ist nach seiner Aussage ganz wichtig, dass sich fremdsprachenbegabte Bürger bereit erklären, den Asylbewerbern in ersten Schritten zu zeigen, wo sie einkaufen können, oder wo sie welche Einrichtungen im Ort finden.

Straftaten stiegen nicht

Hans Meixner von der Polizei erzählt, dass in den 90iger Jahren wesentlich mehr Asylbewerber gekommen seien und auch dieser Ansturm damals bewältigt werden konnte. Insgesamt betreut die Hersbrucker Polizei 230 Bewohner in neun Unterkünften, das sind 0,5 % der Gesamtbevölkerung. Acht Einrichtungen werden vom Landratsamt betrieben, eine Unterkunft in Neuhaus von der Regierung Mittelfrankens. Die Straftaten in der Umgebung seien durch die Einrichtungen nicht angestiegen. Er sieht es als unverzichtbar an, dass feste Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung stehen. Er bittet die Nachbarn und Anwohner der Unterkünfte, Augen und Ohren offen zu halten.

Pfarrerin Butz-Will sieht es als eine kirchliche Aufgabe, Fremde zu beherbergen. Sie bittet die Bevölkerung offen auf die Asylbewerber zuzugehen. Sie signalisiert, dass sich die Kirchengemeinde gerne in die Arbeit des Helferkreises mit einbringt.

Bei der Fragerunde im Publikum betraf die erste Wortmeldung die Finanzen der Gemeinde. Der Bürger möchte wissen, welche Kosten auf die Kommune zukommen. Bürgermeister Bogner konnte ihm sagen, dass keine wesentlichen Kosten auf die Gemeinde zukommen werden. Die Verwaltung wird mehr gefordert, aber dafür wird kein weiteres Personal eingestellt. Bürgermeister Wolter bestätigt die Aussage und ergänzt, dass auch Kosten für Kindergärten und Schulen vom Landratsamt übernommen werden. Es kam die Frage auf, welche Räume in der Unterkunft zur Verfügung stehen. Da geht es auch um die Möglichkeit von Sprachschulungen etc. Eine engagierte Bürgerin bot sofort an diesem Abend ihre Hilfe zur Sprachschulung an. Mit jahrzehnterlanger Erfahrung in der Lehrtätigkeit scheint diese Frau, die auch noch mehrere Sprachen spricht, ein Glücksfall für Gemeinde und Asylbewerber zu sein.

In wie weit der Aufenthaltsraum in der Unterkunft genüge, so Bogner, werde sich in der Praxis zeigen. Da der Posten eines Hausmeisters im Vorfeld angesprochen wurde, fragte eine Anwohnerin nach, wie dieser zu erreichen sei und ob er ständig vor Ort sei. Antwort der Landratsamt-Mitarbeiter: Der sei nur stundenweise da, möglicherweise am Anfang mal etwas häufiger. Ansonsten sei diese Leistung vom Vermieter zu regeln. Auf die Frage, ob genügend Sozialpädagogen für Gespräche zur Verfügung stünden, kam die Antwort, dass Fachkräfte in Hersbruck im Selneckerhaus stunden- bzw. tageweise zur Verfügung stehen.

Steffen Krug und Michael Korz stellten den Happurger Unterstützerkreis vor und legten Listen aus, wo sich weitere Mitarbeiter direkt eintragen konnten. Es wurde noch einmal deutlich, dass das Thema Sprachförderung hauptsächlich von „Ehrenamtlichen“ zu leisten ist. Schulpflichtige Kinder werden in eigens eingerichteten „WiIlkommensklassen“ Deutsch lernen. Es wurde noch nach Beschäftigungsmöglichkeiten und Praktika für Asylbewerber gefragt. Ab dem ersten Tag könnten diese einen sogenannten 1-Euro-Job annehmen, weitere Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es jedoch nicht. Zuletzt fragte noch ein Bürger, ob noch weitere Asylbewerber für Happurg vorgesehen seien. Die ausweichende Antwort der Mitarbeiter des Landratsamtes: „Das hängt davon ab, welche weiteren Objekte angeboten werden.“

Keine Kommentare