Warum die alten Römer keine Indianer waren

24.7.2015, 13:00 Uhr
Warum die alten Römer keine Indianer waren

© Foto: Sabine Rempe

„Pugnate! Kämpft!“ Schülerarme schießen in die Höhe und schnellen mit Holzschwertern in der Hand durch die Lücken zwischen zwei Schilden. Klingt martialisch. War es einst garantiert auch. Heute ist die Kampftechnik der römischen Legionäre spannender Unterrichtsstoff. Ganz besonders, wenn Josef Geisberger vor der Klasse steht. Der 33-Jährige ist Experimental-Archäologe. Seine Leidenschaft für die Vergangenheit fällt auf. Schließlich trägt der Forscher eine perfekte handgearbeitete Rüstung, inklusive Tunika, Panzer und Helm, überdies ist er mit Wurfspieß und Kurzschwert ausgerüstet.

Die anschauliche Lektion über das römische Militärwesen steht an diesem Vormittag dank des Dies Latinus auf dem Stundenplan. Seit Anfang des Schuljahres haben 14 Schüler der Q11 mit ihrem Lateinlehrer Frank Fürst im P-Seminar das Projekt für die fünften und sechsten Klassen organisiert.

Mark Jarosch (17), Nicolai Schmidt (18) und Sophie Mühlfelder (16) gehören zur Planungsgruppe. Jetzt sind sie froh, dass alles prima läuft: „Ich habe gerade mit Kindern im Workshop ,Römische Kleidung‘ Kordeln für die Toga gemacht, das war gut“, sagt Sophie. „Die Jungen und Mädchen lassen sich begeistern.“

Während in der Mensa ein immerhin dreigängiges römisches Menü zubereitet wird, kümmern sich zum Beispiel Ramona (11), Janina (12) und Chantal (12) um passendes Geschirr. Ton ist hier das richtige Material. Leonie Carl (17) erklärt: „ Daraus wurde unter anderem Ziegel geformt und gebrannt, aber auch Krüge, Spielzeug oder Öllampen.“ Sie ist beim Ton-Workshop-Team aktiv, vorbereitet hat sie sich auch mit Internet-Recherche. Im Web findet sich nämlich längst eine ganze Menge über Sitten und Gepflogenheiten in römischen Zeiten.

Und wie sieht es mit dem Latein lernen aus? „Das ist okay“, meint Leonie. „Es ist ja wirklich die Grundlage für viele moderne Sprachen.“ Besonders interessant findet sie den Unterricht, wenn es darum geht, wie die Menschen früher lebten. „Wir haben gerade etwas über einen Sklaven gehört, der dank einer Erbschaft frei kam – das ist spannend.“

Nils (11) lernt seit dem vergangenen Herbst Latein, übt Konjugationen und Deklinationen. „Das macht manchmal Spaß“, sagt er. Auch im Geschichtsunterricht ist gerade das Römische Reich an der Reihe: „Das war eine Weltmacht“, weiß Nils. Vor allem aber hat er Spaß am Projekttag des P-Seminars: „Das ist so cool, dass wir die Sachen jetzt mal richtig ausprobieren dürfen.“

Dazu gehört zum Beispiel ein Blick darauf, womit kleine Römer gerne spielten. Brett- und Würfelspiele waren beliebt und lassen sich heute gut rekonstruieren, womit sich ein weiterer Workshop beschäftigte. Eine andere Gruppe fertigt gerade Wachstafeln an und nimmt es so mit den römischen Schülern auf, die solche Tafeln bekritzelten. Diese besonderen Notizzettel konnten immer wieder beschrieben werden, wenn man die Oberfläche glättete. Freilich hält das keinem Vergleich mit SMS und WhatsApp stand, erscheint aber immer noch ziemlich praktisch.

In Schildkrötenformation

Bei dem experimentierfreudigen Archäologen Josef Geisberger üben Schüler mittlerweile, was Asterix-und-Obelix-Freunde vielleicht vertraut ist: Die Schildkröten-Formation. Oder, um es wie die Römer zu sagen, Testudo. Dahinter steckt eine geniale Idee: Alle Legionäre in einer Gruppe hoben ihre Schilde, die meist zwischen sechs und acht Kilo wogen, und hielten diesen Schutz entweder über den Kopf oder – falls sie außen standen – vor ihren Körper. So entstand ein stabiler und sicherer Schutz vor feindlichem Beschuss. Entwickelt wurde diese Technik zu Zeiten von Cäsar und noch heute sieht das Ganze ziemlich verwegen aus – auch in einem Oberasbacher Klassenzimmer.

Geisberger führt noch einmal vor, wie geschickt die Legionäre zu Felde zogen, dann berichtet er von eigenen Erlebnissen auf den Pfaden in die Vergangenheit. „Mit Kollegen mache ich ab und zu Gepäckmärsche, wie damals die Römer entlang des Limes“, erzählt er. „So sind wir auch von Wien nach Castra Regina – Regensburg – gegangen, natürlich in vollständiger Legionärs-Ausrüstung, samt Schild und Helm.“ Erstaunte Blicke seien der Truppe sicher gewesen. „Aber das Beste war ein Radfahrer, der rief: Ach, seid ihr Indianer?“, lacht der Historiker.

Verständlich also, wenn sich Josef Geisberger am Ende des Dies Latinus wünscht: „Hoffentlich könnt ihr euch einiges über die Römer merken, vor allem aber denkt dran: Das waren keine Indianer.“

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