Warum ein Reisejournalist nicht dauernd Urlaub hat

18.2.2016, 18:34 Uhr
Warum ein Reisejournalist nicht dauernd Urlaub hat

© F.: Roland Fengler

Neben dem Erlanger Eberhard Fohrer (Rang 6) und Thomas Schröder (Rang 5), der heute in München lebt und arbeitet, aber ursprünglich aus Schwanstetten stammt, findet sich in dem Ranking auch Ralf Nestmeyer. Mit einem Marktanteil von 0,9 Prozent an allen in Deutschland verkauften Reiseführern steht der Nürnberger im Jahr 2015 auf Platz 2 der „marktführenden Reiseautoren“.

„Es ist ein toller Job, aber es ist trotzdem anstrengend“, sagt der Historiker, der nach seinem Studium durch Zufall im Reisejournalismus gelandet ist und heute als freier Autor in Nürnberg lebt und arbeitet, auch als Literaturkritiker für die NZ. Seine Schwerpunkte sind Reiseführer und Reportagen, seine Fachgebiete Süddeutschland, Südfrankreich und Südengland. Zu diesen Themen sammelt der 51-Jährige das ganze Jahr hindurch Daten – und notiert sich alles, was ihm zu seinen Spezialgebieten an interessanten Infos unterkommt.

Wenn er dann loszieht, wird diese lange Liste konsequent abgearbeitet. In der Regel ist Nestmeyer das halbe Jahr unterwegs, wobei das mit Urlaub wenig zu tun hat. „Gerade die Reisezeit ist stressig und anstrengend. Man darf sich das eher so wie bei einem Handlungsreisenden vorstellen, der ein Riesenprogramm zu absolvieren hat . . .“

Das Stichwort heißt Update – Überarbeitung. Neue Hotels und Museen haben aufgemacht, alte Adressen geschlossen. Überhaupt kommt für die Neuauflage eines Buchs vieles auf den Prüfstand: Existieren die genannten Tipps noch? Wie haben sich die Preise verändert? „Vor Ort bin ich die komplette Zeit unterwegs, auch am Wochenende – und hinterher ganz schön ausgepowert. Aber es ist immer wieder überraschend, wie viel sich verändert: Da sind bestimmt zehn bis 15 Prozent Fluktuation. Man muss ja nur mal überlegen, was in den letzten drei Jahren in Nürnberg alles neu aufgemacht hat . . .“

Apropos: Über seine Heimatstadt hat Nestmeyer natürlich auch geschrieben. Sein Nürnberg-Stadtführer wird seit Jahren aufgelegt und ständig aktualisiert. Neben einem launigen Band aus der Reihe „Alles Mythos“, in dem er „16 populäre Irrtümer über Frankreich“ aufklärt, hat Ralf Nestmeyer zuletzt ein Buch über Hotelkultur geschrieben („Hotelwelten: Luxus, Liftboys, Literaten“). Außerdem hat der Nürnberger mit „Roter Lavendel“ vor einem Jahr seinen ersten Krimi vorgelegt, der – wenig überraschend – in der Provence spielt, also dort, wo Nestmeyer sich auskennt.

Schneller Schreiber

Interessant ist auch das Vermarktungssystem des Reisejournalisten, der nicht nur ein schneller und effektiver Schreiber ist, sondern auch ungerne etwas in der Schublade vergammeln lässt. Zum Beispiel seine alten Bücher, bei denen der Verlag die jeweiligen Reihen eingestellt hat und bei dem die Rechte an ihn zurückgefallen sind.

Diesen Backkatalog hat Nestmeyer ins Internet gestellt: Als eBooks, die er auf eigene Faust vertickt und trotz des kleinen Preises von ein paar Euro bei jedem verkauften Exemplar mehr verdient, als er je für die gedruckte Printausgabe bekommen hat. „Wir reden hier jetzt nicht von Bestsellern, aber es verkauft sich durchaus. Und die Arbeit hält sich ja in Grenzen, wenn man den Text als Word-File ohnehin auf der Festplatte hat. . .“

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