WBG-Siedlung: Geheimnisverrat durch Zirndorfs Bürgermeister

25.10.2014, 16:00 Uhr
WBG-Siedlung: Geheimnisverrat durch Zirndorfs Bürgermeister

© Ralf Rödel

Nicht-Öffentlichkeit wird in Zirndorf großgeschrieben, dafür sorgt nicht zuletzt Bürgermeister Zwingel selbst. Erst im Februar diesen Jahres wurde Horst Feist, der damals noch Stadtrat der Freien war, zu einem Ordnungsgeld verdonnert, weil er in einem Wahlkampf-Flyer ein Detail aus nicht-öffentlicher Stadtratssitzung unter die Leute gebracht hatte. Von einem skandalösen Verhalten sprach Zwingel damals, und: Gewisse Spielregeln seien einzuhalten.

Spielregeln, die es einzuhalten auch für einen Bürgermeister gelte, worauf Günther Keller (CSU), Karin Hufschmidt, bis April noch Stadträtin der Grünen, und Marcus Baritsch (FW) pochen. Alle drei sind im WBG-Aufsichtsrat unter Vorsitz Zwingels vertreten. Bereits Ende April wandten sie sich an die Rechtsaufsicht am Landratsamt und forderten eine Bewertung des Verhaltens der SPD im Kontext der Mieterhöhungen in der Nordstadt-Siedlung.

Hintergrund war die Entscheidung der WBG vom Januar, die Mieten in einem Teil der Wohnungen um bis zu 20 Prozent anzuheben. Es war ein einstimmiger Beschluss, sagen die Beschwerdeführer. Als die Mieter davon erfuhren, brach ein Sturm der Entrüstung los.

Was folgte, war ein Antrag der SPD im Stadtrat, die Mieterhöhungen, die zum 1. März greifen sollten, zurückzunehmen, doch das scheiterte an den anderen Fraktionen. Nach einem Krisengespräch mit Mietern beraumte Zwingel für Anfang März, keine zwei Wochen vor der Stadtratswahl, eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung an, um die Mieterhöhung zur Diskussion zu stellen. Ergebnis: Den drei SPD-Vertretern standen vier Aufsichtsräte gegenüber, die an der Anhebung festhielten.

Dass sich das Nein der SPD-Vertreter binnen kürzester Zeit herumsprach, dafür sorgte eine Mail des damaligen Mieter-Sprechers, dem Zwingel und seine Kollegin Sandra Hauber noch am gleichen Tag mitteilten, wie die Abstimmung gelaufen war. Kurz darauf, wenige Tage vor der Kommunalwahl, ließ die SPD per Flugblatt alle WBG-Haushalte wissen, dass ihre Vertreter in der Abstimmung über eine moderatere Anhebung der Mieten „leider unterlegen waren“. Nur: Aufsichtsratssitzungen sind nicht-öffentlich. Das, so Renate Kögel von der Rechtsaufsicht, betrifft auch den Prozess der „internen Willensbildung“, ergo das Abstimmungsverhalten.

"Wahlkampftaktisches Manöver"

Dass die SPD das ihre ausplauderte, wurmt CSU-Fraktionschef Jürgen Grötsch mächtig. Ihm mache „keiner weis, dass dieses rein wahlkampftaktische Manöver das Ergebnis der Stadtratswahl nicht beeinflusst hat“. Eine Anfechtung habe die CSU in Erwägung gezogen, „doch wir konnten mit dem Wahlergebnis leben und eine Nachwahl wäre die Stadt teuer gekommen“.

„Uns geht es darum“, sagt CSU-Mann Keller, „öffentlich zu machen, wie die SPD Wahlkampf betreibt.“ Dass die Kritiker der SPD ihre Vorwürfe erst jetzt, Monate später, zeitlich passend in den Wahlkampf für die Kreistags-Nachwahl, laut werden lassen, sei nicht geplant gewesen. Die Bewertung von der Rechtsaufsicht erreichte die Beschwerdeführer erst Anfang September. „Wir wollten eine Entschuldigung, weil das nicht sauber gelaufen ist“, sagt Keller, „und eine zeitnahe Aussprache.“

Nach der sah es ursprünglich auch aus. Zwingel lud zu einer Sitzung am 9. Oktober, doch sie platzte, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender Adolf Dodenhöft hätte die Sitzung leiten müssen, hatte aber keine Zeit. Zwingels nächster Terminvorschlag war der 27. November, zu dem man sich ohnehin zur regulären Jahresabschluss-Sitzung getroffen hätte.

Keller und Grötsch werten das als Verzögerungstaktik: Die Kreistags- Nachwahl und die Bürgerversammlungen im Stadtgebiet wären dann gelaufen gewesen. Zu fünf weiteren Alternativterminen noch im Oktober fand Zwingel ebenfalls keine Zeit. Jetzt ist die Aussprache zum Geheimnisverrat für 29. Oktober anberaumt. Ohne Zwingel. Keller zeigt null Verständnis: „Dafür sollte er sich schon Zeit nehmen. Was blieb uns denn jetzt anderes, als das Ganze öffentlich zu machen?“.

Zwingel entschuldigt sich

Zum Vorwurf des Geheimnisverrates sagt Zwingel auf FLN-Nachfrage: „Ich war der festen Überzeugung, dass ich mein eigenes Stimm-Verhalten offenlegen kann. Dass das falsch war, nehm’ ich zur Kenntnis und kann mich nur dafür entschuldigen.“ Bedauerlich findet er es, dass er als Aufsichtsratsvorsitzender, als der er auch Mehrheitsbeschlüsse vertreten müsse, die er selbst nicht unterstütze, nicht das Recht habe, sich davon zu distanzieren.

Einen Schlingerkurs zum Stimmenfang mag sich Zwingel nicht vorwerfen lassen. Er sei stets gegen die Mieterhöhungen gewesen. In der Januar-Sitzung, von der es bisher hieß, in ihr habe der Aufsichtsrat die Mieterhöhung abgesegnet, habe es zwar einen einstimmigen Beschluss gegeben. Doch der bezog sich darauf, die Begründung der WBG-Geschäftsführung für die Anhebung an die Mieter weiterzugeben, „mehr nicht“, beruft er sich aufs Protokoll. Womit er „ganz bewusst erneut gegen die Verschwiegenheitspflicht verstößt“, wie Zwingel sagt. Andernfalls seien die Unterstellungen nicht ins rechte Licht zu rücken.

Wesentlich verwerflicher als die Offenlegung seines eigenen Verhaltens ist seiner Einschätzung nach, dass die drei Aufsichtsräte mit der rechtsaufsichtlichen Bewertung Aufsichtsrats-Interna öffentlich machen. Ein Vorgehen, das nun er wiederum „selbstverständlich“ der Rechtsaufsicht zur Prüfung vorlegen werde.

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