„Wir wollen in Tuchenbach konkrete Hilfen anbieten“

10.1.2015, 06:00 Uhr
„Wir wollen in Tuchenbach konkrete Hilfen anbieten“

© Harald Ehm

Das kleine Tuchenbach ist neben Oberasbach die einzige Landkreisgemeinde, die sich an der vom Bezirk geförderten Initiative „Demenzfreundliche Kommune Mittelfranken“ beteiligt. Wie kam es dazu, Herr Oyntzen?

Gerhard Oyntzen: In Tuchenbach wird sehr viel für Familien und auch Jugendliche getan. Als schließlich das Angebot kam, sich an der Initiative zu beteiligen, hat der Bürgermeister gesagt: „Jetzt sind einmal die Senioren dran.“

 

Wurde bisher zu wenig gemacht?

Oyntzen: Bestimmt nicht. Das Seniorenteam ist äußerst aktiv und bietet eine Reihe von Veranstaltungen an, die sehr gut angenommen werden. Das reicht von Sprechstunden, Spielenachmittagen über den Lauftreff bis zum Gedächtnistraining oder Kartelrunden. Jüngst wurde erst die Seniorengymnastik ins Leben gerufen, da sind immer über zehn Teilnehmer dabei. Mit der Demenz-Sprechstunde geht es darum, als Gemeinde Verantwortung zu zeigen und Hilfen zu offerieren.

 

Was meint demenzfreundlich?

Oyntzen: Es geht nicht darum, irgendwelche hehren Ziele zu verwirklichen, sondern vielmehr darum, konkrete Hilfen anzubieten. Menschen mit demenziellen Veränderungen ziehen sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, oft gilt das auch für pflegende Angehörige. Sie schämen sich oder fühlen sich als Außenseiter. Wir wollen sie integrieren, teilhaben lassen, fördern und die Zugehörigkeit zum Wohnort erhalten.

 

Gibt es in Tuchenbach speziellen Bedarf in Sachen Demenz?

Oyntzen: Nein. Wir haben rund 360 Bürger, die über 60 Jahre alt sind, das entspricht etwas über 26 Prozent der Einwohnerschaft. Damit liegen wir im Mittelmaß. Nach Schätzung der Angehörigenberatung Nürnberg, die federführend bei der Initiative dabei ist und ausgehend von Durchschnittswerten, könnten in Tuchenbach etwa 23 Personen vom Thema Demenz betroffen sein.

Welche Art von Hilfe und Unterstützung brauchen diese Menschen?

Oyntzen: Das müssen wir herausfinden. Deshalb wird es in Kürze eine Befragung in Tuchenbach geben. Durchführen werden diese Jugendliche aus unserem Treff im Auftrag der Gemeinde. Damit wollen wir erkunden, welche Angebote erwünscht oder notwendig wären.

Wenn es um persönliche Dinge wie Krankheiten geht, scheuen Menschen sich oft, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Wie schätzen Sie die Situation in Tuchenbach ein?

Oyntzen: Das ist sicher ein Problem, wir müssen an die Leute herankommen. Aber es muss sich niemand ängstigen, ich unterliege bei persönlichen Gesprächen der Verschwiegenheitspflicht. Außerdem würde ich mich auch nicht scheuen, wenn ich bei Veranstaltungen des Seniorenteams Teilnehmer sehe, bei denen Bedarf besteht, diejenigen anzusprechen.

 

Was können Sie in der Demenzsprechstunde leisten?

Oyntzen: Wir wollen die Menschen über das Thema und den Umgang mit den Demenzkranken informieren. Viele ältere Menschen haben Angst, wenn sie etwas vergessen, an Demenz erkrankt zu sein. Dabei ist es durchaus normal, dass man sich bestimmte Dinge nicht mehr so gut merken kann wie früher. Und es gibt einfache Testverfahren, die man kennenlernen kann. Dabei stelle ich natürlich keine Diagnose, aber man kann feststellen, ob sich alles noch im normalen Bereich bewegt.

Und wenn nicht?

Oyntzen: Dann würde ich den Betroffenen mit Telefonnummern auch für medizinische Anlaufstellen in Nürnberg oder Erlangen weiterhelfen. Ich bin aufgrund diverser Aus- und Weiterbildungen, unter anderem als Betreuungs- und Senioren-Assistent sowie Alltagsbegleiter und Mitglied der Alzheimer Gesellschaft Bayern gut vernetzt. Das Schlimmste ist nämlich, wenn Betroffene sich erst auf eine wahre Odyssee begeben müssen vom Hausarzt über den Psychologen zum Neurologen, bis sie Hilfe bekommen.

 

Was würden Sie sich für Betroffene in Tuchenbach wünschen?

Oyntzen: Wir bekommen hier bestimmt keine Tagespflege, aber vielleicht können wir in Tuchenbach eine kleine Gruppe mit Menschen bilden, die die gleichen Probleme haben und ihnen vermitteln, dass sie noch etwas wert sind. Man könnte die Leute geistig und körperlich aktivieren und auch beispielsweise kochen. Das Thema Essen ist ohnehin wichtig, wenn man sich vor Augen hält, dass Demenzerkrankte, aufgrund ihrer Unruhe und des Bewegungsdrangs, im Vergleich zu gesunden Menschen täglich bis zu drei Mal mehr Kalorien verbrauchen. Außerdem wollen wir durch Filme, Vorträge von Experten und Diskussionen in Tuchenbach das Thema in der Öffentlichkeit verankern.

Demenzsprechstunde Tuchenbach, weitere Informationen bei Gerhard Oyntzen, Tel. (09 11) 75 26 15.

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